COVID-19: Autopsien liefern wichtige Erkenntnisse

Klinische Obduktion
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SARS-CoV-2
Erkenntnisse zu SARS-CoV-2 Romolo Tavani, stock.adobe.com
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Bei einer Pressekonferenz des Bundesverbandes Deutscher Pathologen, der Deutschen Gesellschaft für Pathologie sowie der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie gingen die Vertreter auf die neuesten Erkenntnisse ein, die durch Autopsien in Deutschland gewonnen wurden.

Gleichzeitig wurde die Bedeutung der Autopsien bei neuen Krankheiten wie COVID-19 betont. Die Ergebnisse einer Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Pathologen unterstreicht dabei die bereits veröffentlichten Erkenntnisse um das Virus SARS-CoV-2. Auch Teilnehmer dieser Umfrage, an der sich 68 Institute beteiligt hatten, haben laut BDP durch Obduktionen (154) zeigen können, dass bei schwerem Verlauf der COVID-19-Erkrankung diese in der Mehrzahl der Fälle die Todesursache ist. In mehr als ¾ der Obduktionen konnte die COVID-19-Erkrankung als wesentliche oder alleinige zum Tode führende Erkrankung dokumentiert werden. Zudem entsprächen die Ergebnisse auch dahingehend den einschlägigen Publikationen, dass Männer besonders schwer von COVID-19 betroffen zu sein scheinen – in der Kohorte der Umfrage des BDP zwischen dem 50. und 79. Lebensjahr und in einem Geschlechterverhältnis von 2,1:1.

Diffuse Alveolarschäden

In der Mehrzahl der Fälle wurden diffuse Alveolarschäden sowie diffuse Alveolarschäden mit Bronchopneumonie gefunden. Häufiger kamen zudem Thrombosen und Thrombembolien sowie Mikrothromben vor, so Prof. Johannes Friemann Vorstandsmitglied beim Bundesverband Deutscher Pathologen e.V. und Leiter der AG-Obduktion bei der Vorstellung der Ergebnisse. Zu den Organveränderungen mit möglicher COVID-19-Assoziation zählte Friemann Immunorgane wie Milz oder Lymphknoten, Leberschäden, Herzmuskelentzündung, Lungenentzündung bei Embolie, Hirninfarkte- und blutungen. Herz-Kreislauferkrankungen seien die häufigsten wesentlichen Komorbiditäten.

Aktuelle Forschungsergebnisse

Prof. Dr. med. Gustavo Baretton ging auf das Thema "Klinische Obduktionen bei COVID-19-Erkrankung: Aktuelle Forschungsergebnisse deutscher Universitätspathologien“ ein. Die immer wieder in manchen Kreisen aufkommende Frage, ob COVID-19 nicht mit einer Influenza vergleichbar sei, verneinte Baretton vehement. So seien bspw. Mikrothromben in alveolären Kapillaren 9x häufiger bei COVID-19 als bei Influenza. Zudem komme es durch Infektion der Endothelien zu einer Multiorgan-Infektion (Niere, Herz, Haut u.a.). Patienten mit Vorschädigung des Endothels, durch z.B. Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Adipositas seien daher besonders gefährdet, schwer zu erkranken. Er betonte deshalb auch, dass bei schwerem Verlauf die Patienten AN COVID-19 sterben.

Erfolge der deutschen Neuropathologie

Prof. Dr. med. Till Acker vom Institut für Neuropathologie, JLU Gießen/ UKGM Gießen und Vorsitzender der DGNN stellte das Thema "COVID-19 und das Zentrale Nervensystem (ZNS) - Die Bedeutung und erste Erfolge der deutschen Neuropathologie im Verständnis von SARS-CoV-2-Infektionen“ vor. Er beschrieb die weiteren neurologischen Symptome/Komplikationen bei COVID-19 wie Kopf- und Muskelschmerzen, Schwindel, Schwäche, Enzephalopathien oder auch Schlaganfall. Eine Studie aus Wuhan habe aufgeführt, dass 36,4% der Patienten neurologische Manifestationen zeigten. Das volle Ausmaß sei noch unbekannt und auch die Langzeitfolgen noch nicht absehbar.

Durch Autopsien sei nachgewiesen worden, dass SARS-CoV-2 über die neuro-mukosale Schicht in das ZNS komme und das Virus dann neuroanatomischen Strukturen folge. Daneben gebe es eine Autopsiestudie, die aufzeige, dass SARS-CoV-2 NRP1-positive Zellen im Riech-Epithel, Riechkolben und Endothelzellen von kleinen und mittelgroßen Gefäßen infiziere. Damit komme Neuropilin-1 als neuer Eintritts-Rezeptor infrage. Beide Studien befinden sich noch im Preprint-Status.

Acker betonte die Wichtigkeit der Organisation in Netzwerken und Registern wie z.B. das Deutsche Register für COVID-19-Obduktionen oder die interdisziplinäre Zusammenarbeit, um die Pathomechanismen zu verstehen. Dies ermögliche systematische Analysen mit verschiedensten Methoden und Techniken (Autopsien, Zellkulturen, Tiermodelle etc.).

Offener Brief an Jens Spahn

Mit einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit Forderungen zur Revision der Obduktionsvereinbarung streben die Verbände an, die Obduktion als Instrument der Pathogeneseerklärung wieder zu stärken. Es gehe um die nachhaltige Absicherung der klinischen Obduktion - medizinisch, politisch und finanziell. Prof. Karl-Friedrich Bürrig, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Pathologen e.V. sprach sogar von einer Renaissance der Autopsien.

Quelle: BDP

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