SARS-CoV-2: Zwei interessante Meldungen des PEI

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Coronaviren (SARS-Cov-2)
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Coronaviren (SARS-Cov-2) NIAD National Institute of Allergy and Infectious Diseases
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Mit gleich zwei Meldungen zu Entwicklungen im Bereich der potenziellen Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 ließ das Paul-Ehrlich-Institut aufhorchen.

Auf der einen Seite wurde eine erste klinische Prüfung eines Peptid-Impfstoffs gegen COVID-19 in Deutschland genehmigt und auf der anderen Seite wurde ein Masernimpfvirus-basierter SARS-CoV-2-Impfstoff untersucht, der in Mäusen und Hamstern eine Immunantwort induziert. Damit stehen zwei weitere Impfstoffkandidaten auf dem Prüfstand.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, hatte am 25.11.2020 die erste klinische Prüfung der Phase 1 eines Peptid-Impfstoffs gegen COVID-19 in Deutschland genehmigt. Der Impfstoff stimuliert hochspezifisch die T-Zell-Antwort. Diese Zellen des Immunsystems erkennen und zerstören SARS-CoV-2-infizierte Zellen – ein wichtiges Komplementärsystem zur humoralen Immunantwort durch neutralisierende Antikörper. „Der Peptid-Impfstoff ergänzt das Portfolio der COVID-19-Impfstoffplattformen um einen weiteren vielversprechenden Ansatz“, betonte Professor Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

Basis abgeschwächtes Masernimpfvirus

Zudem haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Institut im Rahmen der Forschungsaktivitäten im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) Impfstoffkandidaten gegen COVID-19 untersucht. Sie basieren auf einem abgeschwächten und sehr gut verträglichen Masernimpfvirus (Vektorimpfstoff). Eine Variante zeigte eine gute Stabilität und führte bei Mäusen und Hamstern nach zweifacher Impfung zu hohen Antikörperspiegeln und einer guten zellulären T-Zell-Immunantwort, die mit einer guten Wirksamkeit gegen eine Infektion einherging. Dies unterstützt die weitere Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen auf Basis des abgeschwächten Masernimpfvirus.

Impfstoffkandidat der Universität Tübingen

Bei dem Impfstoffkandidaten der Universität Tübingen handelt es sich um einen Peptid-Impfstoff. Peptide sind kurze Protein-Bruchstücke. Verwendet werden zur Impfung Peptide aus verschieden Proteinen (u.a. Spike, Nukleokapsid) des SARS-Coronavirus-2, die im Fall einer Infektion auf der Oberfläche infizierter Zellen präsentiert, vom Immunsystem aufgrund der vorherigen Impfung sofort erkannt werden und somit die infizierten Zellen für die Elimination durch das Immunsystem markieren. Ein Prinzip, das bereits in der Onkologie, dort allerdings nicht zur Prävention, sondern zur Krebsimmuntherapie angewendet wird. Die Immunreaktion auf die Peptide im Impfstoff wird durch ein eigens an der Universität Tübingen entwickeltes Adjuvanz verstärkt und auch die Produktion des Wirkstoffes findet in Tübingen statt. Bei dem Adjuvanz handelt es sich laut PEI um Montanide ISA 51 VG. Eingesetzt werden Peptide, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Langzeitimmunität nach einer natürlichen SARS-CoV-2-Infektionen spielen.

Masernimpfviren dienen als Vektor

Beim zweiten Ansatz dienen die Masernimpfviren als Vektor. Sie werden als Transportmittel für Teile der genetischen Information eines anderen Erregers genutzt, um ausgesuchte Antigene in einigen wenigen Körperzellen dem Immunsystem zu präsentieren und damit einen maßgeschneiderten Impfschutz aufzubauen. Hierzu wird die genetische Information des Antigens in das Erbgut des Masernimpfvirus eingebaut. Dieses Modell eines Vektorimpfstoffs ist deswegen eine Impfstoffplattform, weil – einem Baukasten vergleichbar – je nach Erreger, gegen den eine schützende Immunantwort erzeugt werden soll, die passende genetische Information in das Impfvirus integriert wird.

Aktuell hat das Forschungsteam die Eignung der Plattform als Basis auch für Impfstoffkandidaten gegen das SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom)-Coronavirus SARS-CoV-2 untersucht. In die Masernimpfviren bauten sie die genetische Information des SARS-CoV-2-Spike-Glykoproteins (S), Antigen des SARS-CoV-2, ein. Dieses Antigen ist die Zielstruktur neutralisierender Antikörper. Die genetische Information des S-Protein-Gens wurde in voller Länge alternativ an zwei verschiedenen Genompositionen in das Erbgut des Masernimpfvirus integriert. Eine der beiden Masernimpfvirusvarianten erwies sich als sehr stabil bei der Vermehrung über mehrere Virusgenerationen hinweg. Nach der Impfung von Mäusen und Goldhamstern löste das Impfvirus eine Antikörperbildung aus, die mit der Antikörperbildung bei infizierten und dann genesenen Patienten vergleichbar war und führte zudem zu einer deutlichen und breiten zellulären Immunantwort. Diese Immunantworten senkten in immunisierten Tieren die Viruslast in den oberen und unteren Atemwegen um mindestens 90 Prozent. Infizierte oder geimpfte Mäuse entwickelten keine erkennbaren COVID-19-Krankheitssymptome, so dass die Wirksamkeit der Impfung über die Senkung der Viruslast ermittelt wurde. Geimpfte Goldhamster waren durch die Impfung vor einem schweren Verlauf der symptomatischen Infektion geschützt.

Die Immunantwort zeigte zudem eine Ausprägung in Richtung des sogenannten Th1-Typs. Nicht nur die gute und wirksame Immunantwort insgesamt, sondern auch diese Ausrichtung in Richtung des erwünschten Th1-Subtyps macht die Masernimpfvirus-Impfstoffplattform attraktiv für die Entwicklung wirksamer und sicherer COVID-19-Impfstoffe. Ein positiver Begleiteffekt: Eine Immunantwort wurde nicht nur gegen das Coronavirus-2, sondern gleichzeitig auch gegen Masernviren induziert. Die Daten weisen also darauf hin, dass sich mit diesem Impfstoff ein Impfschutz sowohl gegen COVID-19 als auch gegen Masern erzeugen lassen könnte. Insbesondere in Ländern, die angesichts der COVID-19-Pandemie routinemäßige Impfkampagnen einstellen mussten, könnte ein solcher Impfstoff von Vorteil sein, um der Gefahr einer erneuten Zunahme der Maserninfektionen vorzubeugen. Die Masern sind weiter weltweit ein großes Problem: Die Anzahl der Todesfälle durch Masern ist zwischen 2016 und 2019 um 50 Prozent angestiegen, berichtete die Weltgesundheitsorganisation WHO im November 2020.

„Die bisherigen Ergebnisse sprechen dafür, dass die Masernimpfvirus-Plattform gut geeignet sein könnte, um wirksame Impfstoffe für einen gleichzeitigen Schutz gegen COVID-19 und gegen die Masern zu entwickeln. Vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem Masernimpfvirus sind wir zudem sehr optimistisch im Hinblick auf die Sicherheit und Verträglichkeit dieser Impfstoffe“, erläuterte PD Dr. Michael Mühlebach die Bedeutung der Ergebnisse.

Literatur:

Hörner C, Schürmann C, Auste A, Ebenig A, Muraleedharan S, Dinnon KH, Scholz T, Herrmann M, Schnierle BS, Baric RS, Mühlebach MD (2020): A highly immunogenic and effective measles virus-based Th1-biased COVID-19 vaccine. DOI: doi.org/10.1073/pnas.2014468117.

Quelle: PEI

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