Neugeborenenscreening für schwere kombinierte Immundefekte wirkt

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Neugeborenenscreening für schwere kombinierte Immundefekte bevis - photostock.adobe
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Das im August 2019 bundesweit eingeführte Neugeborenenscreening auf schwere kombinierte Immundefekte hat offenbar die Erwartungen erfüllt. So konnten beispielsweise am Universitätsklinikum Freiburg bereits drei kleine Patienten frühzeitig behandelt werden.

Schon fünf Monate nach dem Start des Neugeborenenscreenings auf schwere kombinierte Immundefekte (SCID) sehen Experten dessen Einführung sehr positiv. Es ist nun Bestandteil des Neugeborenenscreenings, das bei allen Kindern am dritten Lebenstag durchgeführt wird. Am Einführungsprozess war ein Experte des Universitätsklinikums Freiburg maßgeblich beteiligt. Während die Erkrankung unbehandelt zu schweren Infektionen und sogar zum Tod führen kann, sind bei Behandlung vor Auftreten der Beschwerden 90 Prozent der Betroffenen heilbar. Seit Einführung des Screenings konnten in Freiburg bereits drei Kinder behandelt werden, noch bevor die Folgen des Immundefekts auftraten.

Helfen, bevor die Krankheit ausbricht

„Ich freue mich sehr, dass sich die zehn Jahre Arbeit bis zur Einführung des Screenings gelohnt haben“, sagt Privatdozent Dr. Carsten Speckmann, Oberarzt an der Abteilung für Pädiatrische Immunologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Freiburg und Wissenschaftler am Centrum für Chronische Immundefizienz (CCI) des Universitätsklinikums Freiburg. „Betroffene Kinder zeigen bei Geburt noch keine Krankheitszeichen und sind von gesunden Säuglingen in der Routineuntersuchung beim Kinderarzt nicht zu unterscheiden. Mit dem Screening haben wir jetzt die Möglichkeit, den Kindern zu helfen, bevor die Krankheit ausbricht“, sagt Speckmann.

Ungefähr 20 verschiedene genetische Faktoren

Bei SCID handelt es sich um die schwerste Form von angeborener Abwehrschwäche. Ungefähr 20 verschiedene genetische Faktoren sind bekannt, die einen Mangel sogenannter T-Lymphozyten begünstigen und so zu der Erkrankung führen können. Erste Symptome sind schwere Infektionen, vor allem Lungenentzündungen und Durchfälle mit fehlender Gewichtszunahme und manchmal auch lebensbedrohliche Autoimmunreaktionen. Diese Krankheitszeichen treten in den ersten Lebensmonaten auf. Unbehandelt führt die SCID-Erkrankung in den ersten beiden Lebensjahren oft zum Tod.

Etwa 30 betroffene Kinder jährlich

Das Neugeborenenscreening auf SCID ermöglicht nun, diese Erkrankungen bereits kurz nach der Geburt zu erkennen. „Die meisten betroffenen Kinder können mit einer Knochenmarktransplantation geheilt werden. Entscheidend ist, dass sie möglichst vor Ausbruch der Erkrankung behandelt werden. Dadurch kann das langfristige Überleben von jungen SCID-Patienten von 50 Prozent auf mehr als 90 Prozent gesteigert werden“, sagt Speckmann, der am politischen Prozess der Einführung eines SCID-Neugeborenenscreenings in Deutschland maßgeblich beteiligt war. Bundesweit werden zukünftig rund 800.000 Kinder pro Jahr auf SCID untersucht. Schätzungen gehen von bis zu 30 betroffenen Kindern jährlich aus.

Bereits drei Kinder in Freiburg behandelt

Am Universitätsklinikum Freiburg konnten dank des Screenings bereits drei Kinder am CCI diagnostiziert und am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin behandelt werden. „Es ist eine völlig neue Herangehensweise, wenn man Eltern augenscheinlich gesunder Kinder so eine schwerwiegende Diagnose mitteilen muss“, sagt Speckmann. „Gleichzeitig ist es schön zu wissen, dass wir den meisten von ihnen helfen können.“ Der Plan für eine Transplantation wird für jeden Patienten individuell festgelegt. Die aktuell in Freiburg diagnostizierten Kinder konnten in den ersten acht Lebenswochen behandelt werden, zwei von ihnen konnten bereits nach Hause entlassen werden. „Wie gut sich das Immunsystem der Patienten entwickelt, werden wir erst in ein paar Monaten abschließend sehen. Mit der frühen Therapie sind die Aussichten auf eine vollständige Heilung sehr gut“, sagt Speckmann.

An der Einführung des SCID-Neugeborenenscreenings in Deutschland waren vor allem die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Immunologie, die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und die Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening beteiligt. „Wir sind froh, dass wir den Kindern und Familien eine gute Perspektive bieten können, trotz dieser schweren Erkrankung“, sagt Speckmann.


Quelle: idw/Universitätsklinikum Freiburg

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