Neues aus der Rechtsprechstunde

Grundsätzlich gilt diese Nachweispflicht insbesondere für privat Versicherte, für Personen, die eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten ausüben (§ 8 a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch), und in Fällen der Fest-stellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, weiter.

Diese sind, wie bisher, nach § 5 Abs. 1 Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz [EFZG]) verpflichtet, dem Arbeitgeber bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag (4. Tag der Arbeitsunfähigkeit) vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen, beispielsweise schon am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, sind Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

Bei Beschäftigten, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, muss die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird.

Die Nachweispflicht gilt nicht mehr für gesetzlich versicherte Beschäftigte. Gemäß § 5 Abs. 1 a EFZG gelten die oben aufgezeigten Regelungen von § 5 Abs. 1 Satz 2–5 nicht für Beschäftigte, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Diese sind verpflichtet, zu den in Abs. 1 Satz 2–4 genannten Zeitpunkten das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung nach Abs. 1 Satz 2 oder 4 aushändigen zu lassen.

Was heißt das konkret? Die Anzeigepflicht gilt auch für gesetzlich Versicherte. Da sich § 5 Abs. 1 a nur auf die Sätze 2–5 von § 5 Abs. 1 bezieht, sind gesetzlich Versicherte weiterhin verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Durch den Verweis auf § 5 Abs. 1 Satz 2–5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sind gesetzlich versicherte Beschäftigte aber von der Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nun grundsätzlich befreit, es sei denn, sie üben eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten (§ 8 a SGB IV) aus oder die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) erfolgte durch eine ärztliche Person, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (§ 5 Abs. 1 a Satz 3 EFZG).

Es gibt keine echte Rechtspflicht mehr, sich weiterhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Papier ausstellen zu lassen. Vielmehr handelt es sich nach der Gesetzesbegründung lediglich um eine Obliegenheit, um im Falle einer Übermittlungsstörung gleichwohl den Nachweis über die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit führen zu können (BR-Drs. 454/19, 35). Diese Obliegenheit kann nicht in eine vertragliche Pflicht umgewandelt werden (siehe § 12 EFZG).

Die Krankenkassen sind verpflichtet (§ 109 SGB IV), aus den Daten, die ihnen von ärztlichen Personen nach § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V in Fällen einer Arbeitsunfähigkeit vorliegen, eine Meldung zum Abruf für die Arbeitgeber zu erzeugen, die diese insbesondere über den Beginn und das Ende einer Arbeitsunfähigkeit ihrer Beschäftigten unterrichtet. Der Arbeitgeber kann nicht mehr die Aushändigung einer AU-Bescheinigung verlangen, sondern muss diese nun selbst bei der Krankenkasse abrufen.

Voraussetzung für den Abruf der Informationen ist, dass die Beschäftigten dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG mitgeteilt haben. Erfolgt diese Information nicht, kann der Arbeitgeber wegen Verletzung der Anzeigepflicht und unentschuldigten Fehlens gegebenenfalls eine Abmahnung und im Wiederholungsfall auch eine Kündigung aussprechen, sofern die Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen.

Beschäftigte müssen gemäß § 5 Abs. 1 a EFZG zu den Zeitpunkten, zu denen Beschäftigte gemäß § 5 Abs. 1 EFZG eine AU-Bescheinigung vorzulegen hatten, in der Regel am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit, das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer ärztlicherseits feststellen lassen (§ 5 Abs. 1 Satz 2–4 EFZG). Der Arbeitgeber kann weiterhin die vorzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verlangen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG), zum Beispiel am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit.

Das bisherige Leistungsverweigerungsrecht (§ 7 EFZG) des Arbeitgebers knüpfte an die Nichtvorlage einer AU-Bescheinigung an. Nach der Neuregelung in § 5 Abs. 1 a EFZG besteht für gesetzlich Versicherte, wie aufgezeigt, grundsätzlich keine Verpflichtung zur Vorlage einer AU-Bescheinigung, sodass der Arbeitgeber nicht auf der Basis von § 7 EFZG die Entgeltfortzahlung verweigern kann.

Er kann aber bestreiten, dass eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt und unentschuldigtes Fehlen einwenden. Dies könnte nach dem Grundsatz ohne Arbeit kein Lohn, auch zu einem Einbehalt von Lohn führen. Die Beschäftigten können sich in diesem Fall nicht allein auf die zum Abruf bereitstehenden Daten berufen, um eine ärztliche Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Die Daten belegen aber, dass eine ärztliche Feststellung erfolgt ist, die über die Daten gemäß § 295 SGB V durch den Arzt dokumentiert wurde. Eine nachträgliche Ausstellung einer AU-Bescheinigung wäre daher gegebenenfalls sinnvoll, sofern dies nach der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie zulässig ist.

Fazit Die elektronische AU dient, wie die AU in Papierform, grundsätzlich als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit. Wenn Zweifel an der Richtigkeit der AU-Feststellung bestehen, bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Beschäftigten, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall begehren, insbesondere darzulegen und zu beweisen haben, dass sie arbeitsunfähig krank waren. Bei Fragen zur elektronischen AU wenden Sie sich daher gerne an die Rechtsprechstunde des DVTA.