Lungenkrebs-Screening: Fachgesellschaften legen Eckpunkte vor

Rechtsverordnung schon zum Jahreswechsel?
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Lungenkrebs-Screening per Low-Dose-CT
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Noch immer sterben rund 45.000 Deutsche jährlich an Lungenkrebs, weil der Tumor zu spät erkannt wird. Das soll sich jetzt ändern. Wissenschaftler haben nun erstmals Eckpunkte eines nationalen Früherkennungsprogramms vorgestellt.

„Wir geben behandelnden Ärztinnen und Ärzten sowie der Gesundheitspolitik klar definierte Empfehlungen an die Hand, die ein einheitliches, strukturiertes, qualitätsgesichertes Früherkennungsprogramm ermöglichen, das effektiv, sicher und zudem kosteneffizient ist“, sagt Prof.  Torsten Blum, einer von drei federführenden Autoren des nun vorgelegten Positionspapiers. Ein Jahr haben Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) gemeinsam daran gearbeitet. 

Low-dose CT-Screening

Das Lungenkrebs-Screening soll mittels niedrigdosierter Computertomografie vorgenommen werden. „Die Lungenkrebsfrüherkennung im Rahmen eines gut strukturierten Screening-Programms ist eine der wichtigsten Empfehlungen der vergangenen zehn Jahre im Bereich Lungenkrebs“, hebt DGP-Präsident Prof. Wolfram Windisch, Chefarzt der Lungenklinik an den Kliniken der Stadt Köln, die Bedeutung des Papiers hervor. „In diese organisierten Vorsorgeuntersuchungen müssen aber auch verpflichtend Programme zur Rauchentwöhnung eingebettet werden, da deren Zusatznutzen wissenschaftlich klar belegt ist.“

Rechtsverordnung schon Anfang 2024?

Die für die Anwendung des Computertomografie-Screenings notwendige Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz könnte schon zum Jahreswechsel in Kraft treten. Anschließend hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der über den Leistungsanspruch gesetzlich krankenversicherter Menschen entscheidet, 18 Monate Zeit für die Erarbeitung einer notwendigen Richtlinie. „Ein unstrukturiertes Lungenkrebs-Screening ohne konkrete Richtlinien-Vorgaben ist somit vielleicht schon zum Jahresbeginn möglich, ein strukturiertes Programm aber erst mit den Beschlüssen des G-BA“, erklärt Prof.  Hans Hoffmann, Thoraxchirurg und der zweite federführende Autor des Positionspapiers.

Nutzen unstrittig, aber Gefahr von Überdiagnosen

Obwohl Nutzen und Sicherheit von Lungenkrebs-Screenings wissenschaftlich unstrittig sind, gelte es aber bis zum Vorliegen der G-BA-Richtlinie, auf die Gefahren hinzuweisen, heißt es in dem Eckpunkte-Papier. Die Botschaft sei klar: Niedrige Teilnahmequoten sowie hohe Raten an Überdiagnosen oder falsch-positiven Befunden gefährdeten die Früherkennungsziele, könnten aber durch klare Strukturvorgaben vermieden werden.

3,3 Millionen Männer sowie 2,2 Millionen Frauen betroffen

Konkret soll sich das Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm an Menschen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren richten, die mindestens 25 Jahre rauchen oder deren Rauchstopp weniger als zehn Jahre zurückliegt. Auch Betroffenen mit mindestens 15 Packungsjahren – sprich: wer beispielsweise eine Packung pro Tag über 15 Jahre hinweg geraucht hat – soll das Screening ermöglicht werden. Dies träfe insgesamt auf rund 3,3 Millionen Männer sowie etwa 2,2 Millionen Frauen in Deutschland zu, stellen die Experten dar. Die sich jährlich wiederholende Vorsorgeuntersuchung soll von einer zentralen Stelle koordiniert werden.

Vorschlag für Gemeinsamen Bundesausschuss

Noch gibt es ein Lungenkrebs-Screening als flächendeckend organisierte Vorsorgeuntersuchung für Risikogruppen nicht. Vergleiche mit dem seit Jahren etablierten Mammografie-Screening zur Brustkrebs-Früherkennung bei Frauen weisen laut der Experten aber auf die enormen Erfolgsaussichten hin. Neben den medizinischen und gesundheitlichen Aspekten hat das Positionspapier auch die ökonomischen Punkte im Blick: „Der Lungenkrebs nimmt jeweils den ersten Rang bei den direkten und indirekten krebsbedingten Gesundheitskosten in Europa ein“, sagt Autor Torsten Blum. „Nach unserer Vorstellung sollen die Krankenkassen die Kosten für das Lungenkrebsscreening tragen. Mehrere gesundheitsökonomische Modelle konnten mittlerweile die Kosteneffektivität von jährlichen niedrigdosierten CT-Lungenkrebs-Screening-Programmen nachweisen“, so der Wissenschaftler.

Jährlich 45.000 Todesfälle deutschlandweit

Etwa 57.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Lungenkrebs. Nur rund 21 Prozent der Frauen und etwa 15 Prozent der Männer überleben die darauffolgenden fünf Jahre. Bei Männern ist Lungenkrebs nach Prostatakrebs die zweithäufigste, bei Frauen nach Brustkrebs und Darmkrebs die dritthäufigste Krebsneuerkrankung. Zuletzt wurden in Deutschland fast 45.000 Todesfälle durch Lungenkrebs registriert – pro Jahr. Weltweit sind es jährlich in etwa 1,8 Millionen Todesfälle.

Quelle: Deutsche Röntgengesellschaft e.V.

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