SARS-CoV-2: Schutzwirkung von Antikörpern bei B.1.617 eingeschränkt

Delta-Ausgangsvariante untersucht
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Spike Protein
Das Spike Protein auf der Oberfläche von SARS-CoV-2 Virionen ist für den Eintritt in Zielzellen verantwortlich. Darüber hinaus stellt es das Hauptziel von neutralisierenden Antikörpern dar, welche nach Infektion oder Impfung gebildet werden. Markus Hoffmann Deutsches Primatenzentrum
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Eine Studie mit Zellkulturen hat gezeigt, dass die indische Mutante weniger gut durch Antikörper gehemmt wird. Dies könnte dazu führen, dass unvollständig geimpfte Personen sowie Personen mit abnehmendem Immunschutz einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

SARS-CoV-2 stellt die Menschheit immer noch vor große Herausforderungen. Die häufige Entstehung von Mutanten macht die Bedrohung durch das Virus schwer vorhersehbar. Die SARS-CoV-2-Variante B.1.617 hat sich in Indien ausgebreitet und die Delta-Variante, B.1.617.2, hervorgebracht, die nun in vielen Ländern auf dem Vormarsch ist. Infektionsforscher/-innen vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen haben die bisher weniger bekannte Ausgangsvariante B.1.617 genauer untersucht. In Zellkulturstudien haben sie herausgefunden, dass die Virusvariante bestimmte Lungen- und Darmzelllinien besser infizieren kann als das Ursprungsvirus. Außerdem konnten die Forscher nachweisen, dass B.1.617 von Antikörpern aus dem Blut von genesenen oder geimpften Personen sowie durch einen therapeutischen Antikörper weniger gut gehemmt wird. Das könnte dazu führen, dass sich B.1.617 und seine Subtypen zukünftig schnell ausbreiten und dass unvollständig geimpfte Personen sowie Personen mit abnehmendem Immunschutz einem im Vergleich zu anderen, aktuell zirkulierenden, Virusvarianten erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

B.1.617-Variante trägt acht verschiedene Mutationen im Spike-Protein

Das Spike-Protein wird in die Hülle von SARS-CoV-2 eingebaut und vermittelt den Eintritt des Virus in Wirtszellen. Nur so kann sich das Virus im Körper vermehren. Die derzeit bekannten Virusvarianten weisen allesamt verschiedene Mutationen im Spike-Protein auf, die es ihnen teilweise erleichtern, Wirtszellen zu infizieren und sich der Kontrolle durch das Immunsystem infizierter Personen zu entziehen. Die B.1.617-Variante trägt acht verschiedene Mutationen im Spike-Protein, darunter zwei innerhalb der Rezeptorbindedomäne, die für die Anheftung von Viren an Zellen essentiell ist und das Hauptziel von neutralisierenden Antikörpern darstellt.

Auswirkungen die Mutationen

Ein Team um Markus Hoffmann und Stefan Pöhlmann, Infektionsforscher am Deutschen Primatenzentrum, sowie Wissenschaftler/-innen des Universitätsklinikums Göttingen, der Universität Erlangen und der Medizinischen Hochschule Hannover, hat nun untersucht, welche Auswirkungen die Mutationen auf die Fähigkeit der B.1.617-Variante haben, in Wirtszellen einzudringen und wie effizient die Antikörperantwort in Geimpften und Genesenen diese Variante hemmt.

Zunächst analysierten die Forscher den Wirtszelleintritt der B.1.617-Variante in verschiedene menschliche Zelllinien. Bei zwei Zelllinien, die aus Lungen- und Darmgewebe stammten, konnten die sie eine um 50 Prozent erhöhte Eintrittseffizienz des Virus nachweisen.

Außerdem untersuchten die Forschenden die Wirksamkeit vier verschiedener therapeutischer Antikörper, die für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten zugelassen wurden. Dabei stellte sich heraus, dass die B.1.617-Variante gegen einen dieser Antikörper vollkommen resistent war und von einem weiteren Antikörper etwas schlechter gehemmt wurde.

Als dritten Schritt überprüften die Wissenschaftler/-innen die Wirksamkeit von Antikörpern aus dem Blut genesener und geimpfter Personen. Hier konnten sie eine zwei- bis dreifach reduzierte Schutzwirkung gegen die B.1.617-Variante feststellen.

Schutzwirkung von Antikörpern eingeschränkt

„Unsere Studie deutet darauf hin, dass die Virusvariante durch ihre Mutationen Lungen- und Darmzellen effizienter infizieren kann und daher vermutlich eine höhere Fitness aufweist“, fasst Markus Hoffmann, Erstautor der Studie, die Ergebnisse zusammen. „Außerdem ist die Schutzwirkung von Antikörpern eingeschränkt, da diese den Zelleintritt von B.1.617 schwächer blockieren als den des Ursprungsvirus. Unvollständig geimpfte Personen und Personen mit länger zurückliegender Infektion, die nur noch geringe Mengen an Antikörpern produzieren, haben daher wahrscheinlich nur einen geringen Schutz vor einer Infektion mit der B.1.617-Variante.

Ausbreitung von B.1.617 verhindern

Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am DPZ ergänzt: „Es ist ratsam, rasch alle impfwilligen Personen mit den vorhandenen Impfstoffen vollständig zu immunisieren, um dadurch eine weitere Ausbreitung der B.1.617-Variante, insbesondere ihres Subtyps Delta, zu verhindern und der Entstehung neuer Virusvarianten vorzubeugen. Außerdem muss untersucht werden, ob Auffrischungsimpfungen mit bestehenden oder optimierten, auf die aktuellen Varianten ausgerichteten, Impfstoffen einen langanhaltenden und breiten Schutz bieten.“

Literatur:

Hoffmann M, Hofmann-Winkler H, Krüger N, et al. (2021): SARS-CoV-2 variant B.1.617 is resistant to Bamlanivimab and evades antibodies induced by infection and vaccination. Cell Reports. DOI: doi.org/10.1016/j.celrep.2021.109415


Quelle: idw/Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung

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