Weniger Bluttransfusionen durch „Patient Blood Management“

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In keinem anderen Land werden so viele Bluttransfusionen durchgeführt wie in Deutschland. Gina Sanders - Fotolia
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Ein „Patient Blood Management“ könnte nach Einschätzung von Experten die Anzahl benötigter Bluttransfusionen reduzieren. Welche Maßnahmen es gibt, erklären Frankfurter Mediziner im Rahmen eines Themenschwerpunkts zum „Patient Blood Management“.

In keinem anderen Land werden so viele Bluttransfusionen durchgeführt wie in Deutschland. Während der Bedarf an Blut hierzulande immer noch wächst, gehen die Spenderzahlen seit Jahren zurück. Versorger suchen deshalb nach Alternativen zur Blutkonserve. Ein „Patient Blood Management“ könnte nach Einschätzung von Experten in der Fachzeitschrift „AINS Anästhesiologie Intensivmedizin Notfallmedizin Schmerztherapie“ die Anzahl benötigter Bluttransfusionen reduzieren. Welche Maßnahmen es gibt, erklären Frankfurter Mediziner im Rahmen eines Themenschwerpunkts zum „Patient Blood Management“.

Bluttransfusionen sind bei Schwerstverletzten und im Fall einer Notoperation unverzichtbar. In Deutschland werden pro 1.000 Einwohner und Jahr 54,6 Bluttransfusionen durchgeführt. In den Niederlanden sind es mit 27 auf 1.000 Einwohner und Jahr jedoch nur halb so viele. Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl potenzieller Blutspender rückläufig ist, gleichzeitig aber immer ältere und mehrfacherkrankte Patienten versorgt werden müssen, sind Alternativen gefragt.

Für Prof. Dr. Dr. med. Kai Zacharowski vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main ist deshalb das sogenannte Patient Blood Management eine notwendige Maßnahme, um die Versorgung der Patienten auch in Zukunft gewährleisten zu können. Der Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie berichtet in der AINS exemplarisch, welche Maßnahmen an seiner Klinik dazu beitragen, den Bedarf an Bluttransfusionen zu reduzieren.

Anämie-Ambulanz prüft Hämoglobin-Wert vor OP

Wird vor einer Operation ein größerer Blutverlust erwartet, sieht das „Patient Blood Management“ vor, im Vorfeld des Eingriffs zu prüfen, ob der Patient möglicherweise an einer Anämie leidet. Dafür wird der Hämoglobinwert im Blut bestimmt. Das Protein Hämoglobin transportiert in den roten Blutzellen den Sauerstoff zu den Zellen. Die Analyse sollte bei einem geplanten Eingriff so früh wie möglich, spätestens aber 24 Stunden vor dem Eingriff erfolgen. Die Patienten stellen sich dafür in der Anämie-Ambulanz vor. Bei einem Wert unter 13 g/dl besteht aus Sicht der Frankfurter Mediziner ein relativer Mangel, der nach Möglichkeit bereits vor der Operation ausgeglichen werden sollte. So kann ein gefährlicher Sauerstoffmangel, der während der Operation mit vielen Blutkonserven ausgeglichen werden muss, verhindert werden.

Laut Zacharowski sei das häufig möglich, da etwa 30 Prozent aller Anämien in Deutschland Folge eines Eisenmangels sind. Hämoglobin benötigt das Spurenelement, um den Sauerstoff für den Transport zu binden. Ein Eisenmangel kann häufig noch vor der Operation beseitigt werden. Wenn der Eingriff, etwa ein Gelenkaustausch, nicht sofort durchgeführt werden muss, verordnen die Ärzte den Patienten Eisentabletten.

Das reicht in der Regel aus, um nach mehreren Monaten den Hämoglobinwert so weit zu steigern, dass der Patient während der Operation mit weniger Blutpräparaten auskommt. Wenn die Operation dringend durchgeführt werden muss oder der Patient die Tabletten nicht verträgt, kann das Eisen auch per Tropfinfusion direkt ins Blut gegeben werden.

Die sogenannte maschinelle Autotransfusion (MAT)

Ein weiterer Baustein des „Patient Blood Managements“ stellt die sogenannte maschinelle Autotransfusion (MAT) dar. Hierbei wird das Wundblut des Patienten während der Operation abgesaugt, in speziellen Geräten aufbereitet und dem Patienten wieder zugeführt. Haben Patienten komplexe Antikörper, seltene Blutgruppen oder lehnen sie aus religiösen Gründen Fremdblutspenden ab, ist die MAT oft die einzige Möglichkeit, um komplexe Operationen durchführen zu können. Zum Einsatz kommt das Verfahren bislang unter anderem bei herzchirurgischen, gefäßchirurgischen sowie orthopädischen Eingriffen.

Weltweit etablieren immer mehr Kliniken die Methoden des „Patient Blood Management“, berichtet Zacharowski. Viele orientieren sich dabei an den Erfahrungen der Frankfurter Mediziner, die in den letzten Jahren bereits mehrere Auszeichnungen für ihre etablierten Maßnahmen erhalten haben. Darunter war der mit 20.000 Euro dotierte Lohfert-Preis der gleichnamigen Stiftung und der Deutsche Preis für Patientensicherheit.

Literatur:

K. Zacharowski: Patient Blood Management
AINS 2019; 54 (3), S. 168–169

S. Westphal et al.:
Patient Blood Management: die maschinelle Autotransfusion in der Anästhesiologie
AINS 2019; 54 (3); S. 170–181

S. Westphal et al.:
Patient Blood Management: präoperative Anämie und Fälle aus der Anämieambulanz
AINS 2019; 54 (3); S. 182–193

Quelle: fzm, April 2019


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