Gesundheitsförderung in der Gesundheitswirtschaft ausgebremst

Konkurrenz um „gute Arbeitsbedingungen“
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betriebliche Gesundheitsförderung
Eine neue Studie beleuchtet die Barrieren und Treiber der betrieblichen Gesundheitsförderung. © psdesign1 - stock.adobe.com
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Warum gelingt trotz guter Konzepte und zahlreicher Handlungsempfehlungen die Umsetzung von Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung ausgerechnet in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen oft nur schleppend? Eine neue Studie beleuchtet die Barrieren und Treiber.

Für die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie des Saarbrücker Instituts für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) wurden 72 Experten, Fach- und Führungskräfte interviewt sowie 744 Beschäftigte aus Kliniken und Pflegeeinrichtungen schriftlich befragt. Bei den befragten Führungskräften konnte eine hohe Sensibilität festgestellt werden, dass hinsichtlich der Förderung der Mitarbeitergesundheit Handlungsbedarf besteht. Trotz dieser Sensibilität sind Gute-Praxis-Beispiele anderer Unternehmen, Handlungshilfen oder Informationen über geeignete Kooperationspartner und Dienstleistungsanbieter wenig bekannt. Die Anforderung, im Alltagsgeschäft einen funktionierenden Betrieb zu organisieren, ist für die Leitungskräfte so dominant, dass für die Entwicklung nachhaltiger betrieblicher Strategien meist nur wenig Raum bleibt.

Fachkräftemangel wirkt sich negativ aus

Zwar steht bei den Akteuren das Bemühen im Mittelpunkt, die Belastungen für die Beschäftigten zu begrenzen oder Kompensationen für Sonderbelastungen wie z. B. das in der Pflege verbreitete Einspringen aus dem Dienstfrei zu organisieren, allerdings zeigen die Ergebnisse der Befragungen, dass diesen Bemühungen aufgrund des Fachkräftemangels im Gesundheitssektor enge Grenzen gesetzt sind. Zunächst müsste es gelingen, die bisherigen und die durch die jüngsten Pflege- und Gesundheitsreformen neu geschaffenen Stellen auch tatsächlich zu besetzen. Die vorhandenen Personalengpässe unterlaufen häufig die Bemühungen, innerhalb des Betriebs die Belastungen des Personals auszugleichen und betriebliche Gesundheitsförderung erfolgreich umzusetzen.

Konkurrenz um „gute Arbeitsbedingungen“

Bei den Pflegefachkräften und Ärzten zeigen sich Absetzbewegungen in atypische Beschäftigungsformen wie Honorar- oder Leiharbeit. Dort können sie unter Umständen bessere Löhne und attraktivere Arbeitszeiten realisieren. Sie verschärfen allerdings die Konkurrenz um „gute Arbeitsbedingungen“ innerhalb der Belegschaften. Obwohl die Beschäftigten angesichts der Personalengpässe eigentlich über eine starke Arbeitsmarktposition verfügen, ist es ihnen bisher nicht gelungen, in der Branche spürbar verbesserte Arbeitsbedingungen durchzusetzen.

Keine systematischen Strategien oder betriebliche Prozesse

Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen bemühen sich viele Einrichtungen der Gesundheitsbranche, betriebliche Angebote zur gesundheitlichen Sensibilisierung, zum gesünderen Verhalten und zur Stärkung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu schaffen. Gerade in der Konkurrenz um die Fachkräfte steht das Bemühen im Vordergrund, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Häufig aber stehen diese Angebote allein, ohne in systematische Strategien oder betriebliche Prozesse eingebunden zu sein. Die Resonanzen seitens der Beschäftigten werden den Studienergebnissen zu Folge überwiegend als ernüchternd beschrieben. Angebote zur Gesundheitsförderung, wie etwa Fitness oder Entspannung, leiden unter einem Glaubwürdigkeitsproblem, solange es nicht gelingt, die Arbeitsbelastungen wirksam zu reduzieren. Die Nachfrage nach solchen Angeboten könnte möglicherweise gesteigert werden, wenn sie in größerem Maße auch innerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden können.

Positive Praxisbeispiele

Positive Praxisbeispiele zeigen, dass ambitionierte betriebliche Gesundheitsprojekte vor allem „Top-Down“ von Leitungspersonen vorangetrieben wurden, denen es gelungen war, die Führungskräfte der Einrichtung und die Beschäftigten für die Maßnahmen zu gewinnen und die Umsetzung und Nutzung der Maßnahmen nachzuhalten. Dort, wo überbetriebliche Präventionsanbieter wie Krankenkassen oder die Berufsgenossenschaft in dauerhafte Kooperationen eingebunden wurden, konnten diese Allianzen wesentlich dazu beitragen, innerbetriebliche Strukturen für die Steuerung von Gesundheitsprojekten zu schaffen und die Umsetzung von Maßnahmen zu verstetigen.

Literatur:

Hielscher, Volker; Krupp, Elisabeth (2019): Betriebliche Prävention im Gesundheitswesen. Barrieren und Treiber der Gesundheitsförderung in Kliniken und Langzeitpflege. Working-Paper der Forschungsförderung, Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 159, November 2019
www.iso-institut.de.


Quelle: idw/Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V. (iso)

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