Therapeutika gegen Multiple Sklerose: Enorme Forschungslücken

Vorteile nur bei drei von zehn untersuchten Therapeutika
ab
Fehlende Evidenz für gute Therapie
© MQ-Illustrations/stock.adobe.com
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Der Verlauf von Multipler Sklerose (MS) kann stark variieren, sodass in unterschiedlichen Phasen jeweils andere Therapiestrategien notwendig sind. Doch für eine gute Patientenversorgung gibt es laut IQWiG kaum Evidenz. Vorteile seien daher nur bei drei von zehn untersuchten Wirkstoffen zu sehen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Bewertung der Immunmodulatoren Cladribin, Dimethylfumarat, Ozanimod, Ponesimod, Teriflunomid, Fingolimod sowie die monoklonalen Antikörper Alemtuzumab, Natalizumab, Ocrelizumab, Ofatumumab beauftragt. Die zehn Wirkstoffe sollen günstig auf das Immunsystem von Betroffenen mit schubförmig wiederkehrender MS (Relapsing-Remitting Multiple Sclerosis, RRMS), der häufigsten Form von Multipler Sklerose, wirken.

Ergebnisse lückenhaft

Doch die abschließenden Ergebnisse der Nutzenbewertung sind laut IQWiG lückenhaft. Auch nach dem Stellungnahmeverfahren und der Erörterung lägen zum Vergleich der Wirkstoffe untereinander als Eskalationstherapie zwar für sieben der zehn Wirkstoffe Studiendaten vor, allerdings kaum direkt vergleichende Daten. Ergebnisse zu solchen direkten Vergleichen gebe es nur für drei Wirkstoffe: 

Ofatumumab und Ponesimod besser als Teriflunomid

Demnach bieten Ofatumumab und Ponesimod einen höheren  Nutzen für Betroffene (jeweils im Vergleich mit Teriflunomid). Zu zwei Wirkstoffen haben Hersteller keine Daten für die Nutzenbewertung übermittelt. In der einzigen Studie, die Daten zum Vergleich einer Eskalation gegenüber der Fortführung einer bestehenden Therapie liefert, ist Alemtuzumab als Eskalationstherapie einer Basistherapie mit Interferon-beta 1a überlegen. Aussagen zum Nutzen der 10 Wirkstoffe im Vergleich zueinander sind damit hier nicht möglich.

Wirkstoffreduzierung und Co. unberücksichtigt

Ist die Krankheit inaktiv oder geht ein Wirkstoff mit intolerablen Nebenwirkungen einher, könnte auch eine Deeskalation, also eine Reduzierung der Dosis oder der Wirkstoffe, sinnvoll sein. Für solche Behandlungsstrategien fehlen allerdings relevante Studien, obwohl sie für viele Betroffene wichtige Behandlungsansätze darstellen.

Enorme Forschungslücken

Die IQWiG-Bewertung ist die erste Untersuchung zum Vergleich der bis 2021 zugelassenen Wirkstoffe innerhalb der Eskalationstherapie bei Patientinnen und Patienten mit hochaktiver RRMS und einer Vorbehandlung. Neben den Vorteilen, die drei von zehn Wirkstoffen zeigen, ist der enorme Umfang der Forschungslücken ein weiteres zentrales Ergebnis.
„Unsere Nutzenabwägung basiert nur auf Vergleichen der Eskalationstherapie. Für den überwiegenden Teil der weiteren Vergleiche und Therapiestrategien fehlen Daten. Zu zwei Wirkstoffen haben uns Hersteller die notwendigen Unterlagen auch nach Stellungnahmeverfahren und Erörterung nicht übermittelt – dazu wäre eine gesetzliche Verpflichtung wünschenswert. Teilweise wurden zudem relevante Zielgrößen in einzelnen Studien nicht erhoben“, sagt IQWiG-Leiter Thomas Kaiser, und ergänzt: „Das Problem ist: Es liegen nur wenige direkt vergleichende Studien vor, indirekte Vergleiche lassen sich mit den vorhandenen Studien aber nur begrenzt durchführen. Und zu zwei versorgungsrelevanten Fragestellungen wurden gar keine Studien durchgeführt.“

Kaum versorgungsrelvante Daten

„Der Bericht zeigt, dass versorgungsrelevante Daten in großem Umfang fehlen.“, so das Fazit von Daniela Preukschat, Bereichsleiterin für Chronische Erkrankungen im IQWiG-Ressort Arzneimittel. „Unabdingbar ist, dass patientenrelevante Zielgrößen Teil der Studienplanung werden, beispielsweise Sehstörungen, Fatigue und gesundheitsbezogene Lebensqualität. Wie wichtig diese Endpunkte, aber insbesondere Evidenz zu einer gezielten Deeskalation und Langzeitbeobachtungen für Betroffene sind, zeigte sich auch im Verlauf der mündlichen Erörterung zum Vorbericht.“

Quelle: IQWiG
 

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