Kritisches Zeitfenster für HIV-Reinfektion von Spenderzellen

Allogene Stammzelltransplantation bei HIV
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HI-Viren (grün), Lymphozyt
HI-Viren (grün), Lymphozyt C. Goldsmith et al./CDC
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Bisher konnte die allogene Stammzelltransplantation bei wenigen am HI-Virus erkrankten Menschen zu einer Heilung führen. Aber warum gelang das nicht bei mehr HIV-Patienten? Dieser Frage sind Wissenschaftler des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Instituts Pasteur in Paris nachgegangen. Dabei entdeckten sie ein kritisches Zeitfenster für eine Reinfektion der Spenderzellen.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler 16 HIV-infizierte Patienten. Sie konnten ein kritisches Zeitfenster identifizieren, in dem die expandierenden Spenderzellen für eine erneute Aussat des HIV-Reservoirs besonders anfällig sein könnten.

Während Spenderzellen und die Zellen des Patienten noch in den ersten Wochen nach der allogenen Stammzellentransplantation nebeneinander existieren, seien CD4+-T-Zellen (Helfer-Zellen) aktiv. Eine Förderung der Reaktivierung des HI-Virus und die wiederholte Aussat der Infektion in expandierenden CD4+-T-Zellen sei dadurch möglich.

Zeitkritisches Fenster als Schwachstelle

Ferner konnten die Forscher feststellen, dass danach eine Entwicklung neuer spezifischer T-Zellantworten gegen HIV-Proteine aus Spenderzellen geschehe. Daraus schlussfolgern sie, dass die Spenderzellen während der Expansion Kontakt mit HI-Viren hatten und darauf trainiert wurden, dagegen zu reagieren. Demzufolge gebe es ein zeitkritisches Fenster, in dem eine Infektion der Spenderzellen möglich sei.

Diese Schwachstelle erkläre unter Umständen, dass die allogene Stammzelltransplantation das Virus trotz drastischer Verringerung der Anzahl infizierter Zellen im Organismus nicht entferne. Dadurch blieben infizierte Zellen unbemerkt und können sich weiter vermehren. Eine anhaltende spontane Kontrolle der Infektion könne zusätzliche Immuntherapien oder Gentherapien erfordern.

Keine vollständige Entfernung des HI-Virus

Im Moment erfolgt die Behandlung von HIV-Patienten mit antiretroviralen Wirkstoffen, die das Virus jedoch nicht entfernen. Es bleibe insbesondere in CD4+-T-Zellen und vermehre sich direkt nach Abbruch der Behandlung wieder.

Durch die allogene Stammzelltransplantation zur Behandlung verschiedener Arten hämatologischer Krebserkrankungen werden die meisten Immunzellen der Patienten zerstört. Im Anschluss werden Stammzellen eines gesunden Spenders verwendet, um das beschädigte Knochenmark bei den Patienten zu ersetzen und ihr Immunsystem wiederherzustellen. 

Früheren Studienergebnissen zufolge sorgt die allogene Stammzelltransplantation für einen signifikanten Rückgang der Anzahl HIV-infizierten Zellen. Bei drei HIV-infizierten Menschen war das Virus sogar trotz Unterbrechung der antiretroviralen Behandlung nicht nachweisbar geblieben. In allen drei Fällen waren den Patienten Stammzellen von Spendern transplantiert worden, die eine Mutation (CCR5-Delta32) trugen, die die Expression eines der wichtigsten HIV-Eintrittsrezeptoren auf der Zelloberfläche beeinträchtigt und sie gegen einige HIV-Stämme resistent macht. Trotz Transplantation vermehrte sich bei den anderen Patienten das Virus nach einiger Zeit wieder.

Literatur:

J. M. Eberhard, M. Angin, C. Passaes, et al.: Vulnerability to reservoir reseeding due to high immune activation after allogeneic hematopoietic stem cell transplantation in individuals with HIV-1. Sci. Transl. Med. 12, eaay9355 (2020).

Quelle: UKE

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