Zelluläre Ereignisse besser aufzeichnen

Neuartige chemische Markierungsmethode
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Einblicke in das Innere eines Fischgehirns
Einblicke in das Innere eines Fischgehirns: Die neuartige chemische Markierungsmethode nutzt unterscheidbare Fluoreszenzfarbstoffe, hier Magenta und Blau, um zelluläre Aktivitäten für eine spätere Analyse aufzuzeichnen. © MPI for Medical Research
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Wissenschaftler haben eine neuartige Technologie entwickelt, die es ermöglichen soll, zelluläre Ereignisse durch chemische Markierung mit Fluoreszenzfarbstoffen aufzuzeichnen und zu einem späteren Zeitpunkt zu analysieren.

Bisher ist es äußerst schwierig, in lebenden Zellen stattfindende Ereignisse, die oft auch noch gleichzeitig stattfinden, aufzuzeichnen. Die Aufzeichnung dieser transienten zellulären Ereignisse spielt aber eine entscheidende Rolle bei der Untersuchung und dem Verständnis biologischer Prozesse – sie ist jedoch mit erheblichen technischen Herausforderungen verbunden. Im Idealfall erfüllt eine Aufzeichnungsmethode eine Reihe von Anforderungen:

  • Sie hat große Zellpopulationen gleichzeitig im Blick,
  • sie lässt sich im Reagenzglas ebenso wie in lebenden Tieren einsetzen und
  • sie ermöglicht es, die aufgezeichneten Beobachtungen zu einem späteren Zeitpunkt abzurufen und zu analysieren.

Bisher gibt es jedoch keine Methoden, die diese Kriterien erfüllen – eine Lücke, die die neue Technologie nun schließen soll, betonen die Wissenschaftler/-innen des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg und ihre Kooperationspartner.

Große Zellenzahl parallel untersuchen

„Unsere Technologie basiert auf einem sogenannten Rekorder-Protein, das irreversibel mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert wird, wenn in seiner Nähe ein relevantes Ereignis stattfindet“, erklärt Magnus-Carsten Huppertz, Postdoktorand in der Abteilung Chemische Biologie am MPI für medizinische Forschung. „Dies ermöglicht es Wissenschaftlern, eine sehr große Zahl von Zellen parallel zu untersuchen – in vivo oder in vitro.“ Das Team unter der Leitung von Kai Johnsson und Julien Hiblot entwickelte Proteine, die dann markiert werden, wenn eine bestimmte zelluläre Aktivität und ein fluoreszierendes Substrat gleichzeitig vorhanden sind. Das Ein- und Auswaschen des Substrats in die Zellen legt den Aufzeichnungszeitraum fest, während die zelluläre Aktivität den Grad der Markierung bestimmt. Durch den Einsatz unterschiedlich gefärbter Substrate ist auch die Analyse aufeinanderfolgender Aktivitäten möglich.

Rekorder für drei verschiedene Prozesse

In ihren Studien konstruierten die Wissenschaftler/-innen Rekorder für drei verschiedene Prozesse von zentralem Interesse:

  • für die Rezeptoraktivierung,
  • für Protein-Protein-Interaktionen und
  • für Veränderungen der zellulären Kalziumionenkonzentration (Ca2+), einem wichtigen sekundären Botenstoff.

Den Rekorder für Letztere setzten sie ein, um die Heterogenität von Ca2+-Veränderungen in zellulären Netzwerken des Glioblastoms, einem aggressiven Gehirntumor, zu untersuchen. In enger Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz in Martinsried gelang es den Autorinnen und Autoren außerdem, mit dem Ca2+-Rekorder Muster neuronaler Aktivität in Fliegen und Zebrafischen aufzuzeichnen.

Forschung in Neurobiologie und Onkologie beschleunigen?

„Es ist uns letztlich gelungen, eine äußerst vielseitige Rekorder-Plattform zu entwickeln, die zahlreiche, gleichzeitig ablaufende Ereignisse in Zellen parallel analysiert – in vitro und in vivo“, fasst Jonas Wilhelm, Postdoc in der gleichen Abteilung, zusammen. Die größte Herausforderung hierbei sei es gewesen, die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der neu entwickelten Rekorder-Plattform in verschiedenen biologischen Modellsystemen sicherzustellen. „Wir freuen uns, eine molekulare Methode zur Verfügung stellen zu können, die neue Arten von Experimenten ermöglicht und die Forschung in verschiedenen Bereichen wie der Neurobiologie und Onkologie beschleunigt“, sagen Magnus-Carsten Huppertz und Jonas Wilhelm und betonen: „Wir hatten das Glück, mit Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen zusammenzuarbeiten, um diese neue Technologie umzusetzen.“ Neben dem Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz waren Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT), der Universität Heidelberg, des Janelia Research Campus in Virginia, USA, und der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Schweiz, an der Arbeit beteiligt.

Literatur:
Huppertz M-C, Wilhelm J, Grenier V, et al.: Recording physiological history of cells with chemical labeling. Science, DOI: 10.1126/science.adg0812.

Quelle: idw/Max-Planck-Institut für medizinische Forschung

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