Therapie gegen Kinderdemenz

Internationale Studie
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Dr. Angela Schulz
Dr. Angela Schulz, Leiterin der CLN2‐Studie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Bisher konnten Ärzte nur palliativ gegen die spätinfantile Neuronale Ceroid Lipofuszinose, eine Form der Kinderdemenz, vorgehen. Nun haben Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) einen neuen Behandlungsansatz mit Erfolg getestet.

Die Neuronale Ceroid Lipofuszinose (NCL) zählt zu den seltenen Erkrankungen. Erst im Alter von zwei bis vier Jahren treten die ersten Symptome auf. Kinder bekommen schwere epileptische Anfälle, die bis dahin erlernte Sprache und Motorik entwickeln sich zurück. Ab dem fünften Lebensjahr können sie weder sitzen noch stehen und benötigen einen Rollstuhl, bis sie bettlägerig werden, erblinden und in der Regel früh versterben.

Eine der häufigsten Formen der Krankheit ist der Subtyp CLN2. Hier wird das Enzym Tripeptidyl-Peptidase-1 (TPP1) gar nicht oder nicht ausreichend gebildet. Das wachsartige Speichermaterial Ceroid Lipofuscin lagert sich im Gehirn an, wodurch die Gehirnzellen zunächst ihre Funktion verlieren, bis sie absterben.

„Bislang stand für die Betreuung von CLN2-Patienten nur die palliative Versorgung zur Verfügung. Durch die Zulassung einer von Ärztinnen und Ärzten des UKE erforschten Enzymersatztherapie hat sich dies nun grundlegend geändert“, erläutert Prof. Dr. Ania C. Muntau, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKE. Im Rahmen der Studie haben 24 CLN2-Patienten im Alter von drei bis acht Jahren alle 14 Tage über mindestens 96 Wochen eine Enzymersatztherapie mit Cerliponase alfa erhalten.

Mithilfe eines Punktesystems wurde der Fortschritt der Erkrankung festgehalten und mit dem Krankheitsverlauf von 42 historischen Patienten verglichen, die keine Enzymersatztherapie erhalten hatten. Die historischen Vergleichsdaten wurden innerhalb eines europäischen Forschungsrahmenprogramms ermittelt und ausgewertet. Das Punktesystem zeigt, dass die erkrankten Kinder mit Enzymersatztherapie einen deutlich langsameren Krankheitsverlauf aufweisen als die ohne: Behandelte Patienten verloren im Durchschnitt nur 0,38 Punkte pro Jahr, unbehandelte Kinder hingegen 2,0 Punkte pro Jahr.

„Die Studie hat gezeigt, dass durch diese Therapie erstmalig ein Mittel gegen das rasante Fortschreiten der Krankheit entwickelt worden ist“, sagt Muntau. „Je früher CLN2 diagnostiziert und mit einer Therapie begonnen wird, umso höher ist die Chance für ein erfolgreiches Anschlagen der Therapie, damit die erkrankten Kinder länger sprechen und sich eigenständig bewegen können. Doch die Erkrankung wird oft zu spät erkannt, weil sie sehr selten ist. Ich würde mir daher wünschen, dass es in Deutschland bald möglich ist, dass alle Kinder im Rahmen des Neugeborenenscreenings auf CLN2 getestet werden“, sagt Dr. Angela Schulz, Leiterin der internationalen Studie sowie der Sprechstunde für Degenerative Gehirnkrankheiten (Schwerpunkt „Kinderdemenz NCL“) der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKE. (idw, red)

Literatur:

Schulz A, et al.: Study of Intraventricular Cerliponase Alfa for CLN2 Disease. New England Journal of Medicine 2018. DOI: https://doi.org/10.1056/NEJMoa1712649.

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