Zika-Viren bauen "Virus-Fabrik"

Umbau befallener Zellen
mg
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Im Jahr 2015 erlangte das Zika-Virus weltweite Aufmerksamkeit durch die Schädigung von Neugeborenen. Nun haben Forscher neue Erkenntnisse bezüglich des Wachstums der Viruszellen erlangt, die auch auf neue Behandlungstherapien hinweisen.

Das Zika-Virus ist bereits seit 1947 bekannt, geriet aber erst 2015 in den Fokus durch einen Zusammenhang der Infektion mit Zika-Viren und der Schädigung von Neugeborenen in Lateinamerika. Nun fanden Wissenschaftler in Heidelberg mithilfe der Licht- und Elektronenmikroskopie heraus, wie das Zika-Virus die Kontrolle über Zellorganellen menschlicher Leberzellen und Nervenstammzellen übernimmt. Die beiden bekannten Stämme des Virus bauen ihre Wirtszellen so um, dass darin Fabriken zur eigenen Vermehrung des Krankheitserregers entstehen. Es besteht damit große Ähnlichkeit zum fieberauslösenden Dengue-Virus.

Ein unfreiwilliger Helfer

Ähnlich zum nah verwandten Dengue-Virus nimmt das Zika-Virus zunächst das Endoplasmatische Reticulum (ER) ein, wo Eiweiße entstehen. Dort nisten sich die Viren ein, vermehren ihr Erbgut in geschützten Membranenbläschen am ER und bilden über diverse Zwischenschritte neue, fertig verpackte Nachkommen. Das Besondere am Zika-Virus ist aber, dass es das "innere Gerüst" der Zelle - das Zytoskelett - umgestaltet. „Zika-Virusinfektionen verursachen eine drastische Störung dieses Netzwerks in den Zellen. Sie verwandeln die normalerweise locker verteilten Elemente in eine Art Käfig, der ihre Vermehrungszentren umgibt", erklärt Prof. Ralf Bartenschlager, Direktor der Abteilung "Molekulare Virologie" am Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg, wo die Entdeckungen gemacht wurden. Das Zytoskelett übernimmt vielfältige Aufgaben: es kontrolliert Form, Wachstum und Bewegung der Wirtszellen, sorgt für mechanischen Halt und koordiniert Transportvorgänge der Zelle.

Doch wozu dient der innere Zellumbau? Prof. Bartenschlager vermutet, dass es sich um mehr handelt, als um eine bloße Verdrängung der Zellorganellen. „Wir nehmen an, dass das Zytoskelett eine aktive Rolle bei der Vermehrung der Viren spielt. Es könnte zum Beispiel bestimmte Stoffe transportieren, die die Viren benötigen. Möglich wäre auch eine Art Schutzfunktion vor Angriffen durch das körpereigene Immunsystem, das die Zelle überwacht und fremdes Erbgut zerstört." Dabei infizieren Zika-Viren nur bestimmte Zelltypen, darunter auch die Vorläufer von Nervenzellen in Embryonen. Auch dort spielt das Zytoskelett eine entscheidende Rolle. „Möglicherweise stehen die durch das Zika-Virus im Zytoskelett ausgelösten Veränderungen in einem Zusammenhang mit der Mikrozephalie und den neurodegenerativen Störungen, die bei einer angeborenen Zika-Virusinfektion vorliegen", sagt Dr. Mirko Cortese, Erstautor der Studie.

Behandlung mit Krebsmedikamenten

In Tierversuchen wollen die Forscher nun Medikamente testen, die regulär die Aktivität des Zytoskeletts hemmen, und ob diese auch gegen Zika-Viren wirken. Im Fokus stehen hier Substanzen wie Paclitaxel aus der Rinde von Eiben, welches eigentlich zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt wird. Der Vorteil an diesem Medikament ist, dass es auch in der Spätphase der Schwangerschaft und auch während des Stillens eingenommen werden kann. „In unseren Zellkulturen hat sich bereits gezeigt, dass es eine Verbindung zwischen der Dynamik des Zytoskeletts und der Zika-Virus-Vermehrung gibt. Wir hoffen daher, dass wir neue Wege für eine Behandlung identifizieren können", erklärt Prof. Bartenschlager.

Quelle: Pressemitteilung Universitätsklinikum Heidelberg (1.3.2017)

Literatur:

Mirko Cortese, Sarah Goellner, Eliana Gisela Acosta, et al.: Ultrastructural characterization of Zika virus replication factories. Cell Reports, DOI: 10.1016/j.celrep.2017.02.014.

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