Entwicklung beim Krankengeld

Sachverständigenrat
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Krankengeld
Der Sachverständigenrat weist darauf hin, dass Fehlanreize bei der Inanspruchnahme von Krankengeld zu beseitigen sind. blende 11/fotolia
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Der Sachverständigenrat sieht die Notwendigkeit der Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Betroffener, weist aber auch darauf hin, dass Fehlanreize bei der Inanspruchnahme von Krankengeld zu vermeiden sind.


Die überproportionale Ausgabenentwicklung des Krankengelds (zwischen 2006 und 2014 von 5,7 auf 10,6 Milliarden Euro) bildete den Anlass für den Gutachtenauftrag des Bundesministers für Gesundheit. Im Rahmen dieses Auftrags hat der Sachverständigenrat die Ausgabenentwicklung des Krankengelds analysiert und kommt zum Ergebnis: Die Zunahme der krankengeldberechtigten Versicherten, das Wachstum der entgeltabhängigen individuellen Zahlbeträge bzw. des Entgeltausgleichs sowie die im Zeitablauf erfolgte Veränderung von Alter und Geschlecht erklären zusammen etwa die Hälfte der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate der Ausgaben für Krankengeld.
       
Der Sachverständigenrat sieht die Notwendigkeit der Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Betroffener, weist aber auch darauf hin, dass Fehlanreize bei der Inanspruchnahme von Krankengeld zu beseitigen sind. Seine Empfehlungen sind daher insbesondere:


„Die im Rahmen einer Krankschreibung festgestellte Arbeitsunfähigkeit prozentual zu differenzieren. Die Einstufung könnte dabei auf 100 %, 75 %, 50 % oder 25 % Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Die Höhe des Krankengelds würde analog zur prozentualen Reduktion der Arbeitsfähigkeit berechnet. Die Festlegung der graduellen Arbeitsunfähigkeit sollte im Konsens mit dem Betroffenen ärztlich festgestellt und bei einer Veränderung des Gesundheitszustands angepasst werden. Gegenüber der derzeit in Deutschland praktizierten Alles-oder-nichts-Regelung (entweder „gesund“ oder zu 100 % arbeitsunfähig) ermöglicht eine differenzierte Ausgestaltung die Nutzung des verbleibenden „Restleistungsvermögens“ und vermeidet die sozialen und finanziell negativen Folgen einer unnötig verzögerten Wiedereingliederung ins Erwerbsleben.


Bei psychischen Erkrankungen (zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland) soll die Bedarfsplanung die tatsächlich erbrachten Psychotherapiestunden der gegenwärtigen Kassensitze abbilden.


Der Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung, u. a. durch eine Akutsprechstunde und die Koordinierung der Behandlungswege und Therapieangebote in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung sollte verbessert werden.


Bisher besteht die Mitwirkungspflicht der Versicherten nur im Hinblick auf die Stellung eines Reha-Antrags (§ 51 SGB V): Wenn sie den Reha-Antrag nicht stellen, entfällt der Krankengeldanspruch. Gleichermaßen sollte der Krankengeldanspruch entfallen, wenn Versicherte, bei denen die Erwerbsfähigkeit deutlich gemindert ist, der Aufforderung, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen, nicht nachkommen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Versicherter eine Tätigkeit nicht mindestens drei Stunden täglich ausüben kann und die Erwerbsminderung seit mehr als sechs Monaten vorliegt.
Analog zur Erwerbsminderungsrente sollte auch eine Aufforderung zur Beantragung der Altersrente erfolgen können, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Bei Nichtmitwirken seitens der Versicherten sollte auch hier der Krankengeldanspruch entfallen.###more###

Verkürzung der zehnwöchigen Frist zur Beantragung einer Reha auf vier Wochen


Im Gegensatz zum Krankengeld ruht nach den Rechtsvorschriften der Bundesagentur für Arbeit (§ 157 SGB III) der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Mit gleicher Begründung sollte diese Regelung auch für den Anspruch auf Krankengeld übernommen werden, da dies sonst zu einer Ungleichbehandlung bezüglich der Anrechnung von Urlaubsabgeltungen bei gekündigten Arbeitnehmern führt.

Beschränkung des Krankengelds auf die Höhe des Arbeitslosengelds bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen


Vereinfachung und Präzisierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, so dass nur noch die Angabe einer einzigen arbeitsunfähigkeitsbegründenden Hauptdiagnose (mit ICD-Code) erfolgt.
Verbesserung der Evidenzlage zur gesundheitlichen Prävention krankengeldrelevanter Erkrankungen.“
Die Empfehlungen des Sachverständigenrats stellen Möglichkeiten dar, wie die Kostenlast der Sozialversicherungsträger reduziert werden kann (SVR, 2015). Quelle: http://www.svr- gesundheit.de/fileadmin/GA2015/SVR_Sondergutachten_2015_Krankengeld.pdf
Besser wäre es jedoch, die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit zu betrachten und festzustellen, dass Arbeitsüberlastung durch zu wenig Personal, Arbeitsverdichtung und andere ungünstige Arbeitsbedingungen (Heben von schweren Lasten, ungünstige Licht- und Lüftungsverhältnisse, Umgang mit gefährlichen Stoffen, mangelhafte oder fehlende Schutzausrüstungen) die Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit sind und hier anzusetzen wäre, um die Kosten für Arbeitsunfähigkeit gar nicht entstehen zu lassen.
Ein guter Ansatz war hierfür die „Einführung eines Gesetzes zur Personalbemessung im Krankenhaus“, das Frau Sylvia Bühler, Mitglied des Bundesvorstandes der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. mittels einer Petition (Nr. 60583) gefordert hat. Frau Bühler machte bei der Anhörung vor dem Petitionsausschuss deutlich, „dass der reale Personalbedarf ermittelt werden muss sowie, dass die benötigten Stellen in allen Bereichen des Krankenhauses geschaffen und zweckgebunden außerhalb der Fallpauschalen finanziert werden sollten. Menschen, die ins Krankenhaus müssen, könnten sich nicht mehr darauf verlassen, dort gut versorgt zu werden. Obwohl die Beschäftigten alles aus sich herausholen würden, könnten sie nicht das fehlende Personal wettmachen.“
Hier gilt es nach Auffassung des DVTA anzusetzen.

Vorstand

Vorstandsreferentin

Aus: DVTA Service Berufspolitik 1/2016

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