Ein kürzlich im Bundesstaat Maine, USA, beobachteter COVID-19-Ausbruch im Zusammenhang mit einer Hochzeit zeigt jedoch, dass bei genauerer epidemiologischer Analyse ein System sekundärer und tertiärer Übertragungen aufgedeckt werden kann. Dabei wurden in diesem Fall deutlich mehr Personen angesteckt, als bei dem auslösenden sozialen „event“ primär anwesend waren. Die beobachteten 7 Todesfälle traten ausnahmslos bei Personen auf, die gar nicht als Gäste an der Hochzeitsfeier teilgenommen hatten [1].
Methodik der Untersuchung
Die Ausbruchsbeschreibung basierte auf einer Ortsbegehung, einer Analyse des Gäste- und Personalverhaltens bei der Veranstaltung sowie einer telefonischen Nachverfolgung aller Teilnehmer. Die Recherchen erfolgten durch Mitarbeiter des Zentrums für Krankheitskontrolle und Prävention des Bundesstaats Maine (Maine Center for Disease Control and Prevention; MeCDC) in Zusammenarbeit mit dem Nationalen CDC der USA in Atlanta, Georgia. Primäre, sekundäre und tertiäre Fälle wurden nach Vorgaben der CDC definiert.
Beschreibung des Ausbruchs
Am 7. August 2020 fand in einem kleinen Ort auf dem Lande im US-Bundesstaat Maine eine Hochzeitsfeier statt. Die bis zu diesem Zeitpunkt ermittelte Inzidenz von COVID-19-Fällen in der Region lag bei 97 pro 100.000 Einwohnern. In dem 4.500-Einwohner-Ort selbst waren bislang noch keine Erkrankungen aufgetreten. Die Braut, der Bräutigam und die Familie des Bräutigams (insgesamt 7 Personen) waren einen Tag zuvor aus Kalifornien angereist. Kurz nach der Ankunft waren sie entsprechend den geltenden Einreisebestimmungen des Staates Maine auf SARS-CoV-2-getestet worden. Da der Test negativ ausfiel, durften sie sich frei bewegen und die Veranstaltung durchführen.
Die Hochzeitsfeier fand in einem ländlichen Tagungshotel mit angeschlossenem Restaurant statt. Das Hotel verfügte neben dem großen Veranstaltungsraum über eine Bar, einen Frühstücksraum und eine offene Terrasse. Im Veranstaltungsraum wurden jeweils 4-6 Gäste an 10 Tischen platziert. Obwohl der Staat Maine die obere Teilnehmergrenze für Veranstaltungen mit 50 festgesetzt hatte, nahmen 55 Gäste an der Feier teil. Die Angestellten des Tagungshotels hatten am Eingang bei allen eintreffenden Personen eine Fiebermessung durchgeführt, die nach späterer mündlicher Angabe keine Auffälligkeiten ergeben hatte. Am Hoteleingang waren Poster mit dem Hinweis auf die Verpflichtung zum Maskentragen aufgestellt, die allerdings im Verlauf der Feier nicht mehr beachtet wurden. Das Personal hatte auch darauf verzichtet, das Maskentragen durchzusetzen. Die Bedienungen selbst hatten sich jedoch offenbar daran gehalten. Kontaktlisten lagen nicht aus, was die spätere Nachverfolgung erheblich erschwerte.
Der Indexpatient war ein ortsansässiger Teilnehmer aus Maine, der am Tag nach der Veranstaltung (8.8.2020) mit Fieber, Husten, Fließschnupfen und Abgeschlagenheit erkrankte. Er wurde am 13.8.2020 mittels PCR positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Nach Meldung dieses Testergebnisses wurde das Tagungshotel durch das Gesundheitsamt besichtigt; dabei wurden die oben genannten vorschriftswidrigen Verhaltensweisen festgestellt.
COVID-19-Ausbruch nach der Feier
Bis zum 20.8.2020 wurden dem MeCDC insgesamt 30 primäre, symptomatische und asymptomatische Fälle im Zusammenhang mit der Hochzeit bekannt. Betroffen waren 27 der 55 Gäste (49,1 %) und 3 weitere Personen, die an dem Abend anwesend waren: Ein Personalmitarbeiter, ein Verkäufer und ein Stammkunde, der im Nebenraum sein Abendessen einnahm. Der erkrankte Personalmitarbeiter steckte nachfolgend einen Kollegen an, der bei der Feier nicht anwesend gewesen war (sekundärer Fall). Das MeCDC identifizierte durch Nachverfolgungen weitere sekundäre und tertiäre Fälle. Bei den Nachverfolgungen wurden die primär erkrankten Personen telefonisch kontaktiert und nach Kontakten innerhalb von 14 Tagen nach der Hochzeit befragt. Die angegebenen Kontaktpersonen wurden ihrerseits telefonisch kontaktiert und nach Erkrankungssymptomen befragt.