Wie reagieren bei Aneurysmen von Tumorerkrankten?

Wenn die OP-Risiken zu groß werden
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Aneurysma
© Henrie/stock.adobe.com
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Ein Bauchaorten-Aneurysma ab einem bestimmten Durchmesser sollte operiert werden. Doch gilt dies auch für Tumorerkrankte, deren Lebenserwartung begrenzt ist? Dazu gibt es nun neue Daten.

Die Prognose bei einem geplatzten Aneurysma ist ungünstig und laut USZ versterben zwischen 30 bis 80% (abhängig von der Lokalisation) der betroffenen Personen. Allgemein sind die Überlebenschancen umso höher, je schneller die Behandlung einsetzt. Um das Reißen zu verhindern, sollte ein Bauchaorten-Aneurysma (BAA) ab einem bestimmten Durchmesser operiert werden. Doch gilt dies auch für Tumorerkrankte, deren Lebenserwartung begrenzt ist? Dazu lagen bislang keine aussagekräftigen Daten vor. Eine neue Studie zeigt nun, dass die Sterblichkeit von Krebskranken bei einer offenen BAA-Operation bei 8,2 % liegt und damit das Risiko eines Risses im ersten Jahr deutlich übersteigt. Tumorerkrankte sollten deshalb, wann immer möglich, minimalinvasiv behandelt werden. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e. V. (DGCH) hin.

Ruptur-Risiko liege bei 5,3 Prozent pro Jahr

Die Elastizität der Blutgefäße kann mit der Zeit abnehmen, sodass sie immer weniger zu ihrer alten Form zurückkehren – es bildet sich dann häufig an den Gefäßwänden eine Aussackung (Aneurysma). „An der Bauchschlagader sollte ein Aneurysma ab einer Größe von 5 bis 5,5 Zentimetern bei Frauen und ab 5,5 Zentimetern bei Männern operiert werden“, sagt Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen, Generalsekretär der DGCH. So sehen es die nationalen und internationalen Leitlinien vor. Diese Empfehlung gilt jedoch so nicht ohne weiteres für Patientinnen und Patienten, deren Lebenserwartung aufgrund einer anderen Erkrankung deutlich eingeschränkt ist und bei weniger als zwei bis drei Jahren liegt. „Bei ihnen könnte das Operationsrisiko die Gefahr übersteigen, dass es in der verbleibenden Lebenszeit noch zum Aufreißen des Aneurysmas kommt“, erläutert Schmitz-Rixen. Das Risiko einer solchen Ruptur liege bei 5,3 Prozent pro Jahr.

Routine-Daten der AOK retrospektiv ausgewertet

Wie hoch das Operationsrisiko für Krebspatientinnen und -patienten tatsächlich ist, war allerdings unklar. Neue Daten zeigen jetzt erstmals, wie sich eine Tumorerkrankung auf das kurz- und langfristige Operationsergebnis eines Bauchaorten-Aneurysmas (BAA) auswirkt. Die Studie wertete Routine-Daten der AOK retrospektiv aus, insgesamt wurden knapp 20.000 Patientinnen und Patienten einbezogen, die sich im Untersuchungszeitraum 2010 bis 2016 der Operation eines BAA unterzogen hatten. „Knapp 1.400 dieser Patienten wiesen zum Zeitpunkt des Eingriffs eine Tumorerkrankung des Darms, der Prostata, der Harnblase oder des Harnleiters, oder der Bronchien auf“, erläutert Schmitz-Rixen, der an der Studie beteiligt war.

Überleben hängt von OP-Technik ab

Wie die Studie zeigt, hing das Überleben der Tumorpatientinnen und -patienten besonders deutlich von der Operationstechnik ab. Ein Aneurysma kann entweder im Rahmen einer klassischen offenen Operation behandelt werden oder in einem endovaskulären Eingriff mithilfe eines Katheters. „Von den Patientinnen und Patienten, die einen begleitenden Tumor aufwiesen und offen operiert wurden, überlebten 8,2 Prozent den Eingriff nicht“, berichtet Professor Dr. med. Dittmar Böckler, Ärztlicher Direktor der Klinik für Gefäßchirurgie und Endovaskuläre Chirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg und ebenfalls einer der Autoren der aktuellen Studie. „Das sind deutlich mehr als laut Statistik im ersten Jahr an einer Ruptur verstorben wären“, so Böckler. Die Kliniksterblichkeitsrate übersteige auch erheblich den Qualitätsparameter einer Klinikletalität von maximal fünf Prozent, den die Society for Vascular Surgery fordert.

Minimalinvasive OP empfohlen

„Eine offene Operation lässt sich damit bei Tumorpatientinnen und Tumorpatienten nur schwer rechtfertigen“, betonen die Autoren. Auch die geringe verbleibende Lebenszeit – nach neun Jahren Nachbeobachtung lebte nur noch rund ein Drittel der Tumorerkrankten – lasse es zumindest fraglich erscheinen, ob Patientinnen und Patienten mit den in der Studie betrachteten Begleittumoren überhaupt an einem Bauchaortenaneurysma operiert werden sollten. „Solange man auf Basis des Tumorstadiums von einer längeren Lebenserwartung ausgehen kann, sollten die Betroffenen, wann immer möglich, minimalinvasiv operiert werden“, resümieren Schmitz-Rixen und Böckler. Mit dieser Methode liege die Operationssterblichkeit bei 3,9 Prozent und damit wesentlich niedriger als bei einem offenen Eingriff.

Eingriff auch bei einem Bronchialkarzinom?

Hinsichtlich des Langzeitüberlebens zeigten sich zwischen den verschiedenen Krebserkrankungen große Unterschiede. Patientinnen und Patienten mit Darmkarzinom überleben durchschnittlich am längsten, neun Jahre nach der BAA-Operation sind es noch 45,3 Prozent. Am niedrigsten liegt die Überlebensrate dagegen bei Patientinnen und Patienten mit Lungenkrebs, hier lebten neun Jahre nach der Operation nur noch 24,1 Prozent. „Im Vergleich mit der jährlichen Rupturrate von etwas mehr als 5 Prozent ist der riskante Eingriff bei einem Bronchialkarzinom eher nicht zu empfehlen“, so Schmitz-Rixen. „Hier ist das konservativ abwartende Vorgehen eine bedenkenswerte Alternative.“

Literatur:
Epple J, Lingwal N, Schmitz-Rixen T, Böckler D, Grundmann RT, on behalf of DIGG gGmbH: The treatment of patients with an unruptured abdominal aortic aneurysm and a concomi-tant malignancy—short- and long-term results. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 589–94. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0157.

Quelle: idw/DGCH

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