Small-Fiber-Neuropathie: Neues Medikament verfügbar

Deutsche Gesellschaft für Neurologie
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Für die sogenannte Small-Fiber-Neuropathie (SFN) steht eine neue Behandlungsoption zur Verfügung: Studien haben ergeben, dass das Epilepsie-Medikament Lacosamid die Schmerzen der Patienten signifikant lindern kann.

SFN gehört zur Gruppe der Polyneuropathien – generalisierter Erkrankungen des peripheren Nervensystems. Die Betroffenen leiden unter brennenden Schmerzen der Extremitäten, vor allem in den Beinen/Füßen. Nachts nehmen die Schmerzen oft zu, sodass viele Patienten unter Schlafstörungen leiden. Hinzu kommen Missempfindungen (Sensibilitätsstörungen), beispielsweise werden Berührungsreize als schmerzhaft wahrgenommen (Hyperästhesie). Die Erkrankung schreitet meistens langsam fort und das Temperatur- und Schmerzempfinden nimmt im Verlauf ab. Außerdem sind vegetative Funktionsstörungen möglich, zum Beispiel im Magen-Darm-Trakt oder beim Kreislauf.

Ursache der Erkrankung ist meistens Diabetes mellitus, aber auch eine Fibromyalgie, eine rheumatische Erkrankung oder Virusinfektionen wie HIV oder Hepatitis C sind denkbare Ursachen. Bei der SFN sind vor allem die dünnen, nicht von „Markscheiden“ umgebenen „C-Fasern“ betroffen. Diese Fasern liegen in der Haut und sind für die Übermittlung von Schmerzsignalen wichtig; sie kommen aber auch in verschiedenen anderen Organen vor. SFN lässt sich durch eine Hautbiopsie nachweisen, da die C-Fasern der Patienten reduziert sind. Eine Routinediagnostik durch Nervenleitgeschwindigkeitsmessung beziehungsweise Elektroneurografie zeigt Normalbefunde, da mit diesen Methoden nur die markhaltigen Fasern untersucht werden können.

Bisher: Schmerztherapie im Vordergrund

„Therapeutisch ist die SFN nicht einfach anzugehen“, erklärt Prof. Dr. Claudia Sommer vom Universitätsklinikum Würzburg. „Natürlich müssen mögliche Krankheitsursachen behandelt werden. Oft bleibt aber nur eine symptomatische Therapie der Schmerzen – und selbst das gelingt oft nicht zufriedenstellend.“ Zur Schmerzbehandlung werden Antidepressiva (zum Beispiel Amitriptylin), Epilepsie-Medikamente (Antiepileptika, Antikonvulsiva) oder topische Verfahren (zum Beispiel Capsaicinpflaster) eingesetzt.

Seit einiger Zeit weiß man, dass bei der SFN bestimmte spannungsabhängige Natriumkanäle (meist „Nav1.7“) in den Zellmembranen der Nervenbahnen eine wichtige Rolle spielen. Das Antiepileptikum Lacosamid wirkt, indem es die Natriumkanäle Nav1.3, Nav1.7 und Nav1.8. blockiert. Eine kürzlich veröffentlichte niederländische Studie untersuchte daher die Substanz hinsichtlich der Schmerzbehandlung sowie Sicherheit und Verträglichkeit bei Patienten mit Nav1.7-SFN. Die 24 Studienteilnehmer erhielten doppelblind, randomisiert für acht Wochen entweder 2 x 200 mg Lacosamid (n=12), gefolgt von acht Wochen Placebo (n=12) oder umgekehrt (erst Placebo, dann Lacosamid). Die Schmerzmessung erfolgte anhand einer Schmerzskala („Pain Intensity Numerical Rating Scale“). Eine Schmerzreduktion um mindestens einen Skalenpunkt galt als effektive Wirksamkeit.

Lacosamid wirkte bei der Mehrheit der Patienten schmerzreduzierend

Im Ergebnis kam es unter Lacosamid bei 58,3 Prozent der Patienten zu einer Schmerzabnahme um mindestens einen Punkt – gegenüber 21,7 Prozent unter Placebo. Unter Lacosamid gaben 33,3 Prozent der Patienten eine Besserung ihres allgemeinen Wohlbefindens an, unter Placebo nur 4,3 Prozent. Außerdem besserte Lacosamid signifikant vorhandene Schlafstörungen. Keinen Effekt hatte die Substanz allerdings hinsichtlich vegetativer Symptome und der Lebensqualität, was die Studienautoren mit einer zu kurzen Studiendauer und der kleinen Patientenzahl erklären. Die Verträglichkeit und das Sicherheitsprofil der Substanz waren akzeptabel.

„Lacosamid ist derzeit nur in speziellen Fällen als Antiepileptikum zugelassen, nicht für die Behandlung neuropathischer Schmerzen“, berichtet Sommer. „Natürlich wünschen wir uns mehr Alternativen für Patienten, die derzeit mit den zugelassenen Medikamenten nicht oder nicht ausreichend behandelt werden können. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Studien folgen – vielleicht haben wir mit der Substanz dann eine vielversprechende Option in Aussicht.“

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (25.3.2019)

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