Die medizinischen Leitlinien, die sich im Leitlinienregister der AWMF befinden, fassen den jeweils aktuellen Stand des Wissens zusammen und bilden damit die Grundlage für vertrauenswürdige Entscheidungen in der Behandlung von Patientinnen und Patienten. „Damit Ärztinnen und Ärzte zusammen mit den betroffenen Personen informierte Entscheidungen treffen können, ist es wichtig, dass die evidenzbasierten Informationen aus den Leitlinien am Ort der Behandlung, dem sogenannten „Point of Care“, verfügbar sind“, erläuterte Prof Dr. med. Rolf. -Detlef Treede, Präsident der AWMF. Um dies sicherzustellen, arbeitet die AWMF derzeit intensiv an der Digitalisierung des Leitlinienregisters.
Evidenzbasiertes Knowhow
Das gesammelte medizinische Wissen der Leitlinien nutzen heute schon zahlreiche Stellen und Akteure im Gesundheitssystem – beispielsweise bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten, bei der Bereitstellung von Gesundheitsinformationen für die Bürgerinnen und Bürger oder bei der Zulassung neuer Medikamente.
„Für die Zukunft kommt es darauf an, Leitlinienwissen für die einzelnen Anwendungsbereiche einfacher zugänglich zu machen. Dazu wollen wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und die Daten interoperabel machen, also über Systemgrenzen hinweg nutzbar“, erläuterte Prof. Dr. Ina Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi) auf der Delegiertenkonferenz am zweiten Maiwochenende in Berlin. Das schaffe auch die Voraussetzung dafür, dass digitale Gesundheitsanwendungen Daten direkt aus den Leitlinien ziehen und integrieren können.
Unabhängige Förderung angestrebt
Die AWMF hat den Ausbau eines digitalen Leitlinienregisters vorbereitet und den Start selbst finanziert. Für den vollständigen Ausbau des Leitlinienregisters, das den Anforderungen der Fachgesellschaften entspricht, strebt die AWMF jedoch eine unabhängige Förderung an. „Die digitale und interoperable Verfügbarkeit medizinischen Wissens trägt unmittelbar dazu bei, die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Das liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft. Umso wichtiger ist eine solide, unabhängige Finanzierung, die vom Gesundheitssystem getragen wird“, erläuterte Treede. Die Umsetzung müsse natürlich begleitend beforscht werden. Die AWMF hat dazu dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) einen Themenschwerpunkt zur Förderung vorgeschlagen.
Chance auf Entwicklung neuer Therapien
Dass die digitale Verfügbarkeit medizinischen Wissens viele Chancen bietet, die medizinische Versorgung kontinuierlich zu verbessern und neue Therapien zu entwickeln, weiß auch Dr. Stefanie Weber vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die digitale Aufbereitung von Daten aus vielen unterschiedlichen Quellen und deren Kombination mit Kenntnissen aus klinischen Studien und dem Leitlinienwissen, bietet eine große Chance, die Patientensicherheit in Zukunft weiter zu verbessern“, erläuterte Weber. Eine wichtige Voraussetzung, dass diese Daten miteinander kombiniert werden können, sind einheitliche Terminologien. „So können Daten automatisch verarbeitet und über die Sektorengrenzen hinweg beispielsweise gezielt nach Mustern sowie Informationen durchsucht werden“, so die Expertin. Das BfArM arbeitet derzeit an entsprechenden Systemen und kooperiert dabei auch mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), um die Entwicklung weltweit voranzutreiben.
Quelle: AWMF
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