Stationär behandelte COVID-19-Patienten: Etwa ein Fünftel verstorben

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Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen. Romolo Tavani - stock.adobe.com
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Etwa ein Fünftel der Covid-19-Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, sind verstorben. Bei Patienten mit Beatmung lag die Sterblichkeit bei 53 Prozent, bei denen ohne Beatmung mit 16 Prozent dagegen deutlich niedriger.

Das sind zentrale Ergebnisse einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin, die jetzt im medizinischen Fachmagazin „The Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlicht worden ist. Ausgewertet wurden die Daten von etwa 10.000 Patienten mit bestätigter COVID-19-Diagnose, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden. Die gemeinsame Studie liefert erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung der COVID-19-Patienten in Deutschland auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten, die knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Ein Fokus liegt dabei auf der Situation der beatmeten Patienten.

Insgesamt verstarb etwa ein Fünftel (22 Prozent) der stationär behandelten COVID-19-Patienten. Dabei lag die Sterblichkeit der Männer mit 25 Prozent um 6 Prozentpunkte über der der Frauen (19 Prozent). Unabhängig vom Geschlecht war die Mortalität bei den älteren Patienten sehr hoch: 27 Prozent verstarben in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen, 38 Prozent in der Gruppe der Menschen ab 80 Jahren.

Ähnliche Sterblichkeit bei Frauen und Männern

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten, die künstlich beatmet werden mussten, verstarben (53 Prozent). Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen. Auch bei den beatmeten Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts wegen eines Nierenversagens zusätzlich dialysepflichtig waren (27 Prozent aller beatmeten Patienten), lag die Sterblichkeit mit 73 Prozent sehr hoch.

Frauen und Männer wiesen im Falle der Beatmung eine ähnliche Sterblichkeit auf. Bei den Patienten ohne Beatmung war die Sterblichkeit zwar deutlich geringer, erreichte aber immerhin 16 Prozent. Auch hier korrelierte das Alter mit der Sterblichkeit. „Die hohen Sterblichkeitsraten machen deutlich, dass in den Kliniken relativ viele Patienten mit einem sehr schweren Krankheitsverlauf behandelt wurden. Diese schweren Verläufe betreffen eher ältere und gesundheitlich bereits beeinträchtigte Menschen, kommen aber auch bei jüngeren Patienten vor“, sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO. „Auch wenn die Infektionszahlen in Deutschland im Moment niedrig sind, sollten weiterhin alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um das Infektionsrisiko in der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.“

Getrennte Auswertung von Patienten mit und ohne Beatmung

In der Studie sind die Daten der COVID-19-Patienten mit und ohne Beatmung getrennt ausgewertet worden. Insgesamt wurden 1.727 (17 Prozent) der 10.021 stationär behandelten COVID-19-Patienten künstlich beatmet. Etwas mehr als drei Viertel der beatmeten Patienten erhielt eine invasive Beatmung. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 68 Jahren – sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Patienten. Der Anteil der beatmeten Patienten unterschied sich zwischen den Altersgruppen: Bei den 60- bis 69-Jährigen sowie bei den 70- bis 79-Jährigen lag er bei 24 beziehungsweise 25 Prozent, in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen jedoch nur bei 15 Prozent und bei den Patienten ab 80 Jahren bei 12 Prozent.

„Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung liegt zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, so Christian Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim. „Der internationale Vergleich ist wegen unterschiedlichen Stichproben der Studien schwierig. Aber es gibt Hinweise darauf, dass in anderen Ländern tendenziell weniger hochaltrige Menschen mit COVID-19 beatmet wurden – vermutlich auch aus Kapazitätsgründen.“

Eine Reihe von Begleiterkrankungen

Interessante Ergebnisse liefert auch ein Blick auf die Verteilung zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (12 Prozent), die Sterblichkeit lag hingegen auf einem vergleichbaren Niveau. „Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf“, so Karagiannidis.

Stationär behandelte COVID-19-Patienten weisen häufig eine Reihe von Begleiterkrankungen auf. Der Anteil der Patienten mit Begleiterkrankungen liegt bei den Patienten mit Beatmung deutlich höher als bei den Patienten ohne Beatmung. So hatten beispielsweise 24 Prozent der Patienten ohne Beatmung Herzrhythmusstörungen; bei den Patienten mit Beatmung waren es 43 Prozent. Eine Diabeteserkrankung lag bei 26 Prozent der Patienten ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patienten mit Beatmung vor.

Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen

Die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthaltes der COVID-19-Patienten betrug 14 Tage. Bei den nicht beatmeten Patienten war sie mit 12 Tagen deutlich kürzer als bei den Beatmungspatienten mit 25 Tagen. Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen, im Median bei 10 Tagen. 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet bleiben. „Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor. So fallen pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage an. Dies sind für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemiewelle wichtige Zahlen. Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten“, so Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin.


Quelle: DIVI, 29.07.2020

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