„Der permanent unfertige Mensch“ [1]

Chancen und Risiken lebensbegleitenden, lebenslangen Lernens
Angelika Thomas-Semm
„Der permanent unfertige Mensch“
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Die Empfehlungen des Rates der Europäischen Union plädieren dafür, in die Qualifikationen digitaler Kompetenzen sowie in die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten, in Teamarbeit, emotionale Intelligenz und Problemlösungskompetenzen zu investieren.

Am 26. Mai 2019 waren wir in Deutschland aufgefordert, Vertreter/-innen in ein neues Europäisches Parlament zu wählen. In einer Zeit, die kontroverser dafür nicht hätte sein können, um über nationale Grenzen hinweg den Diskurs zu Chancen und Möglichkeiten einer solchen Gemeinschaft – politisch, intellektuell wie kulturell, anzuregen und zu führen.Um sich dabei Widersprüchen zu stellen, sich über gemeinsame Identitäten sinnstiftend auszutauschen, sich auf Augenhöhe zu begegnen und aus Diversitäten – eigener und der anderer Mitgliedstaaten, Verbindliches und Neues zu schaffen. Zum Wohle aller Mitglieder der Gemeinschaft. Im notwendigen Miteinander eines ewig Gleichen, wann immer Menschen einander begegnen. In Gesellschaften, Unternehmen, beruflichen wie privaten Beziehungen. In Prozessen, die Wandel bedingen, dessen Dimension oftmals über das aktuell Vorstellbare hinausreichen kann. Visionen von etwas erzeugend, das über das eigene Dasein hinaustragen und den Wunsch nach einer veränderten und besseren Zukunft in sich bergen könnte. Etwas, das den Missverständnissen aus babylonischem Sprachgewirr entgegenwirken könnte, hin zu einer Form, die von allen verstanden würde und alle Mitglieder der Gemeinschaft sich als Eingeladene und Mitwirkende am Gestaltungsprozess verstehen lassen könnte.

Warum jedoch ist es so schwer, die eigene Komfortzone zu verlassen und anderen angemessen Raum zu geben, zu deren Verwirklichung und Wandelbarkeit? Warum erhalten in verschiedenen Ländern Europas zunehmend nationale reaktionäre Kräfte Gehör, die auf Austritt aus der Gemeinschaft beziehungsweise Abschottung nach außen und verstärkter Sicherung nationaler Identitäten und Werte stehen? Weil Wandel und Veränderungen in erster Linie Unsicherheiten und Angst erzeugen. Nicht zu wissen, welches Ziel der Weg bringt, welchen Risiken man sich unterwegs stellen muss und vor allem, ob den Führenden und Weggefährten dabei zu trauen ist, lässt einen lieber da verharren, wo man sich auskennt und sich zu Hause fühlt. Zudem einer Entscheidung zum Aufbruch unter anderem stets die schmerzhafte Erkenntnis eigener Unfertigkeit und Unzulänglichkeit vorangestellt ist.

Was in der Politik schier unlösbar zu sein scheint, soll – nach Wunsch aller im Europäischen Parlament vertretenen Nationalstaaten – zumindest im Bildungssektor gelingen. Hier hat man seit 2008 die Grundlagen für einen Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) geschaffen. Dieser umfasst acht Niveaus und soll, über unterschiedliche Wege formalen, nicht formalen und informellen Lernens, Jugendlichen in Ausbildung sowie Erwachsenen Zugänge zu Weiterbildungspfaden, entsprechend ihrer persönlichen Bedürfnisse eröffnen, ein Mindestniveau an Lese-, Rechen- und digitaler Kompetenzen sicherstellen und Möglichkeiten dafür schaffen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen zu erwerben, die für den Arbeitsmarkt und eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft erforderlich sind. Der EQR fungiert dabei als gemeinsames europäisches Referenzsystem, das die verschiedenen nationalen Qualifikationssysteme und -rahmen miteinander verknüpft. In der Praxis fungiert er als Übersetzungsinstrument, das Qualifikationen verständlicher macht. Er hilft Lernenden und Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz in ein anderes Land verlegen oder eine andere Bildungseinrichtung in ihrem Heimatland besuchen wollen. [2]

Der Stellenmarkt verzeichnet einen stetigen Anstieg von Stellen mit höherem Anforderungsprofil an die Bewerber/-innen, bei gleichzeitiger Abnahme von Angeboten einfacher Tätigkeiten. Deswegen plädieren die Empfehlungen des Rates der Europäischen Union dafür, in die Qualifikationen digitaler Kompetenzen sowie in die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten, in Teamarbeit, emotionale Intelligenz und Problemlösungskompetenzen zu investieren. Nachgewiesenermaßen ist dabei der Anteil von Personen, die an Angeboten lebenslangen Lernens teilnehmen, bei Absolventen/-innen mit Hochschulabschluss viermal höher als bei niedrig qualifizierten Menschen. Wichtig sind dem Rat deshalb Anstrengungen zu unternehmen, motivierte Personen zu erreichen, zu ermutigen, zu unterstützen und lebensbegleitend zu beraten.

Ziel soll sein, damit zum Erreichen höherer Stufen des EQR, unter Berücksichtigung nationaler Rechtsvorschriften Gegebenheiten und verfügbarer Ressourcen der Mitgliedstaaten beizutragen. Nicht zuletzt durch das Schaffen geeigneter Lernumgebungen, das Heranbilden von qualifizierten Lehrkräften und Ausbilder/-innen sowie auf das Lernen von Erwachsenen zugeschnittener, auch digitaler Lehrmethoden. Mit der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates (2006/962/EG vom 18. Dezember 2006) wurde der Referenzrahmen für die Schlüsselkompetenzen lebenslangen Lernens geschaffen, der sicherstellt, dass die in der Grundbildung und der Ausbildung erworbenen Kompetenzen auch im Erwachsenenalter beständig weiterentwickelt und aktualisiert werden können. Bis 2018 sollen die Mitgliedstaaten Regelungen zur Validierung (Identifizierung, Dokumentierung, Bewertung und Zertifizierung) nicht formalen und informellen Lernens implementiert haben, um arbeitenden oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen die Möglichkeit zur Überprüfung ihrer Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen zu geben. Gemäß der Schlussfolgerungen des Rates vom 21. November 2016 sollen im Bildungswesen dabei ausdrücklich auch Einwanderer und deren Nachkommen zur Teilhabe an der Gesellschaft befähigt werden. Öffentliche und private Akteure in den Bereichen Aus- und Weiterbildung sind ausdrücklich aufgefordert, Partnerschaften zu bilden und regionale wie auch grenzüberschreitende Kooperationen zu unterstützen. [3]

Eine Einladung zur Umsetzung, der sich das DIW-MTA, als einer der wichtigsten Bildungsanbieter für den Berufsstand der MTA, auf nationaler Ebene, mit zahlreichen Kooperationen und Partnerschaften sowie mit anderen Bildungsinstitutionen im In- und Ausland, beständig stellt. Jedoch wird beim DIW-MTA ebenfalls deutlich, dass auch hier, bei beständig qualitativ hochwertiger Angebotsentwicklung, mit europäisch-konkurrenzfähigen Weiterbildungsabschlüssen [4], „Im Zeitalter der permanenten Unfertigkeit des Menschen“ nachstehend benannte Faktoren eine Rolle spielen. Hier vor allem die rasche Halbwertszeit von Wissen, die Bandbreite relevanter Themen sowie bestehende Unwägbarkeiten, in Richtung welcher Bedürfnisse sich Wünsche und Anforderungen beruflicher Weiterentwicklung bewegen müssen, um die Zielgruppen, im raschen Wandel beruflicher Qualifikationen, optimal zu bilden und für einen Einsatz in globalem Umfeld zu befähigen. [5]

Gönnen Sie sich also einen Blick in das DIW-MTA-Jahresprogramm 2019, in dem manche Angebote auch schon in das Jahr 2020 weisen. Unterstreichen Sie damit Ihre Selbstkompetenz in Sachen lebensbegleitender Weiterbildung, um optimal vorbereitet zu sein, auf das, was an spannenden Herausforderungen noch auf Sie wartet.

;  Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Aus Politik und Zeitgeschichte B36/2001 S. 1.
2    Vgl. ec.europa.eu/ploteus/sites/eac-eqf/files/leaflet_de.pdf /download 09.05.2019.
3    Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union Empfehlungen des Rates vom 19. Dezember 2016 für Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene (2016/C 484/01).
4    Vgl. Newsletter des DIW-MTA e. V. Berlin.
5    Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Aus Politik und Zeitgeschichte B36/2001 S. 26.


Entnommen aus MTA Dialog 6/2019

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