Wie bewegen sich Zellen?

Mechanische Eigenschaften von Zellen
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Fluoreszierende Kügelchen
Fluoreszierende Kügelchen (grün) im 24 Stunden alten Zebrafischembryo. Hörner et al./Journal of Biophotonics
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Erstmals konnten mehrere Bestandteile der Zellen in lebenden Zebrafischembryos gleichzeitig beeinflusst werden. Dies schafften Forscher der Universität Münster mit der holographischen optischen Pinzette, einem neuen optischen Verfahren.

Zellen sind der Ursprung unserer Gewebe und Organe. Sie wandern von Ort zu Ort und dabei spielen die Kräfte und mechanischen Eigenschaften der Zellen eine große Rolle. Im Exzellenzcluster "Cells in Motion" der Westfälischen Wilhelms-Universität haben Forscherinnen und Forscher nun die mechanischen Eigenschaften von Zellen in lebenden Zebrafischembryos mithilfe einer holographischen optischen Pinzette untersucht. Zellbiologen und Physiker arbeiteten dabei eng zusammen, um mit der auf Licht basierenden Technik Messungen durchzuführen. Dabei schafften sie es erstmals, mehrere Bestandteile der Zellen gleichzeitig zu beeinflussen.

Die Mechanik der Zelle

Die Zellbiologen um Prof. Dr. Erez Raz beobachteten "Urkeimzellen", die Vorläufer von Spermien und Eiern, bei ihrer Wanderung im sich entwickelnden Zebrafisch. Wie andere Zellen auch bewegen sich Keimzellen vorwärts, indem sie sich verformen. Dabei bilden sie in Wanderungsrichtung kleine Auswölbungen in der Zellmembran aus. Entscheidend hierfür sind die mechanischen Eigenschaften der Zelle und ihrer Umgebung, die neben der Entwicklung auch in Krankheitsfällen wie der Wanderung von Krebszellen und der Metastasenbildung von Bedeutung sind. „Wenn eine Zelle sich teilt oder bei einer Erkrankung verändert, können sich auch die mechanischen Eigenschaften von Zellen verändern", erklärt Florian Hörner, Erstautor der Studie und Doktorand am Institut für Zellbiologie.

Die teilhabende Forschergruppe um Physikerin Prof. Dr. Cornelia Denz brachte eine spezielle Methode ein, um die physikalischen Eigenschaften zu untersuchen: die holographische optische Pinzette. Eine optische Pinzette basiert auf fokussiertem Laserlicht, mit dem kleinste Partikel in einer Zelle oder im Gewebe bewegt, verformt und festgehalten werden können.  Der Laser wirkt dabei wie eine "Pinzette" aus Licht. Damit sie mehr als ein einzelnes Partikel gleichzeitig festhalten können, kombinierten die Forscher die optische Pinzette mit holographischen Verfahren. Durch computerberechnete Hologramme wird hier der Laserstrahl so geformt, dass unter dem Mikroskop eine Vielzahl an einzelnen optischen Pinzetten entsteht.

Die Kraft von mehreren Händen gleichzeitig

Um die mechanischen Eigenschaften der Zelle während der Embryonalentwicklung zu untersuchen, wurden kleine Kunststoffkügelchen in die Zellen lebender Zebrafischembryos in einem frühen Entwicklungsstadium injiziert. Die einen Mikrometer großen Kügelchen wurden bewegt, indem die Forscher mit der optischen Pinzette Kraft auf diese ausübten. Die Untersuchung ihrer Bewegung als Reaktion auf diese Kraft erlaubte es den Forschern, mechanische Eigenschaften der Zellen zu bestimmen. Dank des holographischen Verfahrens war es weiter möglich, an verschiedenen Orten gleichzeitig Kraft auszuüben - als würden mehrere Hände gleichzeitig verschiedene Strukturen innerhalb der Zellen verformen.

Den Forschern gelang es, eine vielseitige Methode aufzubauen, die zukünftig auch für ähnliche Untersuchungen in anderen Organismen genutzt werden kann. „Wir haben eine gute Grundlage gefunden, um in Zukunft vielen verschiedenen Fragestellungen hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften von Zellen im lebenden Embryo nachgehen zu können, ohne in dessen Entwicklung einzugreifen", resümiert Florian Hörner. „Letztendlich wollen wir in der Lage sein, die biomechanischen Eigenschaften von Zellen zu bestimmen und zu manipulieren, die für ihr Bewegungsverhalten im lebenden Gewebe relevant sind", führt Prof. Raz fort. (idw, red)

Literatur:

Hörner F, Meissner R, Polali S, Pfeiffer J, Betz T, Denz C, Raz E.: Holographic optical tweezers-based in vivo manipulations in zebrafish embryos. J Biophotonics 2017, DOI: 10.1002/jbio.201600226.

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