Neue Herstellungsverfahren machen Blutprodukte länger haltbar

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Pathogeninaktivierung
Verschiedene Krankheiten wie beispielsweise Blutkrebs, aber auch moderne Krebstherapien können zu einem Mangel an Thrombozyten führen. © royaltystockphoto.com / shutterstock.com
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Neue Methoden zur Pathogeninaktivierung könnten die Haltbarkeit von Thrombozytenkonzentraten verlängern. Auf der 52. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin (DGTI) stellen Experten die Ergebnisse von Studien vor, welche die Sicherheit dieser Verfahren untersuchen.

Viele Menschen, die an Blut- oder Krebserkrankungen leiden, weisen einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten) auf und sind deshalb auf Thrombozytenkonzentrate angewiesen. Diese Konzentrate müssen innerhalb weniger Tage verbraucht werden, weil sie nicht gekühlt werden dürfen. Neue Methoden zur Pathogen-Inaktivierung könnten die Haltbarkeit jedoch verlängern.

Blutplättchen, in der Fachsprache Thrombozyten genannt, dichten bei kleineren Verletzungen die Blutgefäße ab und spielen damit eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und -stillung. Verschiedene Krankheiten wie beispielsweise Blutkrebs, aber auch moderne Krebstherapien können zu einem Mangel an Thrombozyten führen. Bei Verletzungen, aber auch spontan kann es dann zu lebensgefährlichen Blutungen kommen. „Um das zu verhindern, müssen betroffene Patienten regelmäßig mit Thrombozytenkonzentraten transfundiert werden, deren Gewinnung sehr aufwendig ist“, sagt Prof. Dr. med. Hermann Eichler, Erster Vorsitzender der DGTI.

2018: Rund 593.000 Thrombozytenkonzentrate in Deutschland

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 593.000 Thrombozytenkonzentrate hergestellt. Etwa die Hälfte davon wurde mit einem sogenannten Aphereseverfahren direkt aus dem Blut von Spendern isoliert; die andere Hälfte wurde aus Vollblutkonserven gewonnen. Blutplättchen sind sehr empfindlich. Anders als Vollblutspenden können sie nicht gekühlt gelagert werden. Wegen des dadurch erhöhten Risikos von bakteriellem Wachstum reduziert dies die Haltbarkeit auf nur fünf Tage.

Thrombozytenkonzentrate müssen deshalb rasch verbraucht und immer wieder nachproduziert werden. Aber nicht immer erreichen sie die Patienten rechtzeitig. „In Deutschland verfallen rund 15 Prozent der wertvollen Thrombozytenkonzentrate entweder bei den Herstellern oder in den Kliniken“, berichtet Eichler, der auch Direktor des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum des Saarlands in Homburg ist. Dies sei angesichts der Kosten von bis zu mehreren hundert Euro pro Thrombozytenkonzentrat auch ein wirtschaftlicher Verlust, sagt er.

Erleichterte Verfügbarkeit

Neue Herstellungsverfahren sollen die Haltbarkeit der Thrombozytenkonzentrate verlängern und damit die Verfügbarkeit erleichtern. Derzeit befinden sich zwei Verfahren (Mirasol und Theraflex) in der klinischen Entwicklung, ein Verfahren (Intercept) ist bereits für Blutspendedienste verfügbar. Allen ist gemein, dass bestimmte Bakterien, Einzeller und Viren unschädlich gemacht werden können, ohne dabei die Thrombozyten irreversibel zu schädigen. Man spricht dabei von einer sogenannten Pathogeninaktivierung. „Die Verfahren schädigen durch unterschiedliche Wirkmechanismen die Vermehrungsfähigkeit beziehungsweise die Infektiosität möglicher Krankheitserreger, die dann keine Erkrankung oder Transfusionsnebenwirkung mehr auslösen können“, erläutert Eichler.

Die Pathogeninaktivierung ist bei Thrombozytenkonzentraten besonders wichtig, weil sich in ihnen wegen der fehlenden Kühlung vorhandene Bakterien besonders rasch vermehren können. „Zwischenfälle sind zwar selten, da alle Spender sorgfältig befragt und auf Fieber und andere Infektionszeichen untersucht werden“, versichert Eichler. Im Einzelfall könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Spender, bei dem einzelne Bakterien im Blut kreisen, hierdurch erkannt wird.

Vorstellung klinischer Studien

Nach den Hämovigilanzberichten des Paul-Ehrlich-Instituts ist es in den Jahren 2013 bis 2015 zu zehn septischen Reaktionen durch Thrombozytenkonzentrate gekommen, von denen eine tödlich endete. „Alle Spender hatten unerkannte Blutinfektionen mit Bakterien. Diese Erreger gelangten in sehr niedriger Konzentration in die Blutspende, konnten sich aber in den wenigen Tagen bis zur Transfusion im Blutpräparat vermehren“, so der Experte.

Die Pathogeninaktivierung soll solche bereits sehr seltenen Zwischenfälle in Zukunft ganz verhindern. In Deutschland wird der breite Einsatz der neuen Verfahren auch von den Ergebnissen klinischer Studien abhängen, deren Ergebnisse auf der Jahrestagung der DGTI in Mannheim vorgestellt werden.

Quelle:DGTI, 11.09.2019

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