Bulevirtide: Wirkmechanismus und effektivere Behandlungen

Hepatitis B und D
mg
molekulare Blockade durch Bulevirtide
© DZIF/Universität Heidelberg
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


Bulevirtide ist das erste und einzig zugelassen Medikament zur Behandlung chronischer Infektionen mit Hepatitis D. Ein Forschungsteam entschlüsselte nun den genauen Wirkmechanismus, der bisher unklar war.

Der Hepatitis-D-Virus (HDV) ist die schwerste virale Lebererkrankung. Wer sich mit dieser chronischen Infektion infiziert, hat ein hohes Risiko an Leberzirrhose oder Leberkrebs zu sterben. Mehr als 12 Millionen Menschen sind weltweit mit dem Virus infiziert. Dabei nutzt HDV die Oberflächenproteine des Hepatitis-B-Virus, um in die Leberzellen einzudringen. Dabei spielt ein spezifisches Protein eine wichtige Rolle: NTCP, ein Gallensalz-Transporterprotein. Es befindet sich in der Membran von Leberzellen und genau hierüber gelingt der Eintritt von HDV. Doch mittels Bulevirtide gibt es einen effektiven Wirkstoff, mit dem das Eindringen in die Zelle verhindert werden kann. Bisher war der genaue Wirkmechanismus noch unklar, doch ein internationales Forschungsteam entschlüsselte nun die molekulare Struktur von Bulevirtide und ebnet so den Weg für effektivere und gezieltere Behandlungen von HBV- und HDV-Infizierten.

„Plug“ verschließt den Eintrittstunnel

Obwohl mit Bulevirtide der Eintritt der Viren in die Zelle effektiv gehemmt werden kann und zu einer deutlichen Verbesserung der Leberfunktion führt, war bisher unklar, wie NTCP und Bulevirtide interagieren. Um diese Interaktion zu verstehen, entwickelten die Forschenden zunächst ein Antikörperfragment, was den NTCP-Bulevirtide-Komplex erkennt. Es bindet den Komplex an Nanopartikel, wodurch dieser analysiert werden kann. Mittels Cryo-Elektronenmikroskopie konnten die Forschenden zudem strukturelle Details mit atomarer Auflösung sichtbar machen.

Herauskam, dass Bulevirtide drei wichtige Bereiche bildet: eine Myristoylgruppe, die auf der Zell-Außenseite mit der Zellmembran interagiert; einen sogenannten „plug“, der sich genau in den Transporttunnel von NTCP einfügt wie ein Schlüssel in ein Schloss; und eine Aminosäurekette, die sich über die Oberfläche des Rezeptors erstreckt und ihn wie eine Klammer umschließt. „Die Ausbildung eines ‚plugs‘ im Transporttunnel und die damit verbundene Inaktivierung des Gallensalztransporters ist bislang einzigartig unter allen bekannten Virus-Rezeptor-Komplexen. Diese Struktur erklärt, warum die physiologische Funktion des NTCP bei der Behandlung von Patienten und Patientinnen mit Bulevirtide gehemmt wird“, erläutert Prof. Stephan Urban, DZIF-Professor und stellvertretender Koordinator des Forschungsbereichs Hepatitis, in dem Bulevirtide entwickelt wurde.

Wichtige Erkenntnisse

Die Erkenntnisse führen jedoch auch zur Entwicklung weiterer Wirkstoffe, sogenannter Peptidomimetika, mit verbesserten pharmakologischen Eigenschaften und zur Möglichkeit der Entwicklung von Medikamenten, die nicht auf Peptiden beruhen. Und die Analyse bringt ein besseres Verständnis zur Entwicklung der Hepatitis-Viren. So konnten die Wissenschaftler feststellen, dass eine bestimmte Aminosäure die Möglichkeit zur Bindung von HBV und HDV beinhaltet. Ändert man diese Aminosäure kann HDV nicht an HBV andocken – eine Erklärung dafür, wieso manche Altwelt-Primaten nicht von HBV/HDV infiziert werden können.

Literatur:
Liu H. et al.: Structure of antiviral drug bulevirtide bound to hepatitis B and D virus receptor protein NTCP, Nat Commun, 2024, DOI: 10.1038/s41467-024-46706-w

Quelle: idw

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige