Neuer Studiengang an der BA Sachsen

Interview mit Professor Gembris und MTRA Marie-Christine Raithel
Die Fragen stellte Ludwig Zahn.
Neuer Studiengang an der BA Sachsen
Staatliche Studienakademie Dresden © Stephan Floss
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An der Berufsakademie Sachsen soll ein neuer Bachelorstudiengang zu bildgebenden und strahlentherapeutischen Techniken eingeführt werden.

Wir haben Professor Dr. Daniel Gembris und Marie-Christine Raithel  zum neuen Angebot befragt. Der promovierte Physiker Gembris wurde im November 2017 zum Professor ernannt und ist seit 2015 als Dozent für Mathematik und naturwissenschaftliche Grundlagen an der BA Dresden tätig. Raithel arbeitet als ausgebildete MTRA seit einem Jahr in der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden. Sie interessiert sich für die neue akademische Ausbildung.

Herr Professor Gembris, Sie planen an der BA Sachsen einen Studiengang für MTRA mit dem Titel „Bildgebende und strahlentherapeutische Techniken“, wie weit sind die Vorbereitungen und können Sie unseren Leserinnen und Lesern das geplante Konzept kurz vorstellen?

Gembris: Der neue Studiengang – der erste seiner Art an einer staatlichen Einrichtung in Deutschland – hat schon verschiedene Hürden genommen. Im Moment bereiten wir die Akkreditierung vor. Der Studiengang weist verschiedene Besonderheiten auf: Er ist nicht nur dual, wie alle Studiengänge der Berufsakademie Sachsen, sondern auch ausbildungsintegrierend und einer der ersten gemeinsamen verschiedener BA-Standorte. Zudem ist er mit dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus sowie der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden verknüpft.

Die Grundidee des Studiums: Im Rahmen der Lissabon-Vereinbarung lassen sich aus der beruflichen Ausbildung bis zu 90 ECTS-Punkte für ein Studium anerkennen, in unserem Fall sollen es aber nur rund 70 sein. Die stärker physikalisch-technisch orientierten Inhalte werden an der BA, und die biologischen beziehungsweise medizinischen an der jeweiligen Medizinischen Berufsfachschule (MedBfs) und dem in Dresden ansässigen und zur Medizinischen Fakultät der TU gehörenden „Nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay“, so die offizielle Bezeichnung, vermittelt. Die Entwicklung des Studiengangs erfolgt in intensiver und fruchtbarer Zusammenarbeit mit der Medizinischen Berufsfachschule in Dresden-Friedrichstadt und dem OncoRay, von dem die Initiative ausging.

Prof. Dr. Daniel Gembris | © BA Sachsen – Staatliche Studienakademie Dresden

Können Sie die Inhalte noch etwas präzisieren?

Gembris: In den ersten zwei Jahren des Studiums ist pro Semester jeweils nur ein Modul vorgesehen: mathematische und physikalische Grundlagen, Grundlagen der medizinischen Signal- und Bildverarbeitung sowie medizinische Strahlenphysik. Das Studium läuft zumindest vom Stundenumfang her bis zum Abschluss der Ausbildung zunächst auf „Sparflamme“, um eine gute Vereinbarkeit mit verschiedenen MTRA-Ausbildungsgängen zu vereinbaren. In den höheren Semestern folgen Module zu medizinischer Informatik, Physik und Technologie von Bildgebung und therapeutischer Strahlenanwendung, Strahlenbiologie, Strahlenschutz, Messtechnik, Qualitätssicherung, Finanzierung, Fachenglisch, Projektmanagement und Recht. Im siebten Semester können sich die Studierenden dann zwischen den Themengebieten Partikeltherapie und Sonografie entscheiden, die durch Vorlesungen und Übungen vermittelt werden. Hinzu kommen die BA-typischen Praxissemester, in denen das erworbene Theoriewissen in der Praxis angewendet wird.

Wie lang soll das Studium dauern?

Gembris: Das eigentliche Studium dauert 3,5 Jahre; da die Ausbildung aber bereits ein Jahr vor Studienbeginn anfängt, beträgt die effektive Studiendauer 4,5 Jahre.

Wie sieht es mit der Akkreditierung aus? Wer übernimmt diese?

Gembris: Wir haben uns für die Akkreditierungsagentur ASIIN (Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik e. V.) entschieden, weil diese bereits die technischen Studiengänge am BA-Standort Dresden akkreditiert hat.

Welche Voraussetzungen müssen Interessenten erfüllen?

Gembris: Interessenten sollten Gefallen am Umgang sowohl mit Patienten als auch mit modernster Technik finden. Formale Voraussetzung sind das Abitur und ein Ausbildungsvertrag mit einem Praxispartner, in der Regel einer Klinik oder einer radiologischen Praxis.

Falls es schon Interessenten gibt, aus welchen Bereichen kommen diese und wie sieht die Zielgruppe des Studiengangs aus?

Gembris: Wir wenden uns zunächst primär an Abiturienten. Das Studium steht künftig aber auch ausgebildeten MTRA mit Abitur offen.

Frau Raithel, was hat Sie bewogen, den neuen Studiengang „Bildgebende und strahlentherapeutische Techniken“ an der BA Sachsen ins Auge zu fassen?

Raithel: Ich habe 2017 meinen Abschluss als MTRA an der MedBfs Dresden gemacht und arbeite nun seit einem Jahr in der Strahlentherapie am UKD. Die stetige medizinische und technische Weiterentwicklung bezüglich der Tumortherapie beeindruckte mich schon zu Ausbildungszeiten sehr. Derzeit arbeite ich in der täglichen Bestrahlungsroutine und stelle fest, dass mein Aufgabengebiet immer umfangreicher wird. Ich übernehme einige Tätigkeiten, wie zum Beispiel Konturieren, Verifikationsaufnahmen betrachten und auswerten, diagnostische CT und MRTs für Strahlentherapieplanung in meinem Rahmen beurteilen und für die Bestrahlungsplanung in die entsprechende Software hochladen. Daher möchte ich die Möglichkeit nutzen, mich in dem Gebiet der Bildgebung und vor allem der Strahlenphysik weiterzuentwickeln und persönlich fortzubilden.

Marie-Christine Raithel | © Uniklinikum Dresden

Was versprechen Sie sich konkret vom Studium?

Raithel: Das Studium umfasst nicht nur einen erweiterten medizinischen Teil der Strahlentherapie und Diagnostik, sondern auch eine technische, physikalische und akademische Ausbildung. Daher verspreche ich mir, dass ich meinen derzeitigen Kenntnisstand erweitern kann und neues Wissen aus anderen Fachrichtungen, wie zum Beispiel medizinische Physik, erlernen kann.

Haben Sie schon eine konkrete Stelle im Blick, die Sie nach dem Studium anstreben beziehungsweise welche zusätzlichen Aufgaben könnten Ihrer Meinung nach Absolventen anschließend übernehmen?

Raithel: Eine konkrete Stelle habe ich noch nicht im Blick, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich in meiner Klinik erweiterte Aufgaben übernehmen könnte. Neue Aufgaben wären zum Beispiel die Weiterentwicklung und Anwendung neuer Protokolle in der Bildgebung (Röntgen-Bildgebung Magnetresonanztomografie, nuklearmedizinische Bildgebung), Konturierung der Normalgewebe für die Bestrahlungsplanung oder eigenverantwortliche Durchführung der Online-Positionierungsverifikation auf Basis von 2-D- und 3-D-Bildinformationen. Diese Aufgaben sind nur ein Teil dessen, was ich im Studium gelehrt bekomme und in der Klinik anwenden könnte.

Herr Professor Gembris, wo werden die Studienorte sein? Wird es auch die Möglichkeit des Telestudiums geben oder ausschließlich Präsenzangebote?

Gembris: Die Durchführung der Lehrveranstaltungen wird in Bautzen, Dresden und Riesa erfolgen. Wir sind aber bemüht, den Reiseaufwand der Studierenden zu minimieren. An der BA laufen bislang erste Pilotveranstaltungen zum Telestudium, Präsenzangebote werden allerdings dominieren, wobei jetzt schon die Module Zeit für das „eigenverantwortliche Lernen“ vorsehen.

Professor Gembris, wie viele Praxispartner haben Sie aktuell an Bord?

Gembris: Von verschiedenen Kliniken und niedergelassenen Ärzten wurde uns Interesse signalisiert. Vor einer formalen Gewinnung von Praxispartnern wurden für die Einrichtung des Studiengangs zunächst Unterstützungsschreiben der Fachgesellschaft DEGRO, der DRG, des DKFZ und dem Uniklinikum Dresden eingeholt. Am praktisch flächendeckenden Bedarf an MTRA besteht aber kein Zweifel, wie die auf der Jobbörse der Agentur für Arbeit ausgeschriebenen Stellen zeigen.

Herr Professor Gembris, Studierende erhalten von ihrem jeweiligen Praxispartner eine feste monatliche Vergütung, wie hoch ist diese?

Gembris: Die minimale Ausbildungsvergütung beträgt für Studierende der BA Sachsen gegenwärtig 440 Euro pro Monat. Teilweise wird aber auch die Marke von 1.000 Euro pro Monat überschritten.

Frau Raithel, was sagt Ihr aktueller Arbeitgeber zu Ihrem Vorhaben?

Raithel: Ich arbeite in einer Universitätsklinik, in der Forschung ein wichtiger Aspekt ist. Wenn ich dieses Studium erfolgreich abschließe, habe ich eine akademische Ausbildung und könnte daher auch viel mehr als Bindeglied Richtung Forschung tätig sein. Daher unterstützt mein Arbeitgeber mein Vorhaben.

Frau Raithel, Sie wollen berufsbegleitend studieren, wie sieht Ihre Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber aus?

Raithel: Leider ist noch nicht klar, wann das BA-Studium berufsbegleitend angeboten wird. Zunächst sollen Studierende über die Berufsfachschule angeworben werden. Die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber wird von den Rahmenbedingungen abhängen. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass wir diese im gegenseitigen Einvernehmen definieren werden.

Planen Sie, nach dem Abschluss des BA-Studiums noch den Masterstudiengang „Medical Radiation Sciences“ zu absolvieren?

Raithel: Ich möchte erstmal abwarten, was sich für Möglichkeiten nach dem Studium in meiner Klinik ergeben, so ganz ohne MTRA-Praxis kann ich mir mein Arbeitsleben nicht vorstellen.

Herr Professor Gembris, das Thema Akademisierung von MTA wird kontrovers diskutiert. Welche zusätzlichen Aufgaben sollen aus Ihrer Sicht die akademisierten MTRA von Ärzten übernehmen?

Gembris: Aufgrund der vertieften physikalischen Kenntnisse, die im neuen Studiengang vermittelt werden, bieten sich zum Beispiel die Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung von Protokollen für die Bildgebung und Strahlentherapie oder der Einsatz in der Qualitätssicherung medizinischer Geräte an. Neben vielen Einzelaufgaben sind auch verschiedene Spezialisierungsgebiete zu nennen, wie zum Beispiel Beteiligung an der klinischen Forschung, Übernahme von Leitungsaufgaben, Lehrtätigkeiten im berufspädagogischen Bereich nach einer Weiterqualifikation, zum Beispiel im Rahmen von Masterstudiengängen, und Einsatz in der Telemedizin.

Frau Raithel, Professor Gembris, vielen Dank.

Entnommen aus MTA Dialog 10/2018

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