Will die Industrie Pflanzenschutzmittel, Klebstoffe oder andere Chemikalien auf den Markt bringen, muss sie prüfen, ob die Substanzen die Gesundheit des Menschen gefährden können. Das wird seit den 1930er-Jahren gemacht, indem die einzelnen Stoffe an Tieren getestet werden. Diese Vorgehensweise ist nicht nur aus ethischen Gründen umstritten und kostet viel Zeit und Geld. Zum Teil ist die Übertragung von Tierversuchsergebnissen auf den menschlichen Organismus auch schwierig und nicht immer zuverlässig möglich.
Die Zahl der Chemikalien, die auf eine Gesundheitsgefährdung zu testen sind, habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, sagt Professorin Angela Mally vom Lehrstuhl für Toxikologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Gleichzeitig sei das Bewusstsein dafür gewachsen, dass eine umfassende toxikologische Prüfung aller Chemikalien weder ethisch vertretbar noch praktikabel ist, so Mally.
Ziel: Neues Testsystem für systemische Wirkungen
Für Giftwirkungen wie Verätzungen der Haut, Reizung der Augen oder einige andere örtlich begrenzte toxische Effekte wurden inzwischen tierversuchsfreie Alternativmethoden etabliert. Diese fehlen bislang allerdings, wenn es um die systemischen Wirkungen von Chemikalien oder Arzneistoffen geht – also um das, was ein Stoff bewirkt, wenn er in den Organismus aufgenommen wird und sich dort verteilt.
Solche systemischen toxischen Effekte können sich womöglich mit Hilfe von Zellkulturen vorhersagen lassen. Auf diesem Gebiet forscht Mally mit ihrem Doktoranden Sebastian Jarzina im Projekt Risk-IT. Sie konzentrieren sich dabei auf nierenschädigende Stoffe. Das hat seinen Grund: Gerade die Nieren werden sehr häufig von Chemikalien oder Arzneimitteln geschädigt.
Bekannte Nierengifte systematisch analysieren
„Als erstes tragen wir das verfügbare Wissen über verschiedene nierenschädigende Stoffe zusammen, deren Eigenschaften und Wirkungsweisen schon gut charakterisiert sind“, erklärt Mally. Welchen Weg nehmen die Stoffe im Körper, wie und in welchen Organen werden sie verstoffwechselt, an welchen Stellen greifen sie die Nierenzellen an? Systematisch werden dann die Wirkmechanismen identifiziert, die für eine Nierenschädigung relevant sind und die sich als Zielpunkte für Tests in Zellkulturen eignen.