Bessere Qualität durch Peer Review-Verfahren

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Peer Review
Einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Qualitätssicherungsverfahren für Krankenhäuser sieht Dr. Elke Muhl in der Freiwilligkeit des Peer Reviews. DIVI
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Das sogenannte Peer Review ist ein einzigartiges Verfahren des Qualitätsmanagements, das die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mitentwickelt hat.

Ein Rest Unsicherheit blieb, als Prof. Ulf Linstedt vor drei Jahren externe Ärzte und Pflegekräfte in seiner Klinik empfing. Einen Tag lang sollten sie die Abläufe auf der Intensivstation kritisch unter die Lupe nehmen. „Ich wusste, dass wir nicht grottenschlecht waren“, erzählt der Chefarzt für Anästhesie am Diakonissenkrankenhaus und am Malteser Krankenhaus St. Franziskus in Flensburg. Aber würden die Fachleute womöglich doch ernsthafte Mängel entdecken? „Intensivmedizin ist so komplex, dass man im Alltag leicht etwas übersieht“, sagt der leitende Notarzt. Ulf Linstedt, und sein Team haben deshalb an einem sogenannten Peer Review teilgenommen.

Das ist ein einzigartiges Verfahren des Qualitätsmanagements, das die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mitentwickelt hat. „Unser Ziel ist es, die medizinische und pflegerische Qualität auf Intensivstation nicht nur zu sichern, sondern zu heben“, erklärt Prof. Elke Muhl, Vorsitzende der Nationalen Steuerungsgruppe für das Verfahren bei der DIVI. „Dafür lohnt es sich, wenn sich Ärzte und Pflegekräfte von Fachkollegen in die Karten schauen lassen.“ Über ihre Erfahrungen und die Qualitätsindikatoren im Peer Review-Verfahren wird Elke Muhl beim Jahreskongress der DIVI berichten, der vom 6. bis 8. Dezember in Leipzig stattfindet.

Einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Qualitätssicherungsverfahren für Krankenhäuser sieht Muhl in der Freiwilligkeit des Peer Reviews. „Die Initiative kommt von Ärzten und Pflegekräften und wird vom Team vor Ort getragen“, erläutert sie. „Das unterscheidet das Peer Review beispielsweise von Audits, die von der Klinikleitung angeordnet werden.“ Damit steige die Motivation des Intensivteams, sich täglich und langfristig für bessere Behandlungsergebnisse zu engagieren.

Fragebogen gibt Auskunft zur Bettenzahl und Personalausstattung

Jede Leitung einer Intensivstation in Deutschland kann ein Peer Review-Verfahren bei der zuständigen Landesärztekammer anfordern. Die Kammer schlägt dafür Peers, erfahrene Intensivmediziner und -pflegekräfte vor, die die Bewertung vornehmen. Die Leiterin oder der Leiter der Intensivstation kann wiederum einzelne Peers ablehnen oder weitere vorschlagen. Bevor dann drei dieser Fachleute die Intensivstation besuchen, füllt das zu bewertende Team einen Fragebogen aus. Darin gibt es beispielsweise Auskunft zur Bettenzahl und Personalausstattung, aber auch darüber, wie medizinische Leitlinien umgesetzt und Instrumente wie Checklisten eingesetzt werden. „Wir beschränken uns dabei auf 52 Fragen“, sagt Muhl. Andere Verfahren würden hingegen Hunderte Einzelindikatoren prüfen. „Peer Review soll ein schlankes Verfahren bleiben“, so Muhl.

Die Bewertung erfolgt schließlich bei einem eintägigen Besuch der Peers auf der Intensivstation. Dieser Tag beginnt mit einem ausführlichen Gespräch mit der Stationsleitung. Nach dem Gespräch verfolgen die Peers die Visite auf der Station, sprechen mit Ärzten und Pflegekräften und lassen sich Dienstpläne und Einrichtungen zeigen. „Wir schauen dabei auf die Wirklichkeit am Krankenbett“, erklärt Intensivmedizinerin Muhl, die auch als Peer tätig ist. So lassen sich die Fachleute beispielsweise erklären, wie die Patienten auf der Station von Beatmungsgeräten entwöhnt werden, oder sie prüfen, ob vorgesehene Checklisten auch tatsächlich zum Einsatz kommen.

Insgesamt konzentrieren sie sich dabei auf zehn Qualitätsindikatoren. Diese entwickelt und überprüft die nationale Steuerungsgruppe der DIVI fortlaufend. Erst vor wenigen Wochen wurde die jüngste Fassung veröffentlicht. „Diese Indikatoren werden nicht von Geschäftsführern, Ökonomen oder Krankenkassen definiert, sondern von Ärzten“, hebt Muhl hervor. Sie sind evidenzbasiert, entsprechen also dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens.

Anstoß für langfristige, kontinuierliche Qualitätsverbesserung

In einer abschließenden Besprechung geben die Peers der Stationsleitung ein Feedback. Ihre Einschätzung fassen die Peers schließlich in einem Abschlussbericht zusammen. „Dieser Bericht ist vertraulich. Er geht nur an die Stationsleitung“, erklärt Elke Muhl. „Das Intensivteam kann ihn aber nutzen, um im Krankenhaus Veränderungen anzustoßen, beispielsweise bei der Geschäftsführung auf mehr qualifiziertes Personal zu drängen.“ Oder aber das Team der Intensivstation entwickelt einen Plan, wie sich als riskant identifizierte Abläufe verbessern lassen. Inwieweit dies gelungen ist, wird sechs Monate später in einer zweiten Evaluation überprüft. „Die Erfahrungen zeigen, dass man mit so einem Verfahren viel erreichen kann – für die Entwicklung eines Team, aber auch für die Qualität“, sagt Muhl. Idealerweise liefere das Peer Review den Anstoß für langfristige, kontinuierliche Qualitätsverbesserung.

Quelle: DIVI, 09.11.2017





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