Getrocknete Blutstropfen auf Filterpapier (engl.: Dried-blood-spots, DBS) für flächendeckende SARS-CoV-2 Antikörpertests zu verwenden, wäre einfach, schnell und kostengünstig. Ein Forscherteam um Privatdozent Dr. Andreas Wieser vom Tropeninstitut am LMU Klinikum München hat einen Ansatz entwickelt, durch den im Labor anti-SARS-CoV-2-Antikörper aus DBS-Proben analysiert werden können. Dieses zuverlässige und hochdurchsatz-fähige Verfahren bietet große Vorteile, besonders für die globale Anwendung in Entwicklungsländern. Das Protokoll wurde jetzt in EBioMedicine (The Lancet) veröffentlicht.
Um das Infektionsgeschehen global zu verfolgen, bedarf es einfacher, kosteneffektiver SARS-CoV-2-Antikörpertests. Venöse Blutentnahmen zur serologischen (Antikörper-)Testung erfordern medizinisches Personal und das Einhalten von Kühlketten. Mit „Do-it-yourself“-Blutentnahmesets (sogenannte Finger-Prick-Tests) können Menschen durch einen Piks in die Fingerkuppe und wenige Blutstropfen selbst eine Probe entnehmen, die dann getrocknet mit der Post verschickt werden kann, um im Labor getestet zu werden. Die Analyse von Trockenblutproben wird in manchen medizinischen Bereichen bereits eingesetzt, zum Beispiel bei Neugeborenen-Screenings. Für SARS-CoV-2 Antikörpertests mangelte es bisher noch an einem zuverlässigen hochdurchsatzfähigen Laborverfahren für umfangreiche serologische Untersuchungen von DBS-Proben.
Ein geeignetes Testverfahren, das weltweit anwendbar ist
Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Tropeninstitut am LMU Klinikum München hat im Jahr 2020 ein geeignetes Testverfahren entwickelt, das weltweit anwendbar ist. Das Verfahren basiert auf dem qualitativen Roche Elecsys® Anti-SARS-CoV-2 Anti-N-Test, der Antikörper gegen das Nukleokapsid-Antigen (N) detektiert. Der halb automatisierte Arbeitsablauf ermöglicht einen hohen Probendurchsatz: In der Vorbereitung werden die Trockenblutproben durch Panthera-Puncher™ (PerkinElmer) aus den Filterpapierkarten ausgestanzt und anschließend für die weitere Analyse aufbereitet. Innerhalb einer Zehn-Stunden-Schicht können so bis zu 2.500 Proben sicher bearbeitet werden.
Um die Qualität und Zuverlässigkeit zu belegen, validierten die Wissenschaftler/-innen ihr Testverfahren mit 1.710 Proben-Pärchen aus der Münchner KoCo19 Studie (Prospektive COVID-19 Kohorte München, KoCo19). Die Probenpärchen sind venöse Blutproben und DBS-Proben vom gleichen Zeitpunkt. Deren Werte wurden miteinander verglichen und anschließend eine Machbarkeitsanalyse innerhalb der Kohortenstudien durchgeführt.
Hohe Zuverlässigkeit des DBS-Analyseverfahrens
Danach wurden zwei großangelegte Beprobungs-Kampagnen durchgeführt: Einmal wurden von 10.247 Angestellten der Deutschen Post/DHL Trockenblutproben analysiert sowie 4.465 DBS-Proben der KoCo19-Kohorte. Ein großer Anteil der Proben stammte dabei von Probanden, die nur wenige (oligosymptomatische) oder gar keine (asymptomatische) COVID-19-Symptome entwickelt und damit niedrige SARS-CoV-2-Antikörpertiter hatten. Auch diese konnten zuverlässig identifiziert werden.
Die Validierungsergebnisse bestätigten eine hohe Zuverlässigkeit des entwickelten DBS-Laborverfahrens. Die darauffolgende Machbarkeitsstudie ergab eine Sensitivität von 99,2 Prozent sowie eine Spezifität von 98,65 Prozent des DBS im Vergleich zur venösen Blutprobe. Dabei lieferte das Verfahren auch bei oligo- oder asymptomatischen Infektionsverläufen und entsprechend geringen Antikörperkonzentrationen zuverlässige Ergebnisse. Eine weitere Erkenntnis war, dass 99,87 Prozent der von Probanden zu Hause selbst erzeugten DBS-Proben auf Filterpapierkarten qualitativ für die Analyse geeignet waren. Die Studie belegt damit auch, dass Probanden durch schriftliche Instruktionen und Videoanleitungen selbst erfolgreich hochwertige Trockenblutproben auf Filterpapier bereitstellen können.
DBS-basierte serologische Analysen für verschiedenste Partner
Das Labor am Tropeninstitut des LMU Klinikums führt aktuell DBS-basierte serologische Analysen für verschiedenste Partner im In- und Ausland durch und stellt seine fachliche Expertise der Wissenschaftsgemeinschaft zur Verfügung. Einschränkend ist, dass die bisherige Studie nur den Ansatz für die Anti-Nukleokapsid-Serologie von SARS-CoV-2 bestätigt. Diese muss langfristig durch eine Anti-Spike-basierte Serologie ergänzt werden, um Impftiter von Infektionstitern zu unterscheiden und damit auch den Erfolg von COVID-19 Impfungen messen zu können. Ein quantitatives Verfahren hierzu ist am Tropeninstitut des LMU Klinikums bereits in der finalen Entwicklung.
Beyerl J, Rubio-Acero R, Castelletti N, Paunovic I, Kroidl I, Khan, Z, Bakuli, A, Tautz A, Oft J, Hoelscher M, Wieser A
A Dried Blood Spot Protocol for high throughput analysis of SARS-CoV-2 Serology based on the Roche Elecsys Anti-N Assay
EBioMedicine, Volume 70, 2021, 103502, doi.org/10.1016/j.ebiom.2021.103502
Quelle: Klinikum der Universität München, 17.09.2021
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