Kann Darmmikrobiom Graft-versus-Host-Reaktion verhindern?

Risikoindex entwickelt
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Darmmikrobiom
© Julien Tromeur/stock.adobe.com
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Wissenschaftler/-innen haben herausgefunden, dass „Graft-versus-Host-Reaktionen“ deutlich seltener auftreten, wenn im Darm bestimmte Mikroben vorhanden sind. Ergibt sich daraus ein präventiver Ansatz?

Bei Krebserkrankungen wie Leukämie können Stammzelltransplantationen Leben retten. Bei ungefähr der Hälfte aller Transplantationen kommt es allerdings zu gefährlichen Graft-versus-Host-Reaktionen. Diese verlaufen gewissermaßen umgekehrt zu Abstoßungsreaktionen nach Organspenden: Die gespendeten Zellen attackieren den Körper der Patientinnen und Patienten, beispielsweise den Verdauungstrakt.

Stuhlproben von 78 Patienten untersucht

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die Mikroben im Darm eine Rolle dafür spielen, ob dies eintritt. Ein Team um Dr. Erik Thiele Orberg, Forschungsgruppenleiter an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM), Ernst Holler, Senior-Professor für allogene Stammzelltransplantation am Universitätsklinikum Regensburg (UKR), und Prof. Hendrik Poeck, Geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR, schildern, wie das Darmmikrobiom zusammengesetzt sein muss, um Schutz zu bieten.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten dafür Stuhlproben von 78 Patientinnen und Patienten an den beiden Universitätsklinika und begleiteten diese in den zwei Jahren nach der Stammzelltransplantation. Daraus entwickelten sie einen Risikoindex, mit dem sich die Gefahr einer Abstoßungsreaktion angeben lässt. „Wir haben dabei nicht Bakterien gezählt, sondern gemessen, in welcher Menge bestimmte Metabolite vorhanden sind, Stoffwechselprodukte, die von den Mikroben gebildet werden“, sagt Erik Thiele Orberg.

Bakteriophagen spielen auch eine Rolle

Diese sogenannten IMMs, kurz für Immuno-modulatory Microbial Metabolites, beeinflussen das Immunsystem und die Regenerationsfähigkeit des Körpers. „Bemerkenswert ist, dass nicht nur Stoffwechselprodukte von Bakterien für eine positive Prognose wichtig sind“, sagt Dr. Elisabeth Meedt, Ärztin am UKR und Co-Erstautorin. „Wir konnten zeigen, dass auch bestimmte Viren im Darm, die Bakteriophagen, hier eine Rolle spielen – allein das ist ein beeindruckender Einblick in die komplexe Welt unseres Darms.“

„Patientinnen/Patienten mit einem niedrigen IMM-Risikoindex hatten eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit, zeigten seltener Graft-versus-Host-Reaktionen und erlebten weniger Rückfälle“, erläutert Poeck. Die Metabolite werden vor allem von Bakterien der Familien Lachnospiraceae und Oscillospiraceae unter Mitwirkung der Bakteriophagen gebildet.

Heilungschancen aktiv verbessern?

Im nächsten Schritt wollen die Forscherinnen und Forscher an der TUM und am UKR die Heilungschancen von Patientinnen und Patienten nicht nur prognostizieren, sondern aktiv verbessern. „Mit Stuhltransplantaten, deren Zusammensetzung präzise kontrolliert wird, könnten spezifische Konsortien aus Bakterien und Bakteriophagen im Darm angesiedelt werden“, betont Hendrik Poeck. „In den kommenden Jahren wollen wir herausfinden, ob wir Graft-versus-Host-Reaktionen und Rückfälle auf diese Weise verhindern können.“ Erste Versuche an Mäusen seien bereits erfolgreich verlaufen. Daher könnte das Verfahren auch in klinischen Studien mit menschlichen Patientinnen und Patienten erprobt werden, so die Wissenschaftler/-innen.

Wichtige Beiträge zu der Studie lieferten die Virom-Expertin Li Deng, Professorin für die Prävention von Mikrobiellen Infektionskrankheiten an der TUM und Dr. Andreas Hiergeist und Prof. André Gessner vom Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene am UKR.

Literatur:
Thiele Orberg E, Meedt E, Hiergeist A, et al.: Bacteria and Bacteriophage Consortia are Associated with Protective Intestinal Metabolites in Patients Receiving Stem Cell Transplantation. Nature Cancer (2024), DOI: doi.org/10.1038/s43018-023-00669-x.

Quelle: idw/TUM

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