MedTech-Branche appelliert an die Politik

Großes Fragezeichen EU
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Katheterlabor mit modernster Medizintechnik
Katheterlabor mit modernster Medizintechnik © bvmed.de
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Eigentlich ist die Medizintechnikbranche hierzulande ein Aushängeschild an Innovation. 9 Prozent vom Umsatz wandern in Forschung und Entwicklung. Es gibt einige hidden champions in der Branche. Doch die Politik wird zur Belastung.

Die Unternehmen der MedTech-Branche beschäftigen in Deutschland über 250.000 Menschen. Die Exportquote liegt bei 67 Prozent trotz Abschottungsmaßnahmen einiger Länder wie China. Es ist nach wie vor der zweitgrößte MedTech-Standort weltweit. Und in der Vergangenheit war Deutschland bei den Patentanmeldungen in diesem Sektor immer weit vorne. Doch inzwischen sei der Standort nur noch auf den 6. Platz abgerutscht, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll bei der hybriden Jahrespressekonferenz des Verbandes. Einen wichtigen Grund sieht er in der Überregulierung in Europa. Allein durch den verkündeten Green Deal kämen auf die Branche weitere 40 Richtlinien/Verordnungen zu. Dies müsse schnellstmöglich nach der EU-Wahl im kommenden Jahr angegangen werden. „Die kleineren und mittelständischen Unternehmen der Branche schaffen es sonst nicht mehr“. Er gehe davon aus, dass 10 Prozent der Unternehmen nicht überleben würden Und auch viele Medizinprodukte könnte es aufgrund der überbordenden bürokratischen Anforderungen bald nicht mehr geben. Dies könne durchaus zur Versorgungsgefahr in vielen Fällen führen, betonte auch BVMed-Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan. Dies sei auch ein Grund, warum in Deutschland Ärzte teilweise ältere Produkte benutzen müssten im Vergleich zum Ausland, was die Patientenversorgung verschlechtere, gibt Möll zu bedenken.

MDR als rotes Tuch

Ein nach wie vor nicht gelöstes Problem ist die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Den circa 13.000 MDR-Anträgen stünden bisher nur ca. 4.000 ausgestellte MDR-Zertifikate gegenüber, erläuterte Dr. Christina Ziegenberg, Leiterin des Referats Regulatory Affairs beim Bundesverband Medizintechnologie (BVMed). Die strukturellen Probleme seien nach wie vor nicht gelöst. Der BVMed habe deshalb ein Whitepaper veröffentlicht, um Lösungswege aufzuzeigen. Das Thema sei zwar in der Politik angekommen, doch es müsse jetzt gehandelt werden. „Warten können wir nicht“. Die MDR müsse dringend weiterentwickelt und verbessert werden. Über drei Viertel der Unternehmen wünschten sich dabei vor allem weniger Bürokratie. 64 Prozent erwarteten vorhersehbare und klare Fristen, 56 Prozent berechenbare Kosten, so Möll zu den Ergebnissen der BVMed-Herbstumfrage. Ebenfalls weit oben auf der Forderungsliste seien ein Fast-Track-Verfahren für Innovationen, mehr Verfahrens-Transparenz bei den Benannten Stellen sowie eine gegenseitige Anerkennung von ausländischen Zulassungen. Auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ruft Sorgenfalten hervor. Möll befürchtet, dass das schlechte deutsche Gesetz durch EU-Regelungen noch weiter verschärft werden könnte. Dagegen wehre sich die Branche.

Branche unter Druck

In den Branchendaten sind die Auswirkungen bereits zu spüren. Die MedTech-Unternehmen verzeichnen nach den Ergebnissen der Herbstumfrage des BVMed zwar ein Umsatzplus von 4,8 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2022, dem stehen jedoch stark gestiegene Personal-, Logistik-, Rohstoff- und Energiekosten sowie die hohen Kosten für die Umsetzung der MDR gegenüber. Darunter leiden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die 93 Prozent der Branche ausmachen und Innovationstreiber sind. Aktuell gehen die Investitionen am Standort Deutschland bereits zurück, Forschungsinvestitionen werden zunehmend ins Ausland verlagert. 27% der befragten Unternehmen verringern hierzulande schon die Investitionen. Das Innovationsklima ist nach dem BVMed-Index denn auch auf einem Tiefstand. Auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewerten die Unternehmen das Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt nur noch mit 3,5. Das ist seit Erhebung des Indexes 2012 der absolute Tiefstwert. Lugan machte sich deshalb auf der Pressekonferenz abermals für eine MedTech-Strategie 2030 stark.

Vielfach Gewinnverschlechterung erwartet

Aus den gewichteten Umsatzangaben der BVMed-Unternehmen ergibt sich im deutschen Markt ein durchschnittlicher Umsatzanstieg von 4,8 Prozent gegenüber dem vorhergehenden Krisenjahr. Die erwartete weltweite Umsatzentwicklung schneidet mit einem Plus von 6,4 Prozent deutlich besser als die Inlandsentwicklung ab. Aufgrund der weiter dramatischen Kostensteigerungen stehen die Gewinne der Unternehmen aber unter großem Druck. Nur 20 Prozent der MedTech-Unternehmen erwarten in diesem Jahr noch Gewinnsteigerungen gegenüber dem Krisenjahr 2022. Mit 49 Prozent gehen sogar knapp die Hälfte der Unternehmen von einer weiteren Verschlechterung der Gewinnsituation aus. Der wichtigste Grund für die angespannte Geschäftssituation sind wie im Vorjahr die gestiegenen Logistik-, Rohstoff- und Energiepreise. Hinzu kommen stark steigende Personalkosten aufgrund der Inflationsentwicklung sowie der zunehmende bürokratische Aufwand für das regulatorische System.

Auch MT-Berufe werden gesucht

Trotz der Krisenauswirkungen und dramatisch steigenden Kosten schafft die Medizintechnik-Branche in Deutschland weiter zusätzliche Arbeitsplätze. 31 Prozent der Unternehmen, die sich an der BVMed-Herbstumfrage 2023 beteiligten, erhöhen die Zahl der Mitarbeiter/-innen gegenüber dem Vorjahr, 58 Prozent halten die Zahl der Stellen stabil. Gesucht werden von der Branche auch Medizinische Technologinnen und Technologen mit einem Anteil von immerhin 10 Prozent bei den besonders gesuchten beruflichen Qualifikationen.

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