Hat die Maskenproduktion in Deutschland eine Zukunft?

Doch wieder nur "Made in China"?
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Masken aus Deutschland
"Niemanden interessieren Herkunft, Qualität der Masken, auch kurze Lieferketten durch regionale Vorprodukte oder Nachhaltigkeit sind absolut kein Thema." Typ IIR GmbH
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Was sind die Versprechungen der Politik wert, regionale Masken bevorzugt zu kaufen, um unabhängiger von Lieferungen aus Fernost zu werden? Viel geändert hat sich offensichtlich nicht. Unverändert scheint nur der Preis zu zählen, betont Unternehmer Nico Feichtinger.

Zu Beginn der Corona-Pandemie kamen fast alle Corona-Schutzmasken aus China und es gab schnell einen Mangel an hochwertigen Schutzprodukten. Das wollte der Berliner Unternehmer Nico Feichtinger, wie andere deutsche Hersteller auch, ändern und produzierte mit der Typ IIR GmbH in seinem Berliner Werk täglich bis zu 35.000 zertifizierte medizinische OP-Masken. Seine Vision war es, medizinische Masken herzustellen, bei denen sämtliche Vorprodukte sowie die Produktionsanlage aus Deutschland stammen. Doch gegen die Konkurrenz aus Fernost hat er als deutscher Hersteller kaum eine Chance - trotz Förderprogrammen. Am Ende zählt offenbar wieder nur der Preis.

Als die Regierung im vergangenen Jahr Unternehmer zur Maskenproduktion aufrief, waren Sie sofort dabei. Was waren für Sie die Beweggründe bei der Produktion von OP-Masken mitzumachen?
Nico Feichtinger: Als Unternehmer habe ich natürlich die Möglichkeit einer weiteren Einnahmequelle gesehen. In erster Linie ging es mir jedoch darum, das deutsche Gesundheitssystem zu unterstützen und in einer sich immer mehr ausweitenden Pandemie mit Schutzausrüstung zu unterstützen. Wir alle haben noch die Bilder vor Augen, wie Krankenpfleger/-innen ihre Stoffmasken gewaschen, markiert und vor anderen versteckt haben. Auch die Unterstützung von Hilfsorganisationen war mir ein dringendes Bedürfnis.

Sie haben für die Produktion eine GmbH gegründet und Produktionsmaschinen eingekauft. Wieviel Kapital haben Sie insgesamt eingesetzt?   
Nico Feichtinger: Insgesamt habe ich in den Umbau, die Produktions- und Verpackungsanlagen sowie in die umfangreichen Zertifizierungsmaßnahmen ca. 600.000 Euro investiert.

Es sollte laut Wirtschaftsminister Altmaier verschiedene Förderprogramme für deutsche Unternehmen geben - mit dem Ziel unabhängiger von China zu werden. Haben Sie von diesen Förderungen profitiert?
Nico Feichtinger: Die Baumaßnahmen sowie die Beschaffung der Produktions- und Verpackungsmaschinen wurden über die Investitionsbank Berlin (IBB) mit 30 Prozent gefördert, dies entsprach 120.000 Euro auf die kalkulierte Investitionssumme von 400.000 Euro. Kosten für Beratung und Zertifizierung wurden nicht berücksichtigt. Hierfür mussten umfangreiche Förderanträge gestellt und sämtliche Rechnungen eingereicht werden. Natürlich ist diese Förderung mit einer Vielzahl von Bedingungen verbunden. So muss zum Beispiel die Maschine über 5 Jahre in Betrieb sein und dabei gewisse Umsätze erwirtschaften. In der jetzigen Situation gehen wir stark davon aus, die Förderung zurückzahlen zu müssen.

Ziel war es laut Altmaier, eine Produktionskapazität von jährlich etwa 2,5 Milliarden Schutzmasken aufzubauen. Wie viele Masken haben Sie mit Typ IIR bisher produziert und auch wirklich vertrieben?
Nico Feichtinger: Nach einem etwas holprigen Start, die Maschinen mussten sich erst einspielen, konnten wir unsere monatliche Kapazität auf ca. 600.000 Masken steigern. Bisher haben wir 3.500.000 Masken produziert, 500.000 Masken liegen momentan auf Lager.

Es gab Versprechungen seitens der Regierung, die in Deutschland produzierten Masken bei den Produzenten direkt einzukaufen? Kam es letztlich zu solch einer Zusammenarbeit mit der Regierung?
Nico Feichtinger: Nach dem mehr oder weniger chaotisch verlaufenden Open House Verfahren des Bundesministeriums für Gesundheit, welches für uns zu früh kam, da die Maschinen noch in Produktion waren, ergab sich, trotz intensivster Bemühungen, keine Möglichkeit der Zusammenarbeit. Wir wurden von einer Behörde zur nächsten verwiesen, ohne Erfolg.

Wie vertreiben Sie die Masken aktuell und wer sind ihre Hauptabnehmer?
Nico Feichtinger: Aktuell verkaufen wir zumindest einen Bruchteil unserer Produktion an Großhändler und Apotheken. Dies geschieht über alle erdenklichen Kanäle, via E-Mail, Telefon, PR-Aktionen, Social Media oder Mundpropaganda.

Erst kürzlich beschrieb Stefan Kön von Technisat die Ungleichbehandlung und Intransparenz bei der Auftragsvergabe für die Maskenproduktion. Er berichtete, dass deutsche Maskenhersteller gegen die Billigkonkurrenz aus Fernost keine Chance haben. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Nico Feichtinger: Hier kann ich die Meinung von Herrn Kön unwidersprochen teilen. Bei öffentlichen Ausschreibungen zählt genau ein Kriterium: der Preis. Niemanden interessieren Herkunft, Qualität der Masken, auch kurze Lieferketten durch regionale Vorprodukte oder Nachhaltigkeit sind absolut kein Thema. Viele dieser Ausschreibungen sind schon vergeben, bevor sie überhaupt veröffentlicht werden. Mit der Benachrichtigung, nicht den günstigsten Preis geboten zu haben, erfährt man auch, wer das Rennen gemacht hat: Importeure, die billige Masken aus Fernost an die öffentliche Hand verkaufen. Firmen, die u. a. mit dem Slogan „Unser Geschäft ist China“ werben. Unsere Versuche, Berliner Kliniken zu beliefern, scheiterten. Hier wurde uns mehrfach unverhohlen mitgeteilt, dass man Masken in China kaufe. Dies gilt auch für einen Großteil der Berliner Behörden.

Quelle: macheete/ Typ IIR GmbH

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