Biomarker-Tests bei Brustkrebs für bestimmte Patientinnen

Neue Studiendaten deuten auf Vorteil hin
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Brustkrebs
Brustkrebs Sebastian Kaulitzki/Fotolia
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Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat erneut den Nutzen untersucht, den bestimmte Brustkrebs-Patientinnen von Biomarker-Tests zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante systemische Chemotherapie haben.

Bei den bestimmten Brustkrebs-Patientinnen handelt es sich um Frauen mit primärem Hormonrezeptor-positivem, HER2/neu-negativem Mammakarzinom und 0 bis 3 befallenen Lymphknoten. Als das Institut Ende 2016 seinen Abschlussbericht zu dieser Frage vorlegte, reichte die Datenlage nicht aus, um den Nutzen solcher Tests zu bewerten: Verwertbar waren lediglich Daten aus der Studie MINDACT, in der die Auswirkungen eines Verzichts auf eine Chemotherapie auf der Basis günstiger MammaPrint-Testergebnisse in den ersten fünf Jahren untersucht wurden. Da im Frühjahr 2018 maßgebliche Ergebnisse der großen Studie TAILORx veröffentlicht wurden, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das IQWiG mit deren Bewertung in Form eines Addendums zum Abschlussbericht beauftragt.

Nur ein Test in der Studie

Das Fazit: Der Test Oncotype DX kann Frauen identifizieren, die auf eine Chemotherapie verzichten können. Allerdings nahmen an der Studie nur Frauen ohne befallene Lymphknoten teil; es ist unklar, ob auch Frauen mit Lymphknotenbeteiligung einen Nutzen haben. Unsicher ist auch, ob die klinische Risikoeinschätzung, die sich bei TAILORx als erstaunlich unzuverlässig erwies, der Versorgungspraxis in Deutschland entspricht. Und die Ergebnisse gelten nicht allgemein für eine biomarkerbasierte Entscheidungsstrategie, da in der Studie nur ein Test eingesetzt wurde.

Test ist nicht gleich Test

Die auf dem Markt erhältlichen Biomarker-Tests sollen einschätzen, ob eine Frau beim Verzicht auf eine zusätzliche Chemotherapie neben ihrer Hormontherapie Rezidive ausbilden würde – ob der Brustkrebs also zurückkehren würde. Dazu analysiert jeder der Tests die Expression einer anderen Gruppe von Genen.

Es kann also sein, dass manche Tests das Rezidivrisiko besser vorhersagen als ein Kliniker, der sich etwa die Tumorgröße und die Art des Tumorgewebes ansieht, andere Tests aber nicht. Das nun ermittelte Bewertungsergebnis – ein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen – lässt sich daher nicht ohne Weiteres auf andere Biomarker-Tests übertragen.

Das Alter macht einen Unterschied

In der Studie TAILORx wurde unter anderem untersucht, ob Frauen mit mittleren Oncotype-Risikowerten (11 bis 25) ohne zusätzliche Chemotherapie deutlich häufiger Rezidive erlitten als mit Chemotherapie. Für alle Studienteilnehmerinnen zusammen gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede. Es kommt aber offenbar auf das Alter der Frauen an: Bei Patientinnen über 50 Jahren oder nach der Menopause traten Rezidive mit und ohne Chemotherapie ungefähr gleich häufig auf; diese Gruppe profitiert daher von einer testbasierten Entscheidung gegen eine Chemotherapie. Dagegen hatte die Chemotherapie bei den Teilnehmerinnen unter 50 Jahren bzw. vor der Menopause signifikante Vorteile.

Es lassen sich plausible Annahmen treffen

Frauen mit Risikowerten unter 11 und über 25 wurden in der Studie nicht randomisiert; vielmehr sollten alle Teilnehmerinnen mit niedrigem Wert keine Chemotherapie erhalten und alle mit hohem Risikowert wohl. Mithilfe weiterer Studiendaten und Auswertungen von Subgruppen mit Werten von 11 bis 15, 16 bis 20 und 21 bis 25 lassen sich aber plausible Annahmen treffen. Demnach könnten ältere Frauen mit Risikowerten von 0 bis 25 und jüngere Frauen mit Risikowerten von 0 bis 10, bei denen keine Lymphknoten befallen sind, auf eine Chemotherapie verzichten, ohne ihr Rezidivrisiko deutlich zu erhöhen. Ausgenommen von dieser Empfehlung sind selbstverständlich Frauen, bei denen die Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie bereits auf Basis anderer Faktoren klar ist.

Klinische Risikobewertung auffällig unzuverlässig

„Im Vergleich zu den anderen Studien fällt zweierlei auf“, so Stefan Lange, stellvertretender Leiter des IQWiG. „Erstens sind die Krankheitsereignisraten mit etwa 15 bis 17 Prozent deutlich höher als etwa bei der Studie MINDACT, das heißt, wesentlich mehr Frauen haben Rezidive ausgebildet. Das war prinzipiell zu erwarten, da die Beobachtungsdauer mit bis zu neun Jahren länger war als in den bisher verfügbaren Studiendaten. Wir hatten ja im Abschlussbericht darauf hingewiesen, dass Brustkrebs recht häufig erst nach vielen Jahren zurückkehrt, weshalb Fünf-Jahres-Daten für verlässliche Aussagen ungeeignet sind. Aber dass die Chemotherapie bei den älteren Studienteilnehmerinnen das Rezidivrisiko so gar nicht verringert hat, ist doch bemerkenswert.“

Keine voreiligen Schlüsse

Zweitens stellte sich das klinisch ermittelte Rezidivrisiko in den TAILORx-Daten als ausgesprochen unzuverlässig dar. Studienteilnehmerinnen mit niedrigem und hohem Risiko hatten demnach nahezu dieselbe Chance, am Ende der Beobachtungszeit noch krankheitsfrei zu sein. „Es kann aber sein, dass in der Versorgung hierzulande weitere Faktoren in die klinische Einschätzung einfließen oder sie anders gewichtet werden“, so Lange. „Es wäre verfrüht, die klinische Risikoeinschätzung nun auf der Basis einer einzigen Studie generell für wertlos zu erklären und durch Biomarker-Tests zu ersetzen.“

Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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