Zika: Blick in frühe Hirnentwicklungsstörungen

Stammzellforschung bei Zika-Virus-Infektion
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Seit Herbst 2015 führt die Zika-Virus-Epidemie vor allem in Süd- und Mittelamerika zu einer auffälligen Zunahme von Geburten von Babys mit einem viel zu kleinen Kopf, der sogenannten „Mikrozephalie“. Forscher haben nun einen neuen Mechanismus, wie das Virus dazu beiträgt, entdeckt.

In einem gemeinschaftlichen Forschungsprojekt haben nun Kölner Wissenschaftler einen neuen Mechanismus aufgedeckt, wie Zika-Virus zu den verursachten Missbildungen Neugeborener von Zika-Virus infizierten Mütter beiträgt.

3D-Experimentalmodell etabliert

Jay Gopalakrishnan, Olaf Utermöhlen und Martin Krönke vom Zentrum für Molekulare Medizin Köln, dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene sowie dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) haben menschliche Hautzellen zu neuronalen Stammzellen umprogrammiert und mit diesen ein 3D-Experimentalmodell etabliert, welches die frühe Hirnentwicklung abbildet und so die schädigenden Wirkungen von Zika genauestens untersuchen lässt. Die Ergebnisse des gemeinsamen Projektes wurden nun publiziert.

Gefahr für Schwangere

Zika-Infektionen sind meist harmlos. Gefährlich werden sie, wenn Schwangere betroffen sind. Dann kann es zu Geburten mit schweren Schädel-Hirn-Missbildungen kommen, der sogenannten „Mikrozephalie“. Weltweit suchen Forscher nach den Zusammenhängen, die hinter diesen Missbildung stecken. Besonders erschwert wurde diese Forschung durch ethische Probleme, die nahezu unüberwindlich scheinen, denn es geht um Mütter, die sich während der Schwangerschaft infizieren und ihre ungeborenen Kinder.

Umprogrammierung von Zellen

Einen Ausweg aus diesem Dilemma ermöglicht eine Methode, die nun im ZMMK etabliert wurde: Menschliche Hautzellen von gesunden Spendern wurden mit Hilfe molekularbiologischer Methoden im Reagenzglas zu sogenannten „induzierten pluripotententen Stammzellen“ (ipSZ) umprogrammiert. Diese ipSZ wurden wiederum unter geeigneten Kulturbedingungen zu „neuronalen Vorläuferzellen“ (nVZ) programmiert. Diese nVZ sind die Ausgangszellen für die gesamte weitere Entwicklung des Hirnes. Die Zusammenlagerung vieler nVZ unter definierten Kulturbedingungen führt zur Bildung dreidimensionaler, wenige Millimeter großer Hirnorganoide, die den frühen Verlauf der embryonalen Hirnentwicklung widerspiegeln.

Diese „3D- Hirnorganoide“ ermöglichen als Modellsystem im Reagenzglas Untersuchungen zur Auswirkung von Infektionen neurotroper Viren auf das humane embryonale Gehirnwachstum. In diesem experimentellen System haben die Kölner Wissenschaftler beobachtet, dass die Infektion mit dem Zika-Virus zur frühzeitigen Ausreifung der nVZ zu reifen Nervenzellen führt. Obwohl diese verfrühte Ausreifung auf den ersten Blick harmlos erscheint, ist sie brisant für die weitere Entwicklung des Hirnes. Denn durch die verfrühte, massenhafte Ausreifung von nVZ fehlen diese wichtigen Vorläuferzellen für das Größenwachstum der sich entwickelnden Hirnorganoide.

Offenbar Defekte an den Zentrosomen

Offenbar verursacht die Infektion mit dem Zika-Virus Defekte an den Zentrosomen, kleinen Zellorganellen, die die schnelle und präzise Zellteilung ermöglichen und eine wichtige Rolle bei der Expansion der neuralen Vorläuferzellen spielen. Für die Übertragbarkeit der Beobachtungen auf die epidemische Zika-Mikrozephalie in Südamerika ist von besonderer Bedeutung, dass die Infektionsversuche erstmals mit einem Zika-Virus-Stamm durchgeführt wurden, der direkt aus einem betroffenen Fötus mit Mikrozephalie isoliert wurde. Hiermit ist ein überzeugender wissenschaftlicher Nachweis gelungen, wie Zika zur Mikrozephalie führt.

Die Forschungsarbeit wurde gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung und den SFB CRC 670.

Literatur:

Gabriel, E, Ramani, A, Karow, U et al. (2017): Recent Zika Virus Isolates Induce Premature Differentiation of Neural Progenitors in Human Brain Organoids. Cell stem cell.

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