Rekonstruktion mittels Genomanalyse

Mycobacterium chimaera-Ausbruch
mg
Genomsequenzierung
Prof. Stefan Niemann vom FZB bei der Vorbereitung für die Genomsequenzierung © DZIF/scienceRelations
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Mittels der Genomanalyse konnten Wissenschaftler eines europäischen Konsortiums den weltweiten Ausbruch von Mycobacterium chimaera-Bakterien rekonstruieren. Sie fanden heraus, dass die wahrscheinliche Quelle einer Infektion mit M. chimaera-Bakterien in der Intensivmedizin eingesetzte Hypothermiegeräte waren.

21 Patienten aus der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und zwölf Patienten in den USA und Australien erkrankten an diesem Bakterienstamm. DZIF-Wissenschaftler am Forschungszentrum Borstel und Wissenschaftler des Universitätsspitals Zürich haben die Studie geleitet. „Die Ansteckung mit Mycobacterium chimaera erfolgte wahrscheinlich im Rahmen von herzchirurgischen Eingriffen, bei denen die Hypothermiegeräte zur Regulierung der Bluttemperatur eingesetzt wurden“, erklärt Prof. Stefan Niemann, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare und Experimentelle Mykobakteriologie am Forschungszentrum Borstel und Koordinator des Forschungsbereichs „Tuberkulose“ im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).

Mithilfe der Genomsequenz wollten die Wissenschaftler nun den Infektionsweg von der Kontamination der Geräte bis zum Patienten liefern. Dieser fehlte bisher, obwohl man schon länger kontaminierte Hypothermiegeräte als Bakterienquelle ausgemacht hatte. Zur Klärung des Infektionswegs wurden 250 M. chimaera-Proben mittels Genomsequenzierung untersucht (darunter Herzpatienten, Temperaturregulierungsgeräte, Trinkwasserspender, Hypothermiegeräte und weitere Medizinprodukte). Des Weiteren wurden M. chimaera-Stämme von Patienten ohne Herzoperation aus der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien einbezogen.

M. chimaera gehört zu den sogenannten nicht-tuberkulösen Mykobakterien, es kommt in natürlichen Wasserreservoirs vor und ist normalerweise harmlos. Bei immungeschwächten Patienten und solchen mit einer bestimmten Vorerkrankung können die Bakterien, insbesondere in der Lunge, Infektionen hervorrufen. Studien aus den Jahren 2013-2015 zeigten, dass M. chimaera ebenfalls Entzündungen der künstlichen Herzklappe verursachen kann, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Infektion mittels verunreinigter Hypothermiegeräte während einer Operation am offenen Herzen.

Hinweise zum Infektionsweg

Die aktuelle Studie zeigte, dass die Proben der infizierten Patienten und aus den meisten Proben der Hypothermiegeräte eine sehr große Ähnlichkeit aufweisen. Dies deutet stark auf die Geräte als gemeinsame Infektionsquelle. „Unsere Untersuchungen legen nahe, dass der weltweite M. chimaera-Ausbruch höchstwahrscheinlich einer Quelle zuzuordnen ist“, fasst Niemann die Ergebnisse zusammen. Prof. Hugo Sax vom Universitätsspital Zürich fügt hinzu: „Die Studie zeigte aber auch, dass mindestens ein Patient möglicherweise durch eine lokale Verunreinigung im Krankenhaus infiziert wurde. Operationssäle sollten deswegen frei von unkontrollierten Wasserquellen sein, um das generelle Infektionsrisiko zu minimieren.“

Die Ergebnisse liefern entscheidende Hinweise zu Zeitpunkt und Ursache der Kontamination von Hypothermiegeräten und potentiellen Übertragungswegen. Die Studie zeigt auch, dass Genomanalysen essenzielle Informationen liefern, um die Ausbreitungsmechanismen besser zu verstehen und effektive Kontrollmaßnahmen zu etablieren. Generell ist eine Infektion mit M. chimaera sehr selten (ein Patient von 5.000 infiziert sich in Großbritannien während eines herzchirurgischen Eingriffs), sie kann jedoch tödlich verlaufen. Seit 2013 wurden 100 Fälle einer solchen Infektion in der EU, den USA und Australien gemeldet. Aufgrund dieser Gefährdung haben viele Länder spezielle Richtlinien für die Verringerung des Infektionsrisikos.(idw, red)

Literatur:

Jakko van Ingen, et al.: Global outbreak of severe Mycobacterium chimaera disease after cardiac surgery: a molecular epidemiological study. Lancet Infect Dis 2017. Published Online July 12, 2017, DOI: 10.1016/S1473-3099(17)30324-9.

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