Mozart bei der Wachoperation

Echte Premiere
Kli
Wach-OP
Gut zwei Stunden lang musizierte Querflötistin Sofia Pinaeva während des Eingriffs. LKH-Univ. Klinikum Graz
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Rückblick zum Jahresjubiläum: Querflötistin Sofia Pinaeva wurde vor einem Jahr ein Teil eines Gehirntumors entfernt. Um sicherzugehen, dass die Wahlgrazerin ihre Passion und Profession auch danach noch ausüben kann, gab sie während der OP Mozartklassiker zum Besten.

Von der Kleinen Nachtmusik bis hin zur Arie der Königin der Nacht sowie jeder Menge anderer klassischer Melodien: „Ich habe alles gespielt, was mir eingefallen ist“, erinnert sich Querflötistin und Fotografin Sofia Pinaeva, an die Operation vor gut einem Jahr, bei der ihr bei Bewusstsein die Hälfte ihres Gehirntumors (Gliom) entfernt werden konnte. Gut zwei Stunden lang musizierte sie während des Eingriffs und gab damit den Ton für die Resektion des bösartigen Gewebes an.

"Genau das ist das Besondere an dieser Eingriffsart", erklärt Oberarzt Dr. Gord von Campe, Leiter des Wach-OP-Teams der Universitätsklinik für Neurochirurgie Graz. "Der Patient wird zum aktiven Teammitglied. Je nachdem, wie er reagiert, wenn wir die entsprechenden Gehirnareale mit kurzen elektrischen Impulsen stimulieren, wissen wir, ob dort wichtige individuelle Funktionen vorliegen. Im Zweifelsfall geht stets die Funktion vor der Resektion."

Bei Sofia Pinaeva sei es das klare Ziel gewesen, ihre feinmotorischen Fähigkeiten und ihren Sehsinn in vollem Umfang zu erhalten, statt diese zugunsten der Komplettentfernung des Glioms aufzugeben. "Sie hätte dann nicht nur den Beruf als Musiklehrerin aufgeben müssen, sondern aufgrund des eingeschränkten Gesichtsfeldes auch nicht mehr fotografieren können", so der Arzt.

Eingriffsmethode "Wach-OP"

In den vergangenen Jahren wurden an der Universitätsklinik für Neurochirurgie circa 100 Gehirntumoren im Rahmen von Wachoperationen entfernt. Vielfach sogenannte niedriggradige Gliome. "Das sind Tumoren, die eine jährliche Wachstumsrate von vier Millimetern haben und mit der Zeit entarten. Daher ist es unerlässlich, so viel Gewebe wie möglich zu entfernen", erklärt Univ.-Prof. Dr. Michael Mokry, Vorstand der Universitätsklinik für Neurochirurgie. Lange Zeit galten diese Tumoren als inoperabel, da sie sich oft an schwer zu operierenden Stellen befinden. Mit der Eingriffsmethode "Wach-OP" hat sich das geändert, denn jetzt kann eben die Funktionalität der Gehirnareale während der Operation in Echtzeit überprüft werden.

"Der Patient selbst ist während der Awake-Phase bei Bewusstsein, davor und danach wird er unter Vollnarkose (Asleep-Phase) operiert", konkretisiert Dr. von Campe. Hier die Balance zu finden, zeichnet die Professionalität der Anästhesisten aus. Das Gehirn selbst ist übrigens komplett schmerzunempfindlich. Wie lange die Wachphase dauert, während der unter neuropsychologischer Führung eine individuelle Testung durchgeführt wird, hängt von der Konzentrationsfähigkeit des Patienten ab.

Die Wachoperation Sofia Pinaevas verlief zur Freude aller komplikationslos. Oder fast. "Es gab einen Zwischenfall", sagt die Musikerin und schmunzelt. "Ich habe mich einmal verspielt. So ist der Eindruck entstanden, dass etwas nicht stimmt. Ich habe den Irrtum aber gleich aufgeklärt", erzählt die gebürtige Russin. Dass sie zu keinem Zeitpunkt Angst gehabt hatte, es könnte etwas schiefgehen, führt sie auf das große Vertrauen zurück, das sich seit dem Erstgespräch im November 2015 zwischen ihr und dem Team aufgebaut habe. Selbst die Diagnose "Gehirntumor" an sich hätte sie nie als bedrückend empfunden.

"Es ist mir aber wichtig, zu zeigen, dass die Diagnose keinem Todesurteil gleichkommt", betont sie. Der Tumor wurde bei ihr zufällig entdeckt. Sie wurde beim Fahrradfahren bewusstlos, stürzte, wurde ans Klinikum Graz gebracht und hier versorgt. Im MRT zeigte sich das Gliom. Nach einer Biopsie und einer (abgebrochenen) Chemotherapie entschied sie sich im Juli 2017 für die Wachoperation. "Eine außergewöhnliche Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin", sagt Pinaeva, die sich übrigens noch während der OP beim Team bedankte – musikalisch selbstverständlich mit einem "Hoch soll'n sie leben!"


Quelle: Universitätsklinik für Neurochirurgie Graz, 27.06.2018

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