Breiterer Einsatz des kathetergestützten Aortenklappenersatzes?

Auch für Jüngere geeignet
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Herzersatzklappe
Herzersatzklappe (TAVI) © Axel Kirchhof, UKE
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Die deutschlandweite DEDICATE-DZHK6-Studie hat gezeigt, dass die schonendere kathetergestützte Therapie der Aortenklappenstenose (TAVI) auch für Patienten mit niedrigem und mittlerem Operationsrisiko eine zusätzliche Behandlungsoption darstellt.

An der DEDICATE-DZHK6-Studie sind insgesamt 38 deutsche Herzzentren unter Federführung des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) beteiligt. Die statistische Studienmethode wurde federführend von Prof. Dr. Andreas Ziegler, wissenschaftlicher Direktor des Davoser Forschungszentrums für Kardiologie der Kühne-Stiftung (Cardio-Care), entwickelt. „Nach der Auswertung der Einjahresdaten konnten wir zeigen, dass die kathetergestützte Intervention dem operativen Klappenersatz gleichwertig ist. Dafür haben wir uns die Gesamtsterblichkeit und Schlaganfälle nach dem Eingriff als zentrale Kriterien in den beiden Patienten-/Patientinnengruppen angeschaut. Die Ergebnisse waren so überraschend eindeutig, dass sie die Therapie der Aortenklappenstenose auch bei jüngeren Patientinnen/Patienten und solchen mit einem niedrigen Operationsrisiko künftig stark beeinflussen werden“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums und wissenschaftlicher Berater des Davoser Forschungszentrums für Kardiologie der Kühne-Stiftung (Cardio-Care).

Vergleich mit chirurgischem Aortenklappenersatz

Eine Aortenklappenstenose ist einer der häufigsten Herzklappenfehler, bei der die Aortenklappe der linken Herzkammer den Blutfluss in die Aorta durch Verengungen oder Entzündungen behindert. In der DEDICATE-DZHK6-Studie wurden die Sicherheit und Wirksamkeit des kathetergestützten sowie des chirurgischen Aortenklappenersatzes zur Behandlung einer Aortenklappenstenose bei Patientinnen und Patienten mit mittlerem bis niedrigem operativen Risiko verglichen. Ziel der Studie war die Beantwortung der Frage, welches der beiden Verfahren die bessere Versorgungsform für diese Patientengruppe darstellt.

1.414 Patientinnen und Patienten haben teilgenommen

Im Zeitraum von Mai 2017 bis September 2022 wurden an 38 deutschen Herzzentren insgesamt 1.414 Patientinnen und Patienten in die industrieunabhängige Studie eingeschlossen, deren Nachbeobachtungszeitraum auf fünf Jahre ausgelegt ist. Die für die Studie ausgewählten Patientinnen und Patienten wurden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt und erhielten entweder einen kathetergestützten Aortenklappenersatz oder einen chirurgischen Klappenersatz. Das Durchschnittsalter betrug 74 Jahre, 57 Prozent der Teilnehmenden waren Männer. Um in der DEDICATE-Studie die klinische Versorgungsrealität in Deutschland abzubilden, konnten die Heart Teams der jeweiligen Klinik innerhalb der beiden Studiengruppen über die Behandlungsdetails wie Klappenauswahl selbst entscheiden.

Risiken waren deutlich geringer

Die Forschenden stellten im Rahmen der Studie fest, dass bei Patienten mit kathetergestützter Therapie die Gesamtsterblichkeit und das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, ein Jahr nach dem Eingriff um 47 Prozent geringer lag als bei Patienten mit chirurgischem Aortenklappenersatz. Daher stellt die kathetergestützte Therapie der Aortenklappenstenose auch bei Patientinnen und Patienten mit mittlerem bis niedrigem operativen Risiko eine gute Behandlungsoption dar. Ebenso konnten Operierten nach der kathetergestützten Therapie das Krankenhaus schneller verlassen und wiesen insgesamt eine bessere Lebensqualität auf. „Wir werden künftig noch analysieren, ob bestimmte Untergruppen besondere Risiken oder Vorteile aus dem einen oder anderen Ansatz ziehen konnten“, sagt Studienkoordinator Prof. Dr. Moritz Seiffert, Leiter der Medizinischen Universitätsklinik II des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil.

Fünfjahresdaten mit Spannung erwartet

„Der chirurgische Herzklappenersatz wird auch weiterhin für viele Patientinnen/Patienten eine gute Behandlungsmöglichkeit sein. Doch jetzt stehen unseren interdisziplinären Heart Teams in der Kardiologie und Herzchirurgie für jüngere Patientinnen/Patienten mit geringem Risiko mehr Auswahlmöglichkeiten in der Behandlung zur Verfügung. Wir können gemeinsam entscheiden, welcher Eingriff für die Patientinnen/Patienten individuell die beste Behandlungsoption ist. Natürlich sind wir auch auf die Fünfjahresdaten unserer Studie gespannt“, sagt Prof. Dr. Dr. Hermann Reichenspurner, stellvertretender Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums und Direktor der Klinik und Poliklinik für Herz- und Gefäßchirurgie des UKE.

Hintergrund zur Behandlung der Aortenklappenstenose:
Mit fortschreitendem Alter kann es durch degenerative Veränderungen an den Taschen der Aortenklappe zu Verengungen kommen. Können sich die Klappen nicht mehr richtig öffnen und schließen, muss der Herzmuskel mehr Kraft aufwenden, um Blut in den Körperkreislauf zu pumpen. Mögliche Folgen sind Veränderungen der Muskulatur der linken Herzkammer und eine Abnahme der Herzleistung. Mit einer steigenden Lebenserwartung nimmt auch die Anzahl der Patienten mit Aortenklappenstenose zu. Der chirurgische Aortenklappenersatz galt lange Zeit als geplanter Eingriff als Standardbehandlung mit niedriger Morbidität und Mortalität. Doch bei Patienten im höheren Alter mit vielen Begleiterkrankungen und einem hohen Operationsrisiko empfahlen die Leitlinien verschiedener Länder das kathetergestützte Verfahren, bei dem die neue Klappe durch die Leistenarterie oder einen kleinen Schnitt im Bereich der Brustwand in das Herz eingeführt wird.

Zusammenfassung:
Die DEDICATE-Studie zeigt, dass der minimalinvasive Aortenklappenersatz mit dem kathetergestützten Verfahren auch für jüngere Patienten eine gleichwertige Alternative zum chirurgischen Eingriff bedeutet und dass sich diese Ergebnisse auf die Patientenpopulationen und das Gesundheitsumfeld in vielen Industrieländern übertragen lassen. „Um unter Einbeziehung der Studienergebnisse eine auf die Patientinnen/Patienten optimal ausgerichtete Therapieform zu ermöglichen, ist gleichwohl eine gemeinschaftliche Entscheidungsfindung zwischen Kardiologie, Herzchirurgie und den jeweiligen Patientinnen/Patienten grundlegend“, sagt Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums und wissenschaftlicher Berater des Davoser Forschungszentrums für Kardiologie der Kühne-Stiftung (Cardio-Care).

 

Literatur:
Blankenberg, Seiffert M, Vonthein R, et al.: Transcatheter or Surgical Treatment of Aortic-Valve Stenosis. New England Journal of Medicine, 2024. DOI: www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2400685.

Quelle: idw/UKE

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