Mutterschaft geht häufig mit verringertem Wohlbefinden einher

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Mutterschaft
Ein knappes Drittel der Mütter berichtet allerdings auch über eine Verbesserung des mentalen Wohlbefindens, 19 Prozent sogar über eine substanzielle. Funshooter
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Der Anteil an Frauen mit psychischen und gesundheitlichen Belastungssymptomen nimmt nach der Geburt zu. Das mentale Wohlbefinden reduziert sich bei vielen Frauen im Verlauf der Mutterschaft weiter.

30 Prozent der untersuchten Mütter in Deutschland erfahren eine substanzielle Verschlechterung des gesundheitsbezogenen Wohlbefindens innerhalb der ersten sieben Jahre nach der Geburt. Gleichzeitig profitieren aber auch 19 Prozent von einer substanziellen Verbesserung. In einer vergleichbaren Gruppe von kinderlosen Frauen nimmt das mentale Wohlbefinden im Altersverlauf ebenfalls ab, jedoch weniger stark. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) basieren.

Vor dem Hintergrund der Regretting-Motherhood-Debatte hat der DIW-Wissenschaftler Marco Giesselmann, gemeinsam mit Marina Hagen von der Universität Frankfurt am Main und Reinhard Schunck vom Leibniz-Institut für Sozialwissenschaft, die Daten von Müttern vor und bis zu sieben Jahren nach der Geburt ausgewertet, um zu untersuchen, ob und inwieweit sich deren mentales Wohlbefinden in der Mutterschaft verändert.

„In der 2015 unter dem Hashtag #regrettingmotherhood geführten Debatte wurden vor allem die gesellschaftliche Konzeption der Mutterrolle und deren negative emotionale Konsequenzen diskutiert. Die nun vorliegende Studie zeigt deutlich, dass die Mutterschaft das mentale Wohlbefinden vieler Müttern negativ beeinflusst“, fasst Giesselmann die Ergebnisse zusammen. Bei mehr als 46 Prozent der Mütter verschlechtert sich das mentale Wohlbefinden in den sieben Jahren nach der Geburt des ersten Kindes, bei knapp 30 Prozent sogar substanziell. Ein knappes Drittel berichtet allerdings auch über eine Verbesserung des mentalen Wohlbefindens, 19 Prozent sogar über eine substanzielle.

Mentale Belastungssymptome nehmen zu

Veränderungen ergeben sich vor allem bei Merkmalen mit Stressbezug: Von gelegentlichen oder häufigen Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit aufgrund emotionaler Probleme berichtet etwa ein Viertel der Frauen mit Kindern zwischen vier und sieben Jahren. Dies sind fast 50 Prozent mehr als vor der Mutterschaft. Auch der Anteil der Frauen, die unter fehlender Energie leiden, nimmt um rund 20 Prozent zu.

Deutlich wird zudem, dass mentale Belastungssymptome im Verlauf der Mutterschaft eher zu- als abnehmen, also nicht in der Phase der stärksten Eingebundenheit auftreten, sondern erst vier bis sieben Jahre nach der Geburt des ersten Kindes. „Es ist also weniger die starke physische Belastung der ersten Jahre, die den größten negativen Effekt auf das mentale Wohlbefinden der Mütter hat“, erläutert Giesselmann. „Vielmehr sind es möglicherweise Spannungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Mutterschaftsidealen, die mit den Jahren zunehmen. Dies legen auch gendertheoretische Forschungen nahe.“

Um auszuschließen, dass das abnehmende Wohlbefinden womöglich gar nicht mit der Mutterschaft zusammenhängt, wurden auch die Daten einer annähernd strukturgleichen, aber kinderlosen Vergleichsgruppe ausgewertet. Zwar zeigt sich auch bei dieser Gruppe ein abnehmendes mentales Wohlbefinden im Laufe der Jahre, allerdings weniger ausgeprägt als bei Müttern. „Dass in der Kontrollgruppe das Wohlbefinden ebenfalls sinkt, zeigt, dass zumindest ein Teil des sinkenden Wohlbefindens bei Müttern wohl ebenfalls durch normale Alterseffekte begründet ist“, sagt Giesselmann.

Trotz dieser Einschränkung legen die Ergebnisse einen negativen Effekt von Mutterschaft nahe, der im Sinne der Diskurse um das Schlagwort #regrettingmotherhood als Folge tradierter und widersprüchlicher Mutterschaftsideale interpretiert werden kann. Insbesondere die vom DIW Berlin eingebrachten Vorschläge zum Ausbau des Kinderbetreuungssystems und zur Abschaffung des Ehegattensplittings könnten Mütter potenziell entlasten und darüber hinaus langfristig helfen, gesellschaftliche Normen und Wertemuster offener zu gestalten – und so zu einem verbesserten mentalen Wohlbefinden von Müttern beitragen.


Quelle: DIW, 29.08.2018



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