Späte Vaterschaft birgt Risiken für Mutter und Kind

62. Deutscher Kongress für Endokrinologie
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Die neuen Erkenntnisse, die Andrologen zur Fruchtbarkeit des älteren Mannes haben und was dies für ältere Paare mit Kinderwunsch bedeutet, diskutieren Experten auf dem 62. Kongress für Endokrinologie (20. bis 22. März 2019) in Göttingen.  

Mütter und Väter werden immer älter. Das Durchschnittsalter einer Frau bei der Geburt des ersten Kindes steigt an: 2007 waren die Frauen im Schnitt 29,8 Jahre alt, für 2017 gibt das Statistische Bundesamt das Alter von 31,2 Jahren an. „Mögliche Risiken einer späten Elternschaft wurden lange Zeit hauptsächlich in Bezug auf das Alter der Frau betrachtet. Der Einfluss des Alters des Vaters wurde bislang vernachlässigt“, berichtet Prof. Dr. rer. nat. Stefan Schlatt, Direktor des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster.

Während der lebenslange Keimzellen-Pool von Frauen, bestehend aus rund 400.000 unreifen Eizellen pro Eierstock, bereits zum Zeitpunkt der Geburt angelegt ist und ab diesem Datum altert, produzieren Männer im Laufe ihres Lebens Millionen von Spermien täglich immer wieder neu. „Daraus leitete sich die Annahme ab, männliche Keimzellen würden nicht altern“, erklärt Schlatt. Dabei würde jedoch nicht berücksichtigt, dass auch bei älteren Männern die Integrität der Spermien-DNA beeinträchtigt sein könnte, etwa durch genetische und epigenetische Veränderungen. „Das dadurch verursachte veränderte Ablesen von Genen könnte sowohl die Embryonal- als auch die Plazentaentwicklung beeinträchtigen“, so Schlatt.

Eine aktuell im British Medical Journal veröffentlichte populationsbasierte Kohortenstudie untersuchte, welche Auswirkungen das Alter der Eltern für die Gesundheit von Mutter und Kind hat. Die Forscher werteten die Daten von mehr als 40,5 Millionen Lebendgeburten in den USA zwischen 2007 und 2016 aus. Sie erfassten neben verschiedenen Angaben zur Person (wie soziale Herkunft, Schulbildung, Nationalität) auch das Alter der Väter. Registriert wurden Ereignisse wie Frühgeburtlichkeit (Schwangerschaftsdauer unter 37 Schwangerschaftswochen), ein geringes Geburtsgewicht (unter 2.500 Gramm), Atemhilfe nach Geburt, Aufnahme auf eine neonatologische Intensivstation, Antibiotikagabe sowie das Auftreten von Krampfanfällen.

Signifikant höheres Risiko für eine Frühgeburt

Bei der Gesundheit der Mütter wurde vor allem nach Schwangerschaftsdiabetes und -vergiftung (Präeklampsie sowie Eklampsie) geschaut. Das Ergebnis zeigt, dass die Schwangerschaften mit den ältesten Vätern den ungünstigsten Verlauf nahmen. Ein Alter des Vaters ab 45 Jahren ging im Vergleich zum Referenzalter zwischen 25 und 34 Jahren mit einem signifikant höheren Risiko für eine Frühgeburt sowie für ein niedriges Geburtsgewicht einher. Die Kinder der ältesten Väter benötigten auch deutlich häufiger eine Atemunterstützung nach der Geburt und mussten öfter auf eine neonatologische Intensivstation aufgenommen werden.

Das Risiko für die Frau, einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln, nahm bei einem Vater im Alter zwischen 45 und 54 Jahren um 28 Prozent und bei einem Alter des Mannes ab 55 Jahre um 34 Prozent zu. Das Risiko für die schwerwiegenden Schwangerschaftskomplikationen Präeklampsie und Eklampsie bei der Mutter war mit alten Vätern jedoch nicht höher. „Diese Studie macht deutlich, dass ein höheres Alter des Vaters Komplikationen beim Kind und der Mutter begünstigt. Andere frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Erkrankungen wie Autismus und Schizophrenie ebenfalls mit dem Alter des Vaters assoziiert sind“, ergänzt Schlatt.

Ob und welche Risiken in der alternden Keimzelle genau auftreten, werde zurzeit intensiv erforscht, berichtet der Androloge. Bis mehr Studienergebnisse vorliegen, sollten andere Strategien verfolgt werden. Prof. Dr. med. Heide Siggelkow, DGE-Kongresspräsidentin und Ärztliche Leiterin MVZ Endokrinologikum Göttingen, wünscht sich mehr Beratung und Aufklärung: „Es gibt hierzulande einen Trend zu später Elternschaft bei beiden Elternteilen. Da die gesundheitlichen Folgen für Mutter und Kind gravierend sein können, sollten Paare mit Kinderwunsch darauf hingewiesen werden, dass mit steigendem väterlichem Alter die Spermaqualität ab- und die Gefahr weiterer altersbedingter Risikofaktoren zunimmt. Unter diesem Gesichtspunkt sollten Männer unter 40 Jahren darüber nachdenken, ob das Einfrieren ihrer Spermien (Kryokonservierung) eine Option sein könnte“, sagt die Kongresspräsidentin.

Literatur:

Khandwala YS et al. Association of paternal age with perinatal outcomes between 2007 and 2016 in the United States: population based cohort study. BMJ 2018; 363: k4372. DOI: 10.1136/bmj.k4372. www.bmj.com/content/363/bmj.k4372

Lorenz J. Höheres Alter der Väter begünstigt neonatale Komplikationen. Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(01): 11-12. DOI: 10.1055/a-0818-8072. https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/a-0818-8072

Gromoll J, Tüttelmann F, Kliesch S. Social freezing – the male perspective. Der Urologe 55(1),· November 2015. DOI: 10.1007/s00120-015-3943-8. https://www.springermedizin.de/andrologie/fertilitaet-und-kinderwunsch/social-freezing-die-maennliche-seite/8081712



Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE), 18.03.2019

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