Schwangerschaftsdiabetes wird jetzt früher erkannt

Dank Screening
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Schwangerschaft und Diabetes
Schwangerschaft und Diabetes Fotolia/Reicher
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Diabeteserkrankungen in der Schwangerschaft werden einer aktuellen Studie zufolge in Deutschland jetzt früher erkannt. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) führt dies neben einer Reform der Mutterschaftsrichtlinien auch auf eine Leitlinie der Fachgesellschaft aus dem Jahr 2011 zurück.

Die Mutterschaftsrichtlinien schreiben zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine venöse Blutentnahme auf Schwangerschaftsdiabetes vor, den sogenannten Gestationdiabetes mellitus (GDM). Bei dem Screening trinkt die Schwangere zunächst im nicht-nüchternen Zustand 200 Milliliter Wasser mit 50 Gramm Traubenzucker, bevor eine Stunde später der Blutzucker im Venenblut bestimmt wird. Ist das Screening auffällig, muss zeitnah ein 75-Gramm-Diagnosetest über zwei Stunden im nicht-nüchternen Zustand folgen.

Gestationsdiabetes kann zu Komplikationen führen

„Gestationsdiabetes kann zu Komplikationen in der Schwangerschaft und bei Geburt führen, steigert das Risiko für Schwangerschaftshochdruck und fördert das übermäßige Wachstum des ungeborenen Kindes“, erläutert DDG Präsident Professor Dr. med. Baptist Gallwitz. Er erhöht außerdem bei Mutter wie Kind die Wahrscheinlichkeit, später dauerhaft an Diabetes zu erkranken. „Jede zweite Frau nach GDM entwickelt innerhalb von zehn Jahren einen Typ-2-Diabetes. Deshalb ist frühes Erkennen und Therapieren wichtig“, so Gallwitz.

Eine Untersuchung, die das Wissenschaftliche Institut der niedergelassenen Diabetologen (windiab) jetzt in der Fachzeitschrift „Diabetologie und Stoffwechsel“ veröffentlicht hat, zeigt: Die neue Mutterschaftsrichtlinie hat die Diagnostik des Schwangerschaftsdiabetes in wenigen Jahren verbessert. „Der Anteil der Erkrankungen, die bereits zwischen der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche erkannt werden, ist innerhalb von fünf Jahren von 27 auf 33 Prozent gestiegen“, berichtet Dr. med. Helmut Kleinwechter, der die Screening-Leitlinie der DDG maßgeblich mit erarbeitet hat.

Insgesamt 2.334 Schwangerschaften analysiert

Für die windiab-Studie wurden insgesamt 2.334 Schwangerschaften mit GDM in den Jahren 2009/2010 analysiert und den Daten von 4.640 Schwangerschaften mit GDM in 2013/2014 bereinigt gegenübergestellt. Einschränkend muss festgestellt werden, dass die erhobenen Daten weder die untersuchten Regionen noch Deutschland insgesamt repräsentieren. „Trotzdem ist es die beste bisher verfügbare Registeranalyse“, so Kleinwechter.

Die Studie zeigt aber auch, dass in diesem Zeitraum der Anteil übergewichtiger Frauen von 26 auf 28 und der Anteil adipöser Frauen von 32 auf 35 Prozent angewachsen ist – während der durchschnittliche Body-Mass-Index der Schwangeren in 2009/2010 noch bei 27,8 lag, belief er sich in 2013/14 auf 28,5. Zugleich stieg die Quote der Frauen, bei denen eine Insulintherapie begonnen wurde, von 34 auf 40 Prozent. „Eine ungewöhnlich hohe Insulinrate, die uns überrascht“, erklärt Kleinwechter. Zum Vergleich: International benötigen zwischen sieben und zwanzig Prozent der Schwangeren mit GDM Insulin. Die windiab-Daten belegen für Deutschland daher eine Übertherapie.

Ungünstige Trends für Mutter und Kind

Auf die Gesundheit von Mutter und Kind wirken sich diese Trends ungünstig aus. So fördert zu großzügiger Insulineinsatz unnötig die Kaiserschnittrate – die Geburtshelfer gehen bei einer Insulinbehandlung von einem schwereren Fall aus und beenden am errechneten Entbindungstermin die Schwangerschaft. „Es besteht also Schulungsbedarf für die teilnehmenden Diabetologen, die Insulintherapie auf die Fälle zu beschränken, die am ehesten davon profitieren“, betont Kleinwechter. Eine Adipositas vor der Schwangerschaft wiederum verdoppelt das Fehlbildungsrisiko. Zugleich stillen adipöse Mütter, insbesondere wenn sie aus sozial schwachen Milieus stammen, seltener und kürzer. „Damit vergeben sie auch die Chance, einem Diabetes vorzubeugen“, so Kleinwechter. Denn Stillen über die Dauer von mindestens drei Monaten mindert das spätere Diabetesrisiko um dreißig Prozent.

Prävention von Adipositas

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Prävention von Adipositas zunehmend an Bedeutung bei der Betreuung der Schwangeren. „Der Fokus muss ebenso sehr auf das Erreichen eines normalen Blutzuckers wie auf die Beschränkung der Gewichtszunahme gelegt werden“, fordert Gallwitz. Dafür sei eine konsequente Lebensstiländerung erforderlich, zu der Ernährungsumstellung, mehr körperliche Bewegung und Stillen gehörten. „Es ist an der Zeit, ein Präventionskonzept für junge Frauen mit Kinderwunsch zu entwickeln, das möglichst schon vor der Schwangerschaft in gynäkologischen Praxen und bei Hausärzten greift“, erläutert Gallwitz. Ziel müsse es sein, schon vor der Schwangerschaft das Körpergewicht zu normalisieren. „In der Schwangerschaft sollte eine drastische Gewichtsabnahme vermieden werden“, meint der DDG Präsident.

Für den GDM insgesamt gilt: Je früher Blutzuckerselbstkontrolle, Ernährungsumstellung, Bewegungsförderung und intensivere Beobachtung des Kindes mit Ultraschall und – wenn notwendig –Insulintherapie einsetzen, desto eher kann kindlichen Fehlentwicklungen und Fehlprogrammierungen entgegengewirkt werden.

Für Schwangere, die sich über die richtige Ernährung informieren möchten, stellt der Aid-Infodienst Materialien zur Verfügung. (idw, red)

Weiterführende Links:

Mutterschaftsrichtlinie

Leitlinie Gestationsdiabetes

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