Neue Demenzleitlinie: Frühe Behandlung dank früher Diagnose 

Wissenschaftlich basierte Therapieempfehlungen
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Frühe Demenzbehandlung dank früher Diagnostik
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Die neue S3-Leitlinie Demenzen umfasst insgesamt 109 Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung von Demenzen. Die wichtigste Neuerung ist die Möglichkeit, die Diagnose bereits in einem früheren Stadium der Erkrankung zu vergeben.

Oft betrifft eine Demenz zunächst das Gedächtnis – erst das Kurz- und dann das Langzeitgedächtnis. Betroffene haben aber auch Probleme mit Aufmerksamkeit, Sprache, Denkvermögen und Orientierungssinn. Aktuell sind 1,6 Millionen Menschen in Deutschland an einer Demenz erkrankt, bis zum Jahr 2050 könnten es 2,8 Millionen sein. Mit einem Anteil von etwa 65 % ist die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form der Demenz. Etwa 15 % sind vaskulär, d. h. gefäßbedingt. Bei einem Teil der Betroffenen liegt eine Kombination dieser Erkrankungen vor. Seltener sind frontotemporale Demenzen, sie betreffen meist Personen, die jünger sind als 65 Jahre. Eine Demenz ist nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen eine große Belastung. Sie ist nicht heilbar. Mit der optimalen medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung kann ihr Fortschreiten aber verlangsamt und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen verbessert werden.

Wissenschaftlich basierte Therapieempfehlungen 

Die jetzt neu erschienene S3-Leitlinie Demenzen fasst die Empfehlungen für eine optimale Versorgung zusammen. Sie wurde unter gemeinsamer Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Dafür wurden alle relevanten Untersuchungen und Studien zum Thema zusammengetragen und gesichtet. Mehr als 30 Delegierte aller Fachrichtungen sowie Angehörige und Betroffene haben die Ergebnisse anschließend diskutiert und gemeinsame Empfehlungen formuliert.

Ganzheitliche Behandlung

„Die neue Leitlinie macht umfassende Empfehlungen für die ganzheitliche Behandlung der erkrankten Menschen“, erläutert der Psychiater Prof. Dr. Frank Jessen, der für die DGPPN als Koordinator an den Leitlinien gearbeitet hat. „Die Empfehlungen berücksichtigen biologische, psychologische und soziale Aspekte und richten sich mit Hinweisen zu Diagnostik, Therapie, Betreuung und Beratung an alle Fachleute, die mit Menschen mit Demenzen zu tun haben, sowie an Betroffene und Angehörige.“

Echte Frühdiagnostik möglich

Die wichtigste Neuerung der Leitlinie ist Frank Jessen zufolge die Möglichkeit, die Diagnose bereits in einem früheren Stadium der Erkrankung zu vergeben. „Bislang musste für die Diagnose Demenz die Selbstständigkeit der Menschen deutlich beeinträchtigt sein, was eine echte Frühdiagnostik erschwert. Mit der Diagnose der leichten kognitiven Beeinträchtigung, des ‚mild cognitive impairment bei einer Alzheimer-Krankheit‘, können wir den Betroffenen künftig deutlich früher Behandlungsangebote machen und so hoffentlich das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.“

Klare Diagnosestellung als Voraussetzung

Um diese Diagnose zu stellen, muss aber gesichert sein, dass die Beeinträchtigung tatsächlich auf die Alzheimer-Krankheit zurückzuführen ist. Die neue Leitlinie empfiehlt, dafür u. a. per Liquordiagnostik Biomarker zu bestimmen. Der Neurologe Prof. Dr. Richard Dodel, für die DGN Koordinator der Leitlinie, erläutert: „Über die Rückenmarksflüssigkeit können Pathologien im Bereich der Amyloide und der Tau-Proteine nachgewiesen werden, die ursächlich für die Alzheimer-Erkrankung sind. So kann Alzheimer diagnostiziert werden, auch wenn die Symptomatik noch nicht voll ausgeprägt ist.“

Erstmals digitale Leitlinie

Die neue Leitlinie wird erstmals nicht nur als Textdokument veröffentlicht, sondern auch in digitaler Form in der nicht kommerziellen Web-Plattform „MAGICapp“. Via „MAGICapp“ werden aktuell schon mehr als 200 internationale Leitlinien präsentiert. Die digitale Darstellung ermöglicht es allen Interessierten, unmittelbar auf die Leitlinie und jede einzelne Empfehlung zuzugreifen. Auch die Studien, die den Empfehlungen zugrunde liegen, können direkt aus der App aufgerufen werden. Ein weiterer Vorteil der digitalen Leitlinie: Neue Erkenntnisse können in die Empfehlungen schnell aufgenommen werden, sobald ihre Wirksamkeit nachgewiesen ist. Betroffene können dann künftig schon früher mit neuartigen Therapien behandelt werden. Die Haupt-Autoren der Leitlinie, Frank Jessen und Richard Dodel, sind zuversichtlich, dass auch die derzeit rasanten Fortschritte in der Diagnostik und Behandlung der Alzheimer-Demenz schon bald in die digitale Leitlinie einfließen werden.

Quelle: Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)

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