Die Vermeidung von Grippepandemien

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Die Ausbreitung des Grippevirus kann nur dann eingegrenzt werden, wenn sich ein hoher Anteil der Bevölkerung impfen lässt. Anna Subbotina/fotolia
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Die nächste Grippe kommt bestimmt, aber das Ausmaß lässt sich nicht vorhersagen. Ebenso wenig wie die Anzahl der tödlichen Verläufe. Die Ausbreitung des Influenzavirus wird sich nur dann eingrenzen lassen, wenn sich deutlich mehr Menschen impfen lassen. Die Bereitschaft dazu liegt in Deutschland mit 10 bis 15 Prozent viel zu niedrig.

Ein besonders gefährliches Virus trat im Frühjahr 1918 seinen Weg rund um die Erde an. Das Virus, welches für die „Spanische Grippe“ verantwortlich war, kostete nach heutigen Schätzungen in nur zwei Jahren bis zu 50 Millionen Menschen das Leben – mehr als dreimal so vielen wie der gesamte Erste Weltkrieg. Wenn im September 2018 der 6. Deutsche Influenza-Kongress der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) in Erfurt unter dem Motto „100 Jahre Influenza-Pandemie“ die aktuellen Fragen um Prävention, Diagnostik und Therapie sowie den Stand der Pandemieplanungen von Bund und Ländern in den Fokus rückt, so freilich in dem Wissen: Wir sind viel besser vorbereitet als 1918. Aber auch in der sicheren Erwartung der nächsten Grippeepidemie oder -pandemie sowie in der Gewissheit, dass es bei bester Vorbereitung immer auch ganz anders kommen kann.

Die letzte Influenzapandemie von 2009, als „Schweinegrippe“ besser bekannt, infizierte in Deutschland einen Großteil der Bevölkerung. Doch war der Pandemiestamm nicht so hoch pathogen wie 1918, viele erlebten die Grippe als vergleichsweise mild. Im Jahr 2006 wurden dem Robert-Koch-Institut 148.590 Erkrankungsfälle und 180 Todesfälle gemeldet, die sich auf das pandemische Virus zurückführen ließen. Im Winter/Frühjahr 2018 dagegen erreichte eine ungewöhnlich schwere saisonale Epidemie ein noch deutlich größeres Ausmaß mit 271.488 gemeldeten und bestätigten Fällen.

„Überraschende Situationen werden wir immer wieder erleben“, sagt der DVV-Präsident und Tagungsleiter Prof. Dr. Helmut Fickenscher (Kiel), auch wenn sich aus den sorgfältigen Arbeiten zahlreicher Wissenschaftler national und international erstaunlich präzise Prognosen ergeben. Fickenschers wichtigster Appell im Vorfeld der Tagung vom 13.-15. September im Erfurter Kaisersaal: „Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung liegt nur bei 10 bis 15 Prozent, leider auch bei Krankenhausärzten. Die Ausbreitung des Grippevirus lässt sich nur dann eingrenzen, wenn sich ein hoher Anteil der Bevölkerung impfen lässt.“

Aktuelle Impfempfehlungen und Impfstrategien

Das betrifft nicht nur besonders gefährdete Personen wie chronisch Kranke, über 60-Jährige oder medizinisches Personal. Zur jährlichen Schutzimpfung rät Helmut Fickenscher auch dann, wenn die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt. Mit der Zeit erwirbt der Körper ein Repertoire an Antikörpern gegen unterschiedliche Virusvarianten.

Aktuelle Impfempfehlungen und Impfstrategien gehören beim 6. Deutschen Influenza Kongress ebenso zu den Schwerpunkten wie neue Wirkstoffe für die Therapie oder jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse zur ungewöhnlich großen Wandlungsfähigkeit der Influenzaviren. Ihr Erbgut verändert sich ständig und macht sichere Vorhersagen, Impfstoff- und Medikamentenbevorratung praktisch unmöglich. Aber auch Fragen zur Pandemieplanung werden im Rahmen des vielseitigen wissenschaftlichen Fortbildungsprogramms diskutiert: Wie gut sind wir vorbereitet? Bei welchen Aspekten besteht noch Handlungsbedarf? Welche Ausstattung wird in den Kliniken benötigt, etwa zur Beatmung?

„Morgens krank, abends tot“, so sprach man seinerzeit von der Spanischen Grippe. Das damalige Virus führte nach kurzem, schwerem Krankheitsverlauf rasch zum Tod, allerdings bei schlechter Grundversorgung, mangelnder Hygiene und fehlenden medizinischen Möglichkeiten. Die Pandemie von 1918, derer Erreger Wissenschaftler Jahrzehnte später aus den sterblichen Überresten eines im sibirischen Dauerfrost konservierten Grippetoten rekonstruierten, rückt beim Deutschen Influenzakongress in den Fokus der Aufmerksamkeit. Der Berliner Historiker und Oberarzt der Charité PD Dr. Wilfried Witte wird die besondere Situation der Spanischen Grippe darstellen. „Auch einhundert Jahre nach ihrem Ausbruch gilt die Spanische Grippe uns als Grundlage und Referenz für alle Anstrengungen, Influenzapandemien zu vermeiden, frühzeitig zu erkennen und soweit möglich einzugrenzen“, sagt Helmut Fickenscher.

Quelle: DVV, 07.09.2018


www.deutscher-influenza-kongress.de

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