Achtfaches Spiegelbild

Lebensrettende Polypropionate
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Team Kekulé-Institut
Das Team des Kekulé-Institut für Organische Chemie und Biochemie (von links): Katharina Pieper, Prof. Dr. Andreas Gansäuer, Christian Köhler und Regine Mika. © Volker Lannert / Universität Bonn
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Sogenannte Polypropionate sind wichtige Naturprodukte für Reserve-Antibiotika. Doch für die Medikamentenherstellung ist die synthetische Produktion sehr kompliziert und aufwendig. Ein Team vom Kekulé-Institut der Universität Bonn hat ein neues und einfaches Verfahren entwickelt.

Polypropionate sind wichtige Naturstoffe für die Herstellung von Arzneimitteln. Sie besitzen spiegelbildliche Varianten, die unterschiedliche Eigenschaften aufweisen können und für die Herstellung sogenannter Reserveantibiotika unerlässlich sind. In der Natur können sie in zwei unterschiedlichen Formen auftreten, was als Chiralität bezeichnet wird in der Chemie, vergleichbar mit einer rechten und einer linken Hand. Ein bekanntes Beispiel ist das Molekül Carvon: die rechtsdrehende Variante riecht nach Kümmel, während die linksdrehende Variante nach Pfefferminze riecht.

Hohe Selektivität und hohe Reinheit

In der Medikamentenherstellung werden die Polypropionate jedoch in hoher Selektivität – einer bestimmten Variante – und in hoher Reinheit benötigt, wodurch der Herstellungsprozess bisher aufwendig und kompliziert ist. Da die spiegelbildlichen Formen eigene Eigenschaften aufweisen und auch zu anderen Wirkungen im Körper führen, ist die richtige Wahl der Polypropionat-Form enorm wichtig. 

Die neu entwickelte Methode von Dr. Andreas Gansäuer vom Kekulé-Institut und seinem Team bietet eine einfachere Herstellung des gewünschten Polypropionats bzw. dessen spiegelbildlicher Variante. „Wir können aus einem Ausgangsstoff, einem Alkohol, acht unterschiedliche Varianten herstellen“, so Gansäuer. Polypropionate bestehen aus Kohlenwasserstoffketten, an denen abwechselnd Methyl- und Hydroxylgruppen binden.  „Durch die je vier verschiedenen Bindungspartner, die an die drei Kohlenstoffatome der Ketten binden, erhalten wir insgesamt acht unterschiedliche Formen von Polypropionaten, die wir Isomere nennen,“ erläutert Gansäuer.

Einfacher und nachhaltiger

Mit einer bereits bekannten Methode erhielt man bisher vier Vorläufer der acht Isomere. Hierzu fügten die Froschenden den Prozess der Hydrosilylierung hinzu. „Die spiegelbildlichen Varianten kommen hierbei zustande, indem wir entweder Fluorid für die rechtshändige Variante oder Titan für die linkshändige Variante hinzufügen,“ beschreibt Gansäuer weiter. Ein gutes Beispiel zur Verbildlichung sei ein Baum: man fängt am Stamm an (hier der Alkohol), von dem im ersten Schritt zwei Äste abgehen, welche die ersten beiden Spiegelbilder darstellen. Diese haben aber desweiteren jeweils zwei Äste und von diesen nun vier Ästen ergeben sich zum Schluss, nach der Hydrosilylierung, acht Zweige – die acht Spiegelbilder des Polypropionats.

Die Methode ist einfacher umsetzbar, da sie bei Raumtemperatur funktioniert, und nachhaltiger, da keine Edelmetalle mehr als Katalysator notwendig sind. Einige Reaktionen mussten bisher bei sehr niedrigen Temperaturen durchgeführt werden – ein Schritt, der nun entfällt.

„Unsere Arbeiten können als Grundlage für die Synthese von Medikamenten angewendet werden“, sagt Gansäuer. „Für die Herstellung von Arzneimitteln weiß man im Vorfeld nie, welche Form eines Stoffes benötigt wird. Im Substanz-Screening werden oft tausende von Isomeren getestet, um die passende Verbindung zu finden. Kann man, wie hier gezeigt, acht verschiedene Formen herstellen, kann man auch beliebig viele andere interessante Substanzen herstellen. So ist die Chance größer, eine wirksame Struktur zu finden."

Literatur:
Katharina Pieper, Robin Bleith, Christian Köhler, Regine Mika, and Andreas Gansäuer. A Flexible Synthesis of Polypropionates via Diastereodivergent Reductive Ring-Opening of Trisubstituted Secondary Glycidols. Angewandte Chemie. DOI: 10.1002/anie.202317525

Quelle: idw

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