Erfahrungen aus der Schulschließung in Aachen

Interview mit Michael Wiertz
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Michael Wiertz ist Schulleiter, MTRA, Medizinpädagoge/Fachlehrer an der MTRA-Schule der Uniklinik RWTH Aachen. Im MTA Dialog-Interview geht er auf seine Erfahrungen und Eindrücke nach der Schulschließung ein.

Herr Wiertz, wie gehen Sie aktuell mit der Corona-Krise um? Wie findet bei Ihnen der Unterricht für die MTA-Auszubildenden statt?

In der Uniklinik RWTH Aachen wurden klare Hygieneanweisungen ausgegeben, die den beruflichen Umgang der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der aktuellen Krise klar regeln. So wurde den Lehrkräften der Gesundheitsfachschulen bereits zum Zeitpunkt der Einstellung des Unterrichtsbetriebes die Anweisung zum Home-Office erteilt, soweit dies für den jeweiligen Bereich sinnvoll und umsetzbar wäre.

Um uns Lehrkräften in der MTRA-Schule zunächst etwas Luft zu verschaffen und diese völlig neue Situation zu bewerten, erhielten unsere MTRA-Auszubildenden in der ersten Woche primär Lernaufträge bzw. Themen zur Erstellung einer Hausarbeit per Mail zugeschickt. Während dieser Zeit konnten wir im Team der MTRA-Lehrkräfte über mögliche Konzepte beraten, die neben den klassischen Arbeitsaufträgen auch einen direkten Unterricht im Videochat beinhaltet.

Somit ist der theoretische Unterricht unserer Lernenden aktuell ein Mix aus Arbeits- bzw. Lernaufträgen sowie einzelner Video-Sitzungen. Diese geben allen die Möglichkeit, den Unterrichtsstoff von Angesicht-zu-Angesicht zu behandeln. Das kann beispielsweise eine PowerPoint-Präsentation sein, die die Lehrkraft von ihrem Bildschirm aus im Vortrag mit dem virtuellen Auditorium teilt. Die Lerngruppe hat ihrerseits die Möglichkeit, sich zu melden, Fragen zu stellen oder sonstige Anmerkungen zu machen. Anfangs war es etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit stellt sich bei allen Beteiligten eine gewisse Routine ein.

Was bedeutet die aktuelle Situation für das laufende Schuljahr, muss es eventuell wiederholt werden, wenn die Krise länger andauert? Könnte sich die Ausbildung eventuell verlängern?

Grundsätzlich kann man keine seriöse Aussage über den weiteren Verlauf der Entwicklungen machen. Unter den derzeitigen Bedingungen schaffen wir es, einen relativ großen Teil der theoretischen Lehrinhalte zu vermitteln. Was den praktischen Einsatz in den Fachabteilungen betrifft, so dürfen laut Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) vom 13.03.2020 die Auszubildenden in den Praxiseinrichtungen eingesetzt werden, sofern dieser Einsatz „dem jeweiligen Kenntnisstand“ entspricht.

Unter Berücksichtigung aller Hygienevorschriften und Vorsichtsmaßnahmen erfolgt somit weiterhin die praktische Ausbildung der jeweiligen MTRA-Kurse in den radiologischen, nuklearmedizinischen und strahlentherapeutischen Fachabteilungen. Wir gehen daher vorerst von keiner Ausbildungsverlängerung aufgrund der Corona-Krise aus.

Wie könnten Prüfungen unter den derzeitigen Bedingungen aussehen?

Laut dem Erlass des MAGS NRW vom 17.03.2020 ist „die Durchführung der mündlichen und schriftlichen Prüfung in den jeweiligen Schulgebäuden … weiterhin möglich“, wenn einschlägige Hygieneregelungen und Richtlinien des Robert Koch-Instituts (RKI) beachtet werden.

Schriftliche Prüfungen wären demnach denkbar, indem beispielsweise die Hörsäle der Medizinischen Fakultät genutzt werden und ein „hinreichender räumlicher Abstand zwischen den an den Prüfungen teilnehmenden Personen“ eingehalten wird. Auch bei den praktischen Prüfungen lässt uns der o.a. Erlass ausreichend Spielraum, solange Hygieneregeln beachtet und Schutzmaßnahmen durchgeführt werden.

Derzeit testen wir zudem die Möglichkeiten des Video-Chats, um mündliche Prüfungen durchzuführen; die Ergebnisse stehen noch aus.

Wie kommen die Auszubildenden an die Lehrinhalte?

In Zusammenarbeit und mit der Unterstützung des Audiovisuellen Medienzentrums (AVMZ) der RWTH Aachen nutzen wir eine auf Moodle basierende Lernplattform, auf der wir sowohl Lernmaterial für die Auszubildenden ablegen wie auch den Informationsaustausch mit ihnen durchführen.

Helfen die Auszubildenden jetzt auch im Krankenhaus aus?

Neben der regulären Einsätze während der praktischen Ausbildung wurde ein Notfallplan erstellt, in dem alle MTRA-Auszubildenden eingebunden sind, um bei Bedarf in der Patientenversorgung eingesetzt zu werden. Falls notwendig, werden diese Notfallpläne aktiviert und entsprechend umgesetzt.

Was bedeutet das für Sie als Schulleitung, wie gehen Sie aktuell mit der Krise um?

Der organisatorische Aufwand hat um einiges zugenommen. Anfangs galt es, ein für alle tragbares Konzept zu entwickeln. Aber an dieser Stelle geht ein dickes Lob an meine Kolleginnen und Kollegen, die allesamt bereit waren, ein für uns alle völlig neues Konzept zu erarbeiten.

Persönlich habe ich das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, um auf das Unerwartete zu reagieren. Aber mittlerweile lerne ich ständig dazu, um Aufgaben zu delegieren und Verantwortung im Team zu schultern.

Auch wir Lehrkräfte wurden in dem oben erwähnten Notfallplan berücksichtigt und können bei Bedarf zur Versorgung unserer Patienten abberufen werden.

Wie gehen die Auszubildenden mit der derzeitigen Situation um?

Die jungen Leute haben einen deutlich erhöhten Gesprächsbedarf und nehmen unsere Kommunikationsangebote dankbar an. Mittels Videochat haben wir vor und nach den regulären Unterrichtssequenzen etwas Zeit für persönliche Worte oder für den einen oder anderen Spaß. Den Auszubildenden im praktischen Einsatz steht immer jemand von uns Lehrkräften als persönlicher Ansprechpartner in den Räumlichkeiten der Uniklinik zur Verfügung. Uns ist es wichtig, dass niemand das Gefühl hat, in dieser Ausnahmesituation alleine gelassen zu werden.

Welches Fazit ziehen Sie aus der bisherigen Zeit der Schulschließung?

Neben der Erkenntnis, dass man durch globale Ereignisse auch lokal sehr schnell aus seiner Wohlfühlzone gerissen werden kann, sollte man die aktuellen Ereignisse als Chance sehen, eLearning-Konzepte für dem MTRA-Unterricht zu entwickeln, die sich auch außerhalb der Unterrichtsräume realisieren lassen. Zudem sehen wir nun, wie wichtig eine funktionierende digitale Infrastruktur ist und diese gilt es zu verbessern oder ggf. neu zu konzipieren. An dieser Stelle sei daher an den DigitalPakt Schule der Bundesregierung erinnert, der jeder schulischen Einrichtung – auch MTRA-Schulen – finanzielle Mittel zur Förderung ebensolcher digitaler Infrastrukturen zur Verfügung stellt.

Vielen Dank für das Interview.

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