Corona: Kinder seltener infiziert als Eltern

Eltern-Kind-COVID-19-Studie
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Eltern-Kind COVID-19-Studie
Rund 2.500 Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren und jeweils ein Elternteil wurden zwischen dem 22. April und dem 15. Mai 2020 auf aktuelle oder bereits überstandene SARS-CoV-2-Infektionen untersucht. Uniklinikum Ulm
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Die für die Eltern-Kind-COVID-19-Studie getesteten Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren waren seltener infiziert als Erwachsene. Weniger als ein Drittel der auf Antikörper positiv getesteten Personen sind Kinder.  

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der vier Universitätsklinika in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm haben in der vom Land Baden-Württemberg initiierten und finanzierten COVID-19-Kinder-Studie untersucht, wie viele Paare aus je einem Elternteil und einem Kind unbemerkt zum Zeitpunkt der Testung infiziert waren oder bereits Antikörper nach einer überstandenen, aber unbemerkt gebliebenen Corona-Virus-Infektion gebildet hatten.

 

Acht Wochen nach Start der Studie liegen nun die vorläufigen Ergebnisse vor: ein Eltern-Kind-Paar unter den circa 5.000 Studienteilnehmern wurde zum Zeitpunkt des Tests positiv auf das Corona-Virus getestet. Bei 45 Erwachsenen und 19 Kindern fanden sich Antikörper gegen SARS-CoV-2. Die getesteten Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren waren also seltener infiziert als Erwachsene. Weniger als ein Drittel der auf Antikörper positiv getesteten Personen sind Kinder. Bei 13 Eltern-Kind-Paaren waren beide infiziert, das heißt, die Erkrankung eines Elternteils führt nicht zwingend zur Erkrankung des Kindes und umgekehrt.

Zwei verschiedene Testverfahren

Die Teams der vier baden-württembergischen Universitätsklinika haben die Studie gemeinsam konzipiert. Zunächst sollten 2.000 Eltern-Kind-Paare, jeweils 500 pro Standort, eingeschlossen werden. Aufgrund des großen Interesses in der Bevölkerung wurde jedoch aufgestockt. Teilnehmen konnten jeweils ein Elternteil mit Kind im Alter von einem bis zehn Jahren, die im selben Haushalt leben und zuvor nicht an COVID-19 erkrankt oder positiv auf SARS-CoV-19 getestet worden waren. Von beiden wurden je ein Nasen-/Rachenabstrich, um eine aktuelle Virusbelastung festzustellen, und eine Blutprobe entnommen.

Die Tests zur Bestimmung von SARS-CoV-2-Antikörpern im Blut als Nachweis einer überstandenen Infektion waren zum Zeitpunkt des Studienbeginns noch neu und unvollständig validiert. Aus diesem Grund wurden alle Blutproben mit mindestens zwei verschiedenen Testverfahren untersucht und positive beziehungsweise zunächst unklare Ergebnisse mit weiteren Tests bestätigt oder ausgeschlossen.

Außerordentliche Resonanz und Unterstützung

Die außerordentliche Resonanz und Unterstützung, die diese Studie von unterschiedlichsten Stellen erfahren hat, hat uns zutiefst beeindruckt. Dadurch konnten wir die Untersuchung in kürzester Zeit durchführen", so Prof. Dr. Philipp Henneke, Leiter der Abteilung für Pädiatrische Infektiologie und Rheumatologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg.
 
Prof. Dr. Axel Franz und Dr. Corinna Engel, Leiter der Studienzentrale für Kinderstudien am Universitätsklinikum Tübingen, ergänzen: „Für die Durchführung solcher vergleichsweise großen Studien benötigen wir im Regelfall mindestens ein halbes Jahr Vorlauf. Dass diese Studie nun in weniger als einer Woche auf die Beine gestellt wurde und nach weiteren knapp zweieinhalb Wochen die Rekrutierung der Studienteilnehmer abgeschlossen war, verdanken wir zahlreichen extrem engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die alles in ihren jeweiligen Bereichen gegeben haben und den vielen tapferen Kindern sowie deren Eltern."

Widersprüchliche internationale Studienergebnisse

Eine Veröffentlichung der Ergebnisse der Studie ist in Vorbereitung und wird voraussichtlich im kommenden Monat eingereicht werden. „Die Frage der Öffnung der Kitas, Kindergärten und Schulen ist von so hoher gesellschaftlicher Relevanz, dass wir es für angemessen halten, die vorläufigen Ergebnisse öffentlich vorzustellen, obwohl der übliche Prozess der wissenschaftlichen Prüfung bis zur Publikation noch nicht abgeschlossen ist", erläutert Hans-Georg Kräusslich, Sprecher des Zentrums für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg und einer der Studienleiter. Zusammenfassende Beschreibungen der Methoden und vorläufigen Ergebnisse wurden online veröffentlicht, um Forschenden und der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, die Grundlage der getroffenen Aussagen zu bewerten.
 
Die bislang international veröffentlichten Studienergebnisse zur SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern sind teilweise widersprüchlich, was ein Anlass für die baden-württembergische Studieninitiative war. In einer bevölkerungsbasierten Studie aus Island fand sich bei keinem Kind unter zehn Jahren eine Corona-Virus-Infektion, während knapp ein Prozent der Erwachsenen positiv getestet wurde (Gudbjartsson et al. 2020). Aus China gibt es dagegen Berichte, dass Kinder vergleichbar häufig infiziert sind wie Erwachsene, jedoch seltener Symptome entwickeln (Bi et al. 2020). Dies führte zu der Befürchtung, dass unerkannte Infektionen von Kindern wichtige Treiber der Ausbreitung sein könnten.

Folgestudie erforderlich

Die Ergebnisse der Studie aus Baden-Württemberg lassen keine Aussage darüber zu, wer sich in einer Familie zuerst angesteckt hat und inwieweit Wohnsituation und Beruf der Eltern hierbei eine Rolle spielen. Eine Fragestellung der Studie war, ob Infektionen bei Kindern, die in Notbetreuungen waren, häufiger auftraten als bei denjenigen, die ausschließlich in der Kernfamilie gelebt hatten. Aufgrund der insgesamt geringen Anzahl von Kindern mit überstandener Infektion unter den Studienteilnehmern war es jedoch schwierig, hierzu signifikante Unterschiede zu finden. Dies muss in einer Folgestudie untersucht werden.

Quelle: Uniklinik Ulm, 16.06.2020

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