Neue Hoffnung: Triple-Therapie bei Mukoviszidose

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Forschung zu Mukoviszidose ausgezeichnet
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Dr. Simon Gräber (Charité) forscht zu den Auswirkungen der Dreifachkombination Kaftrio auf die Funktion des CFTR-Kanals bei Mukoviszidose. Dafür gab es nun den Adolf-Windorfer-Preis.

In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren. Die aktuelle Forschungsarbeit von Dr. Simon Gräber (Charité – Universitätsmedizin Berlin) und der Arbeitsgruppe beantwortet wichtige Fragestellungen zur Wirkung der Triple-Therapie (Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor – ETI, Kaftrio) in der „Real Life“-Situation, d. h. nach Zulassung. Für diese Beobachtungsstudie wurde multizentrisch zusammengearbeitet, sodass insgesamt 107 Studienteilnehmer aus Zentren des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) in Berlin, Hannover, Gießen und Heidelberg gewonnen werden konnten, bei denen vor und acht bis 16 Wochen nach Beginn einer ETI-Therapie verschiedene Untersuchungen durchgeführt wurden. Dabei wurde sowohl auf die klinischen Parameter der Lungenfunktion (FEV1%) und BMI (Body-Mass-Index) geschaut, als auch zusätzliche Methoden zur direkten Messung der CFTR-Kanalaktivität als Biomarker durchgeführt: die nasale Potentialmessung (nPD) an der Nasenschleimhaut und intestinale Kurzstrommessung (intestinal current measurement, ICM) an Darmepithelzellen.

Begrenzte Empfindlichkeit von FEV1 und BMI

Von den 107 Studienteilnehmern waren 52 F508del-homozygot und 55 Betroffene F508del-heterozygot mit einer Minimalfunktionsmutation. Die Verbesserung der klinischen Parameter FEV1 und BMI lagen bei den Gruppen in der Größenordnung wie sie auch zuvor in den klinischen Studien vor der Zulassung gezeigt wurden. Die Messungen der CFTR-Kanalaktivität bei den homozygoten Patienten zeigte, dass die CFTR-Funktion in der nPD bis zu 47,4% und in der ICM bis zu 45,9% an CFTR-Aktivität im Vergleich zu Gesunden erreicht. Bei Heterozygoten sind die Zahlen ähnlich: bis zu 46,5% für die nPD und bis zu 41,8% in der ICM-Messung.

Die Korrelation der klinischen Parameter FEV1 und BMI nach kurzfristiger Therapie mit nPD und ICM war hingegen eher gering, sodass die Autoren von einer begrenzten Empfindlichkeit der klinischen Parameter FEV1 und BMI für die Erkennung des Ansprechens auf CFTR-Modulatoren auf Ebene des zugrundeliegenden Defekts, der fehlerhaften CFTR-Aktivität, sprechen.

Weitere Therapie-Entwicklungen nötig

Diese systematische Studie zeige, dass die Therapie mit Kaftrio die CFTR-Funktion im Nasenepithel und in den Zellen der Darmschleimhaut deutlich erhöht und die verwendeten Methoden zur Untersuchung des Ansprechens auf Modulatoren auf Ebene des CFTR-Kanals sehr gut geeignet seien. Die Daten zeigten aber auch, dass die Modulatoren auf die Verbesserung der CFTR-Funktion einen sehr ähnlichen Effekt haben, egal ob zwei oder nur eine F508del-Mutation vorliegen. Darüber hinaus könne man aus den Daten schließen, dass durch Kaftrio nicht das Level an CFTR-Aktivität von Gesunden erreicht werde. Demnach schöpfe auch Kaftrio möglicherweise noch nicht das ganze therapeutische Potential aus und weitere Therapie-Entwicklungen für Menschen mit Mukoviszidose seien notwendig.

Untersuchung wird fortgeführt

Gräber, der an der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin an der Charité arbeitet und Fellow des BIH Charité Clinician Scientist Programm ist, setzt seine systematische Untersuchung der ETI-Wirkung aktuell in einem vom Mukoviszidose e.V. geförderten Projekt fort: Er beschäftigt sich zusammen mit Dr. Saskia Trump vom Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) mit der Analyse des Einzelzelltranskriptoms von nativen Atemwegsepithel- und Immunzellen bei Patienten mit Mukoviszidose.

Der Adolf-Windorfer-Preis
Der mit 5.000 Euro dotierte Adolf-Windorfer-Preis wird einmal jährlich für eine herausragende Arbeit auf dem Gebiet der Erforschung und der Therapie der Mukoviszidose vergeben. Finanziert wird der Preis im jährlichen Wechsel von den regionalen Selbsthilfegruppen und Landesverbänden des Bundesverbands, im Jahr 2023 von der Regionalgruppe Unterfranken im Mukoviszidose e.V. Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der Jahrestagung des Mukoviszidose e.V. am 13. Mai 2023.

In eigener Sache: Schwerpunktheft
Über Mukoviszidose berichten wir auch im kommenden Schwerpunktheft der MT im Dialog zu Lungenerkrankungen, das am 5. Mai erscheinen wird. Es wird neben einem Überblicksbeitrag auch um den Einsatz der MRT bei Mukoviszidose gehen.

Literatur:
Graeber SY, Vitzthum C, Pallenberg ST, et al.: Effects of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor Therapy on CFTR Function in Patients with Cystic Fibrosis and One or Two F508del Alleles. Am J Respir Crit Care Med, 2022, Mar 1; 205 (5): 540-49, DOI: doi.org/10.1164/rccm.202110-2249OC.

Quelle: idw/Mukoviszidose e.V.

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