Psychisches Trauma: Schutzfaktor entdeckt

Posttraumatische Belastungsstörung
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Schädel von Opfern des Völkermordes
Schädel von Opfern des Völkermordes in der Gedenkstätte von Nyamata (2007) I, Inisheer, CC BY-SA 3.0, wikimedia
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Forscher/-innen der Uni Basel haben herausgefunden, dass die körpereigene Regulation eines bestimmten Gens mit einem verminderten Risiko einhergeht, nach einem schrecklichen Erlebnis an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken. Insbesondere seien traumatische Erinnerungen an das Erlebnis weniger stark ausgeprägt.

Traumatische Erlebnisse wie ein Unfall, eine Vergewaltigung oder Folter können sich tief ins Gedächtnis eingraben und selbst Jahre danach Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung verursachen. Das Stresshormon Cortisol spielt in der Regulation dieser Gedächtnisprozesse eine wichtige Rolle. Dies haben unter anderem Studien aus dem Forschungsteam von Prof. Dr. Dominique de Quervain von der Universität Basel gezeigt.

DNA-Methylierung untersucht

In der aktuellen Arbeit warfen die Forschenden um de Quervain einen genaueren Blick auf die Gene, welche an der Signalübertragung von Cortisol beteiligt sind. Sie bestimmten, wie stark diese Gene chemisch, durch sogenannte Methylgruppen am Erbgutmolekül DNA, reguliert werden. Vanja Vucojevic, einer der Erstautoren der Studie, untersuchte diese DNA-Methylierung bei zwei Gruppen von Trauma-Betroffenen, nämlich 463 Überlebenden des Bürgerkriegs in Uganda und 350 Überlebenden des Völkermords in Ruanda.

Geringeres Risiko bei stärkerer Regulation des Gens NTRK2

In beiden Gruppen hatten jene Personen, die eine stärkere Regulation des Gens NTRK2 aufwiesen, ein geringeres Risiko, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken. Dass umgekehrt das Trauma selbst zu einer veränderten Regulation dieses Gens führt, konnten die Forschenden mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen: Es fand sich kein Zusammenhang zwischen der Schwere des Traumas und der Ausprägung der DNA-Methylierung, was darauf hindeutet, dass letztere bereits vor dem Trauma bestand.

Weniger traumatische Erinnerungen

Mehrere Grundlagenstudien hatten bereits gezeigt, dass das NTRK2-Gen bei der Gedächtnisbildung eine wichtige Rolle spielt. Tatsächlich hatten in der aktuellen Studie Personen mit einer stärkeren Regulation dieses Gens weniger traumatische Erinnerungen. Zudem fanden die Forschenden, dass der Regulationsmechanismus – also die DNA-Methylierung am NTRK2-Gen – auch bei einer Kontrollgruppe aus 568 nicht-traumatisierten Personen mit dem Gedächtnis zusammenhängt. So konnten sich Personen mit stärkerer Methylierung dieses Gens schlechter an zuvor gesehene Bilder erinnern. Zudem zeigten sie während der Gedächtnistests eine veränderte Hirnaktivität in den für das Erinnern wichtigen Regionen.

Entwicklung neuer Therapien?

Die Ergebnisse legen nahe, dass eine vermehrte Regulation des NTRK2-Gens die Gedächtnisbildung vermindert. Dadurch graben sich schreckliche Erlebnisse weniger stark ins Gedächtnis ein und damit sinke das Risiko, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken. Die Forscher/-innen hoffen, dass der entdeckte Mechanismus zur Entwicklung neuer Therapien beiträgt. Diese könnten auch bei einer bereits bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung nützlich sein, indem sie verhindern, dass die wiederkehrenden schrecklichen Erinnerungen das traumatische Gedächtnis weiter zementieren.

Die aktuelle Studie ist Teil des Basler Genetik-Gedächtnis-Projekts der transfakultären Forschungsplattform Molecular and Cognitive Neurosciences, welche von Prof. Andreas Papassotiropoulos und Prof. Dominique de Quervain geleitet wird. Ziel ist eine möglichst rasche Überführung von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung in klinische Projekte.

Literatur:

Vanja Vukojevic, David Coynel, Navid Reza Ghaffari, Virginie Freytag, Thomas Elbert, Iris-Tatjana Kolassa, Sarah Wilkeri, James L. McGaugh, Andreas Papassotiropoulos, and Dominique J.-F. de Quervain: NTRK2 methylation is related to reduced PTSD risk in two African cohorts of trauma survivors. PNAS (2020), DOI: 10.1073/pnas.2008415117.

Quelle: idw/Universität Basel

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