Neues aus der Rechtsprechstunde

Elske Müller-Rawlins
Titelbild zu den Neuigkeiten aus der Rechtsprechung
© Zerbor/stock.adobe.com
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Muss der Arbeitgeber Übernachtungs- und Verpflegungskosten für Betriebsrats- oder Personalvertretungsschulung übernehmen?

Was war passiert?

Die Personalvertretung (PV) entsandte zwei ihrer Mitglieder zu einer mehrtägigen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenschulung. Neben der Seminargebühr fielen auch Übernachtungs- und Verpflegungskosten an. Diese Kosten machte die Personalvertretung nach dem auf sie anwendbaren Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geltend. Der Arbeitgeber bezahlte jedoch nur die Seminargebühr, verweigerte aber die Übernahme der Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Die Bezahlung der Übernachtungs- und Verpflegungskosten verweigerte er mit der Begründung, dass die beiden Mitglieder der PV an einem zeit- und inhaltsgleich angebotenen mehrtägigen Webinar desselben Schulungsanbieters hätten teilnehmen können. Die Sache ging vor Gericht und durch alle Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht (BAG).

Wie entschied das BAG?

Das BAG entschied, dass der Anspruch der PV begründet ist und der Arbeitgeber die Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu bezahlen hat. Betriebsräte haben einen Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitgeber zu tragen hat (§ 37 Abs. 6 i. V. m. § 37 Abs. 2 und § 40 Abs. 1 BetrVG).

Die Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar sind von diesem Anspruch auch dann erfasst, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet. Gleich einem Betriebsrat habe die PV bei der Entscheidung, zu welchen Schulungen sie ihre Mitglieder entsendet, einen gewissen Spielraum, welcher auch das Schulungsformat, das heißt ob Präsenz oder online in Form eines Webinars, umfasst. Dem steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung der Schulungsteilnehmer regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei einem Webinar (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 2022 – 8 TaBV 59/21 –).

Was heißt das für Sie?

Gerade für die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch sind Präsenzseminare gut geeignet, sodass es zu begrüßen ist, dass der Arbeitgeber zum einen Betriebsräte und PV nicht auf inhaltsgleiche Webinare verweisen kann, sondern auch die Verpflegungskosten- und Übernachtungskosten zu tragen hat. Zu beachten ist aber, dass dies stets im Einzelfall zu prüfen ist.

ChatGPT schreibt Essay für Auswahlverfahren

Das Verwaltungsgericht München hat mit Beschluss vom 28. November 2023 (M 3 E 23.4371) über einen Fall zu entscheiden, bei dem die Plagiatssoftware einer Uni einen Verdachtsfall angezeigt hatte.

Der betroffene Bewerber hatte im ersten Auswahlverfahren bereits ein Essay eingereicht, mit dem er den Zugang zum Masterstudium nicht erreicht hatte. Bei seinem zweiten Versuch wurde er vom Auswahlverfahren ausgeschlossen, da das Essay mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 45 Prozent von künstlicher Intelligenz (KI) verfasst worden sein soll. Gegen den Ausschluss klagte der ausgeschlossene Bewerber.

Das Verwaltungsgericht München entschied, dass hier ein Anscheinsbeweis für ein wissenschaftliches Fehlverhalten ausreiche. Die Uni habe den Anscheinsbeweis glaubhaft gemacht. Sie habe über ChatGPT ein Essay über dieselbe Aufgabenstellung erstellen lassen, welches dem des Bewerbers signifikant ähnelte.

Das Gericht stützte zudem seine Entscheidung auf die Expertise der zwei Prüfer. Diese hätten glaubhaft aufgezeigt, dass der Text sich von dem im ersten Auswahlverfahren abgegebenen Essay deutlich unterscheide. Auch weise er KI-typische Merkmale auf, das heißt stark strukturierte Form, Fehlerfreiheit des englischen Textes, kurze prägnante Sätze wie die inhaltliche Abdeckung aller maßgeblichen Punkte, was für Bachelorstudenten eher ungewöhnlich sei.

Was bedeutet dies für Sie?

Durch die Möglichkeiten von KI wird es immer schwieriger festzustellen, ob es sich bei Prüflingen um eine Eigenleistung handelt. Bei Verdachtsmomenten gibt die Entscheidung einen guten Wegweiser, wie ein Anfangsverdacht zu einem glaubhaften Anscheinsbeweis werden kann. Sinnvoll ist es, ChatGPT mit derselben Aufgabenstellung vor der Prüfung einen Text erstellen zu lassen oder Prüfungsaufgaben lösen zu lassen, um signifikante Ähnlichkeiten feststellen zu können. Auch sollte ein Abgleich zu früheren Leistungen erfolgen und KI-typische Formulierungen durch zwei Prüfende kontrolliert werden. Nur so kann ein faires Verfahren gewährleistet werden.

 

Entnommen aus MT im Dialog 4/2024

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