Nanoinjektion steigert Überlebensrate von Zellen

Neue Methode für Mikroskopie
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leuchtfähige Moleküle
Eine Glaspipette injiziert leuchtfähige Moleküle in eine Nierenzelle (Bild links). Wenige Sekunden später leuchten die Moleküle und lassen neue Details erkennen (Bild rechts). Universität Bielefeld
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Physiker der Universität Bielefeld entwickeln mit der Nanoinjektion eine neue Methode für die Mikroskopie, um die Zellen zu schonen.

Wie entwickeln sich Tumore? Und wie wandeln Bakterien harmlose Substanzen in medizinische Wirkstoffe um? Wenn Biophysiker verstehen wollen, was in lebenden Zellen vorgeht, müssen sie Farbstoffe oder andere Fremdmoleküle hineinbringen. Um die Zellwand zu überwinden, ohne die Zelle dauerhaft zu beschädigen, gibt es mehrere Ansätze. Physiker der Universität Bielefeld haben ein besonders schonendes Verfahren dafür entwickelt: die Nanoinjektion.

Neun von zehn Zellen überleben

In einer neuen Studie zeigen sie, dass bei dieser Methode neun von zehn Zellen die Injektion von Fremdmolekülen überleben. Eine der bekanntesten Methoden für die Untersuchung von bakteriellen, pflanzlichen und tierischen Zellen ist die Fluoreszenzmikroskopie. Bei dieser Methode werden mit Hilfe von Farbstoffmolekülen Proteine oder andere Strukturen einer Zelle markiert, die untersucht werden sollen. Die Moleküle sind fluoreszierend. Sie leuchten, wenn sie mit Licht angeregt werden und damit leuchten auch die markierten Strukturen der Zelle. „Die Methode funktioniert sehr gut an fixierten, also nicht lebenden Zellen“, sagt Professor Dr. Thomas Huser, Leiter der Forschungsgruppe Biomolekulare Photonik. „Das Problem ist allerdings, dass viele Erkenntnisse nur mit lebenden Zellen gewonnen werden können.“

Verfahren ist computergesteuert

Dr. Simon Hennig ergänzt: „Lebende Zellen wehren das Eindringen der meisten Fluoreszenzmarker ab.“ Der Physiker forscht in Husers Gruppe. Um auch solche gewöhnlich abgewehrten Marker in die Zelle zu bekommen, hat er die Nanoinjektion entwickelt: Mit einer winzigen hohlen Glaspipette kann er damit die „Leuchtmoleküle“ in einzelne Zellen einbringen lassen.

Das Verfahren ist computergesteuert, ein speziell für die Nanoinjektion entwickeltes Gerät führt die Pipette in die Zelle ein. Anders als bei der herkömmlich verwendeten Mikroinjektion ist hier die Spitze der Glaskapillaren deutlich kleiner. Außerdem verhindert das Verfahren, dass die Zelle bei der Injektion vergrößert wird, da nur die Moleküle, nicht aber die Flüssigkeit in der Pipette mit übertragen wird. „Dabei ist die Methode so präzise, dass die Moleküle sogar in den Zellkern einer Zelle eingebracht werden können“, sagt Hennig.

Normales Teilungsverhalten nach der Injektion

Die neue Studie belegt, dass die Methode die Injektion vieler Marker-Sorten ermöglicht und dass sie von den Zellen sehr gut vertragen wird. „Dieser Nachweis war nötig, weil bisherige Techniken wie die Mikroinjektion die Zellen so stark belastet haben, dass die meisten von ihnen die Behandlung nicht überlebten“, sagt Hennig. Sein Kollege Matthias Simonis testete die Nanoinjektion an mehr als 300 Zellen und verglich das Ergebnis mit dem der Mikroinjektion. Das Fazit: 92 Prozent der Zellen überlebten die Nanoinjektion im Gegensatz zu 40 Prozent bei der Mikroinjektion. „Die Auswertungen haben auch belegt, dass die Zellen nach der Nanoinjektion ein normales Teilungsverhalten zeigten“, sagt Hennig.

Das Teilungsverhalten ist dem Physiker zufolge nicht nur ein Anzeichen für den gesunden Zustand der Zelle. Es eröffnet auch neue Möglichkeiten für Experimente. So lässt sich ein negativer Einfluss der Injektion von vornherein ausschließen. Die Forscher können also die injizierten Zellen untersuchen, ohne sich zusätzliche Gedanken über den Effekt der Injektion machen zu müssen. Hennig schätzt die Nanoinjektion als besonders chancenreich ein, um zum Beispiel zu untersuchen, wie einzelne Zellen miteinander reagieren. (idw, red)

Literatur:

Matthias Simonis, Wolfgang Hübner, Alice Wilking, Thomas Huser & Simon Hennig: Survival rate of eukaryotic cells following electrophoretic nanoinjection. Nature Publishing Group, http://dx.doi.org/10.1038/srep41277, veröffentlicht am 25. Januar 2017.

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