REM-Schlaf-Verhaltensstörung und Parkinson

Für Betroffene oft ein Tabuthema
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REM-Schlaf-Verhaltensstörung
Die RBD ist für Betroffene oft ein Tabuthema © 9nong - stock.adobe.com
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Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (engl. abgekürzt RBD) ist durch lebhafte Träume und körperliche Aktivität im Traumschlaf gekennzeichnet: Die Betroffenen schreien, treten oder schlagen um sich im Schlaf. Oft schämen sie sich und gehen nicht zum Arzt. Gibt es einen Zusammenhang zu Parkinson?

Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (engl. „REM sleep behaviour disorder“ - RBD) wird laut der Internationalen „Classification of Sleep Disorders“ (ICSD) den sogenannten Parasomnien zugeteilt. Darunter versteht man Schlafstörungen mit störenden Begleitsymptomen. Der REM-Schlaf, oder auch Traumschlaf, wechselt sich mit dem Non-REM-Schlaf (Leicht- und Tiefschlaf) mehrmals pro Nacht ab und ist durch die schnellen Augenbewegungen („rapid eye movements - REM“) bei geschlossenen Augenlidern charakterisiert. Während der REM-Schlafphase herrscht im Gehirn eine erhöhte Durchblutung und Stoffwechselaktivität, die Atem- und Herzfrequenzen steigen an, die Muskulatur ist aber in einem vollständigen Ruhezustand. In dieser Schlafphase träumen wir. Bei Betroffenen, die unter der RBD leiden, kommt es in dieser REM-Schlafphase zu heftigen Träumen, die sie – im Gegensatz zu „normal Träumenden“ – auch körperlich durchleben und „aktiv“ werden lassen. Nicht selten schreien die Betroffenen laut, sie treten oder schlagen unkontrolliert um sich, kratzen oder beißen, in einigen Fällen kann es sogar zu Selbstverletzungen oder Verletzungen des Partners kommen.

Für Betroffene oft ein Tabuthema

„Die RBD ist für Betroffene oft ein Tabuthema. Sie schämen sich und haben Sorge, als aggressiv oder unbeherrscht eingestuft zu werden. Ihnen – und oft auch dem Partner – ist nicht klar, dass eine Krankheit ursächlich für die nächtliche Aktivität ist“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Oertel von der Universität Marburg. „Es ist wichtig, diese Tabus abzubauen und allgemein bekannt zu machen, dass es sich bei der RBD um ein Vorzeichen einer Erkrankung handelt. Betroffene sollten sich ihrem Hausarzt anvertrauen, der sie bei Bedarf an einen Neurologen überweist, denn die RBD ist behandelbar.“

Medikamentöse Therapie

Allerdings kann eine medikamentöse Therapie die Lebens-und Schlafqualität vieler Patienten verbessern. Zum Einsatz kommen beispielsweise Clonazepam, eine Substanz, die vor allem bei Epilepsie eingesetzt wird (auch wenn RBD keine epileptische Erkrankung ist!), und Melatonin, ein Hormon, das den Wach-Schlaf-Rhythmus steuert. Aber selbst, wenn die medikamentöse Therapie nicht anschlägt, kann für viele Betroffene allein die Diagnose ein Segen sein. „Ihnen fällt ein Stein vom Herzen, wenn sie erfahren, dass ihr Leiden eine echte Erkrankung ist, sie nicht ‚unnormal‘ sind oder gar Sorge haben müssen, verrückt zu werden,“ so Prof. Oertel.

Risikofaktor zur Entwicklung eines Parkinson-Syndroms?

Ein weiterer wichtiger Grund, warum eine rechtzeitige Diagnose wichtig ist: Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung wurde als ein Risikofaktor zur Entwicklung eines Parkinson-Syndroms eingestuft. Es ist mittlerweile bekannt, dass 80% aller Betroffenen mit einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung in den folgenden 15 Jahren an einer sogenannten alpha-Synukleinopathie erkranken werden. In dieser Erkrankungsgruppe stellt die Parkinson-Krankheit die häufigste Krankheit dar. „Was für die Betroffenen zunächst wie eine Hiobsbotschaft klingt, denn eine Parkinson-Erkrankung ist auch heute noch nicht heilbar, hat zumindest einen positiven Aspekt: Durch die RBD erhalten Betroffene die Möglichkeit, sich mit der drohenden Parkinson-Erkrankung auseinanderzusetzen und frühzeitig mit einer Therapie zu beginnen. Darüber hinaus können die von der RBD Betroffenen hoffen, dass laufende Forschungsanstrengungen neue Therapie-Verfahren finden und entwickeln, die das Fortschreiten einer Parkinson-Krankheit verlangsamen“, so der Experte.

Zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung

Die Parkinson-Krankheit ist weltweit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die hierbei zu beobachtenden Störungen des Bewegungsablaufes lassen sich auf den Untergang dopaminerger Neurone der Substantia nigra im Mittelhirn zurückführen. Prinzipiell ist der Teil des Mittelhirns an der Ausgestaltung von Bewegungsabläufen beteiligt, was die typischen Parkinson-Symptome erklärt. Durch die Erkrankung kommt es im Verlauf zu einer Bewegungsarmut bis hin zur vollständigen Bewegungslosigkeit (Akinese), zur versteiften Muskulatur (Rigor) und dem Zittern von Armen und Beinen in Ruhe (Tremor).

Parkinson-Frühtest möglich?

Der Zusammenhang zwischen RBD und der Parkinson-Krankheit wird derzeit intensiv beforscht. Prof. Oertel und sein Team gehen der Frage nach, welche der RBD-Patienten zu den mehr als zwei Dritteln mit dieser Traum-Schlafstörung gehören, die auf eine Parkinson-Erkrankung zusteuern. Mit der sogenannten Fluoro-Desoxy-Glukose- (FDG-) PET-Technik haben sie den Energieverbrauch des Gehirns genau gemessen. Es stellte sich heraus, dass Parkinson-Patienten ein typisches Muster von Abweichungen des Energiehaushaltes im Gehirn zeigen. „Bei zwei Drittel von 25 untersuchten RBD-Patienten haben wir festgestellt, dass dieses Parkinson-Muster bereits im Vorstadium der Parkinson-Krankheit anwesend ist. Nun gilt es zu klären, ob das Muster tatsächlich für eine valide Vorhersage der Parkinson-Krankheit herangezogen werden kann, also ob es tatsächlich auch diejenigen RBD-Patienten mit dem typischen Parkinson-Muster sind, die an der Parkinson-Krankheit erkranken werden, und ob umgekehrt die RBD-Patienten ohne Parkinson-Muster gesund bleiben“, erklärt der Marburger Neurologe und Past-Präsident der DGN. „Wenn das der Fall ist, haben wir einen Parkinson-Frühtest für Menschen, die unter RBD leiden.“ Das wichtige Forschungsprojekt wird vom ParkinsonFonds Deutschland gefördert. Die ersten Ergebnisse dieser Verlaufsstudie werden 2020 erwartet.

Für Betroffene und Angehörige ist der Verein REM-Schlafstörung e.V. eine wichtige Anlaufstelle. Auf der Internetseite http://www.rem-schlafverhaltensstoerung.de/ findet man zahlreiche Informationen und u.a. einen RBD-Selbsttest.

Quelle: idw/Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

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