Lepra-Impfstoff geht in entscheidende Phase

„LepVax“
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Lepra-Impfstoff
Nach 17 Jahren startet 2021 endlich die klinische Phase in der Forschung nach einem Lepra-Impfstoff. IDRI
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Der potenziell geeignete Impfstoff „LepVax“ geht nach 17 Jahren Forschung 2021 in die entscheidende Phase. Wenn sich die bisherigen Testergebnisse im weiteren Verlauf der Studie bestätigen, ist mit einer Zulassung des Impfstoffes gegen Lepra im Jahr 2025 zu rechnen.

Eine Therapie existiert seit 40 Jahren – aber um die bakterielle Infektionskrankheit zu eliminieren, muss die Übertragung des Erregers gestoppt werden. Das ist für Kontaktpersonen von akut Betroffenen inzwischen möglich: Eine Einmaleinnahme des Antibiotikums Rifampicin reduziert das Ansteckungsrisiko um bis zu 60 Prozent. Doch diese Lepra-Post-Expositions-Prophylaxe (LPEP) schützt nur im Moment der Anwendung, ein langfristiger Schutz ist nicht gegeben. Den würde nur eine Impfung garantieren. Der potenziell geeignete Impfstoff „LepVax“ geht nach 17 Jahren Forschung 2021 in die entscheidende Phase.

Bis ein Impfstoff gegen einen Krankheitserreger zum Einsatz kommen kann, vergehen normalerweise Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Denn die Entwicklung ist kostenintensiv und umfasst mehrere, teils langwierige Phasen. Nach der Isolierung und Charakterisierung des Krankheitserregers müssen in der sogenannten Screening-Phase geeignete Antigene gefunden werden, die einen Immunschutz hervorrufen. Sind diese identifiziert, folgen präklinische Untersuchungen, bei denen die Auswirkungen des Impfstoffkandidaten bei Tieren überprüft werden.

Best-Practise-Beispiel Corona

In der anschließenden klinischen Studie werden an bis zu 100 gesunden Probanden/-innen die Reaktionen des Immunsystems (Phase 1) und anschließend an mehreren Tausend die Verträglichkeit und Dosierung (Phase 2) unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen getestet. In der Phase 3 gilt es, Daten zur Unbedenklichkeit und zur Wirksamkeit des potenziellen Impfstoffes zu erheben. Überwiegt der Nutzen der Impfung deutlich gegenüber möglichen Risiken, kann die Zulassung beantragt werden.

Die Forschung nach einem Impfstoff gegen das Ebola-Virus dauerte gut 20 Jahre, der gegen HIV wird seit rund 40 Jahren gesucht. Dass für das Virus SARS-CoV-2 bereits ein Jahr nach Ausbruch der weltweiten Pandemie eine Impfung existiert, ist besonderen Umständen zu verdanken. So arbeiteten angesichts der massiven Folgen der Corona-Pandemie, die vor allem auch reiche Industrienationen betreffen, erstmals Experten/-innen aus vielen Ländern und Fachbereichen zusammen. Verfahrensabläufe, Bearbeitungs- und Bewertungsprozesse wurden optimiert, klinische Prüfungsphasen kombiniert und Untersuchungen gebündelt. Mehr als 200 Entwicklungsprojekte für COVID-19-Impfstoffe wurden dem Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland (vfa) zufolge parallel durchgeführt. Zudem konnte auf bereits vorhandenes Wissen zu anderen Coronaviren zurückgegriffen werden.

Komposition aus vier Antigenen

„Nicht zuletzt standen finanzielle Mittel in einer Dimension zur Verfügung, von der wir im Bereich von vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) wie Lepra nur träumen können“, konstatiert Dr. Christa Kasang, Forschungskoordinatorin der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe. Allein die Screening-Phase, also die Identifizierung von geeigneten Antigenen für den Lepra-Erreger war sehr aufwendig. Denn das Mycobacterium leprae lässt sich nicht im Labor auf einer Petrischale kultivieren und vermehren. Dazu brauchte es das amerikanische Gürteltier Armadillo, zum damaligen Zeitpunkt der einzige bekannte natürliche Wirt des Lepra-Erregers. Kasang: „Es dauerte fast zehn Jahre, bis endlich das amerikanische Forschungszentrum IDRI (Infectious Disease Research Institute) eine Komposition aus vier Antigenen gefunden hatte, die für einen Lepra-Impfstoff infrage kam.“

Von 2013 bis 2016 folgten dann die präklinischen Studien zum Lepra-Impfstoff-Kandidaten, durchgeführt von IDRI. In dieser Phase ging es darum, herauszufinden, wie sich eine Impfung mit „LepVax“ für betroffene Tiere auswirkt. „Die Ergebnisse waren überzeugend: Die geimpften Tiere entwickelten keine Nervenschäden, wie sie sonst infolge einer Lepra-Infektion auftreten“, berichtet die Expertin. 2017 wurde im Rahmen der Safety-Phase (1a) zunächst die Sicherheit des Wirkstoffes an rund 50 gesunden Probanden/-innen unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen getestet. „Mit erneut sehr positivem Ergebnis“, so Kasang, „die Immunsysteme vieler Testkandidaten/-innen entwickelten eine hohe Zahl an Antikörpern.“

Mögliche Zulassung im Jahr 2025

Nach sorgfältiger Auswertung der Datenlage produzierte IDRI erste Impfdosen, die 2020 in einer Region getestet werden sollten, in der Lepra sehr verbreitet ist und demzufolge viele Menschen mit dem Erreger in Kontakt sind (Phase 1b). Da Brasilien seit Jahrzehnten die Leprastatistiken anführt, hatte sich die Forschungsinitiative für dieses Land entschieden. Im Anschluss sollte direkt die Phase 2 anknüpfen, in der erkrankte Patienten/-innen und die Menschen in ihrem direkten Umfeld den Impfstoff erhalten – begleitet von einer Kontrollgruppe, die mit einem Placebo ohne Wirkstoff behandelt wird.

„Doch da hat uns und unseren Partnern die Pandemie leider einen Strich durch die Rechnung gemacht“, bedauert Dr. Kasang. „Auch weil die Wissenschaftler/-innen und Forschungsinstitute mit der Suche nach einem Corona-Impfstoff beschäftigt waren, mussten wir die Durchführung auf das Frühjahr 2021 verschieben.“ Wenn sich die bisherigen Testergebnisse im weiteren Verlauf der Studie bestätigen, sei mit einer Zulassung des Impfstoffes 2025 rechnen.

Quelle: DAHW, 18.01.2021

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