Klare Regeln und Gewohnheiten verbessern den Schlaf

Schlafmedizin und Schlafforschung
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Frühjahrstagung AG Pädiatrie
Frühjahrstagung AG Pädiatrie der DGSM & AG Schlafmedizin und Schlafforschung der ÖGKJ DGSM/ÖGKJ
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Vom 22. bis 23. März 2019 findet unter dem Motto „Traumhaft und Grenzenlos“ in Wien die Frühjahrstagung der AG Schlafmedizin und Schlafforschung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) und der AG Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM) statt.

Auf der Tagung werden die aktuellen schlafmedizinischen Entwicklungen und Erkenntnisse innerhalb der Kinder- und Jugendheilkunde sowie aller schlafmedizinisch beteiligter Fachdisziplinen diskutiert und thematisiert. Im folgenden Interview berichtet Dr. Simone Weiss, die gemeinsam mit Dr. Werner Sauseng die Leitung dieser wissenschaftlichen Tagung inne hat, über Ziele und Bedeutung der Kinderschlafmedizin und welche wichtige Rolle die Eltern spielen.

Frau Dr. Weiss, wenn die Kinder gut schlafen ist der ganzen Familie geholfen, richtig?
Ein guter Schlaf der Kinder ist tatsächlich für alle Familien ein zentrales Thema – die nächtliche Erholung ist Voraussetzung für ein aktives und entspanntes Leben ALLER Familienmitglieder untertags. Die Grenze, ab wann spätes Einschlafen und wiederholtes Erwachen nachts zur Belastung wird und der Schlaf damit als „gestört“ empfunden wird, ist sehr individuell. Schlaf lässt sich nicht erzwingen – er kommt von selbst. Eltern können aber die Voraussetzungen für guten Schlaf gestalten und ihren Kindern beim „Schlafen lernen“ helfen. Und die Eltern wiederum können die Gestaltung der Voraussetzungen („Schlafhygiene“) lernen.

Was ist gesunder Kinderschlaf und wo fängt es an „ungesund“ zu werden?
Kinderschlaf wird ungesund, wenn sich das Kind - oder die Bezugspersonen - im Schlaf nicht mehr erholen kann. Wenn es offensichtlich Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen gibt, ist das relativ leicht zu erkennen und zuzuordnen. Schwieriger ist es manchmal bei bestimmten Grunderkrankungen, wie zum Beispiel neuromuskulären Erkrankungen. Hier kann eine unzureichende Atemtiefe im Traumschlaf dazu führen, dass diese Schlafphase verkürzt oder weggelassen wird. Das entwickelt sich so langsam, dass es subjektiv nicht wahrgenommen wird und ist von außen nicht zu erkennen. Hier muss aktiv und vorausschauend danach gesucht werden, da diese Atemstörung behandelt und damit dann die Lebensqualität untertags deutlich verbessert werden kann.

Wie kommen kleine Patienten zu Ihnen – auf welche Anzeichen sollten Eltern achten?
Familien wenden sich an Schlafmediziner, wenn es für sie offensichtlich ein Schlafproblem gibt, das zu Beeinträchtigungen der Tagesverfassung führt. Außerdem sollten Kinder mit Erkrankungen zum Schlafmediziner geschickt werden, die ein hohes Risiko für schlafbezogene Atemstörungen haben. Das sind Kinder mit Engstellen im Bereich der oberen Atemwege oder mit einer verminderten Muskelgrundanspannung der Mund- und Rachenmuskulatur (z.B.: Trisomie 21, neuromuskuläre Erkrankungen). Sehr häufig sind auch übergewichtige Kinder von schlafbezogenen Atemstörungen betroffen. Eltern können darauf achten, ob ihre Kinder schnarchen, ob dabei Atemaussetzer oder ein angestrengtes Atemmuster zu beobachten sind, ungewöhnliche Schlafpositionen, verstärktes Schwitzen im Schlaf, erneutes nächtliches Einnässen, morgendliche Kopfschmerzen und natürlich ob die Kinder untertags sehr müde sind. Bei kleineren Kindern ist die Müdigkeit oft zu übersehen – sie sind sehr zappelig, unkonzentriert und haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen und Impulse zu kontrollieren. Manchmal steckt auch hinter der Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitäts-Syndrom eigentlich eine schlafbezogene Atemstörung.

Welche Rolle spielt die „normale“ Kinderarztpraxis? Werden hier schlafmedizinische Aspekte einbezogen?
Das Thema Kinderschlaf wird regelmäßig – vor allem in den ersten Lebensjahren – aktiv zum Thema bei kinderärztlichen Untersuchungen gemacht. Der Kinderarzt hilft der Familie die richtige Anlaufstelle für ihr spezifisches Schlafproblem zu finden: ob eine medizinische Abklärung, eine psychologische Beratung oder eine kinderpsychiatrische Vorstellung notwendig ist. Schließlich kann das Schlafverhalten erste Hinweise auf eine frühkindliche Regulationsstörung geben.

Das Motto der gemeinsamen Frühjahrstagung lautet „Traumhaft und grenzenlos“. Ersteres bezieht
sich auch auf die Träume von Kindern, die im Tagungsprogramm eine Rolle spielen.
Wir haben „Traum“ zu einem Motto unserer Tagung gemacht, da der Tagungsort Wien seit Sigmund Freud eine lange Tradition der Traumforschung aufweist. Wir werden Vorträge zur Geschichte der Traumforschung, zum Träumen in Allgemeinen, zum Arbeiten mit Traumbildern und zum Umgang mit Alpträumen hören. Insbesondere Letzteres treibt viele Kinder wiederholt nachts zu ihren Eltern – auch hier lassen sich Strategien für den Umgang mit den nächtlichen Ängsten erwerben.

Eine Sitzung trägt die Überschrift Schlafberatung. Wer braucht diese und was kann das Schlafcoaching leisten?
Die Grenze, ab wann Situationen als belastend erlebt werden, ist sehr individuell. Eindeutige Bilder machen die klassischen Situationen deutlich: ein brüllender Säugling, der abends nicht beruhigt werden kann; ein trotzendes Kleinkind, das sich weigert ins Bett zu gehen; ein Kind das nachts 10 mal am Elternbett steht; ein Jugendlicher, der bis spät nachts mit dem Handy spielt und morgens nicht aus dem Bett kommt… Wenn die eigenen Strategien nicht mehr ausreichen, um belastende wiederkehrende Situationen zu verändern, kann der große Erfahrungsschatz professioneller Schlafberater hilfreich sein. Manchmal ist das Thema Schlaf auch der Schlüssel, um die Tür zu den zugrundeliegenden Problemen in den familiären Beziehungen oder dem Erziehungsverhalten zu öffnen.

Ein Vortrag Ihres Symposiums dürfte alle Eltern brennend interessieren: „Einfluss der abendlichen Nutzungsdauer von digitalen Endgeräten auf den Schlaf-Wach-Rhythmus von Jugendlichen“. Wie sehen die schlafmedizinischen Erkenntnisse hier aus und was können Sie raten?
Es gibt eindeutige Zusammenhänge zwischen vermehrter Nutzungsdauer und Schlaf. Je mehr sich Kinder und Jugendliche mit Bildschirmen beschäftigen, desto länger benötigen sie zum Einschlafen und desto kürzer schlafen sie. Bei jüngeren Kindern findet man auch häufigeres nächtliches Aufwachen und vermehrt Parasomnien. Die Folge kann vermehrte Tagesmüdigkeit sein.

Raten kann man Eltern, dass sie klare Regeln aufstellen, was die Bildschirmgewohnheiten ihrer Kinder angeht. Dass es für Bildschirmzeiten eine Obergrenze gibt, keine Bildschirme unmittelbar vor dem Schlafengehen und keine Bildschirme in Kinderzimmern. Auch die Zimmer der Jugendlichen sollten nachts ohne Bildschirm auskommen. Eine Hilfestellung kann die Empfehlung der AG Schlafmedizin und Schlafforschung der ÖGKJ aus 2017 sein. Allen Erwachsenen kann man raten, den Jüngsten ein Vorbild auf dem Gebiet zu sein.  

Die innere Uhr spielt ja eine große Rolle für die Schlafqualität. Ist das auch schon bei Kindern so?
Auch im Kindesalter kann man schon Morgen- und Abendmenschen erkennen – das ist persönliche Veranlagung. Regelmäßigkeit in den Aufsteh- und Bettgehzeiten kann diese persönliche Veranlagung den äußeren Rahmenbedingungen anpassen. Im Jugendalter kommt es physiologisch bedingt zu einer Phasenverschiebung der Melatoninausschüttung – dem Hormon, das uns müde macht und zum Einschlafen bringt.

Quelle: Conventus/Romy Held

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